Hexensabbat
meinte sie, da er sich nicht raten ließ, ihm jetzt im Vertrauen alles sagen zu können, was sie für nötig hielt.
Wie also Friedrich vom Gartentore wieder umkehrte, war sie fast erzürnt, denn sie sah, daß die übrigen dieses Betragen des Jünglings auffallend fanden. Indessen, da es nicht zu ändern war, nahm sie sich vor, ganz aufrichtig mit ihm zu sprechen, denn sie kannte seinen Sinn und auch den Gegenstand des Gespräches, zu welchem er sich wieder wenden würde.
Sie setzten sich im Gartensaal, indem sich der Himmel schon rötete. Alles verkündet die Nähe des Abends, sagte Catharina, und Ihr wollt nicht zu Eurem Vater kehren, der Euch sehnlich erwartet, und der auf mich zürnen wird, weil er meint, ich halte Euch zurück.
O nein! rief Friedrich aus, durch meine Klagen, durch meinen Verdruß ist er genug davon unterrichtet, wie Ihr es nicht seid, die mich aufmuntert, länger zu verweilen.
Aber, mein lieber junger Freund, sagte die verständige Frau mit heiterer, einschmeichelnder Rede, warum strebt Ihr denn nun schon seit Monaten, diese Eure Freundschaft, die ich so hoch achte, die zu meinem Lebensglück gehört, mir zu entreißen? Warum wollt Ihr mich überreden, es könne ein anderes Verhältnis zwischen uns stattfinden, welches Ihr ein innigeres nennt?
Ja, rief Friedrich, ich muß noch einmal Euer Ohr mit allen jenen Wünschen, Forderungen und Fragen bestürmen, die Ihr so weit von Euch werft! Jetzt ist es ein Jahr, schöne Frau, daß ich Euch kenne. Ohne Vorurteil, ohne Leichtsinn bin ich in Euer Haus getreten; ich hörte nicht auf so manches Geschwätz, was der und jener, armselige Menschen, mir hatten mitteilen wollen. Ihr wißt, mein Sinn ist ernst, so töricht ich wohl manchmal im Haufen meiner Jugendgefährten erscheinen mag; meine Wünsche sind lauter, mein Leben war einfach und rein, so vielfach Basen und Splitterrichter meine jugendliche Heiterkeit und den erlaubten Leichtsinn haben verlästern wollen. So erwachte mein Herz in Eurer Nähe zum erstenmal, und was ich mir sagte, wie ich gegen dieses Gefühl kämpfte, das zur brennenden Leidenschaft wurde, so war alles vergeblich; ja, jeder Einwurf, jedes Hindernis entzündete und verstrickte mich nur mehr. Es ist keine Täuschung, keine Aufwallung unreifer Jugend, nein, feste Überzeugung, daß ihr, nur Ihr das Glück meines Lebens machen könnt. Wenn Ihr, Geliebte, nicht alle Liebe leugnet, so müssen Euch meine Worte, meine Bitten endlich gewinnen.
Catharine betrachtete ihn lange mit den großen braunen Augen, und sagte dann mit dem Ausdruck des Schmerzes: Mein geliebter Freund, es tut mir weh, daß Ihr noch immer beharrt. Glaubt mir, ich kenne Euch besser, als Ihr Euch selbst; die Welt, wie das Leben, sind mir vertrauter, da Ihr noch eben im Frühlinge des Jahres steht, und ich mich dem Herbst und Winter schon nähere. Ihr wißt es ja, mein Freund, daß ich mehr als zehen Jahre Euch voraus bin, Ihr seid kaum fünfundzwanzig und ich bin sechsunddreißig. Schon seit zwölf Jahren bin ich Witwe, nachdem ich in einem bittern Ehestande die schrecklichsten Erfahrungen und Schmerzen gewonnen habe. Jetzt, das weiß ich, dünkt es Euch, als wenn in meinem Besitz Euer Leben erst anheben würde. Diese Täuschung des Gefühls und der Phantasie ist in der Natur so fest begründet, daß Euch jeder als ein Lästerer erscheint, der Euch das Gegenteil dartun will. Aber mir werdet Ihr das Wort vergönnen, das ich in Eurer und meiner eignen Sache sprechen darf. Durch den Besitz, durch einen kurzen Rausch des Genusses würde Eure Sehnsucht befriedigt, das Unbedingte und Unbeschränkte Eurer Leidenschaft gemäßigt und beschlossen, und das verirrte Gefühl aus der poetischen Täuschung zur Wahrheit und Natur zurückkehren. Nicht daß Eure Neigung erlösche, daß Ihr Euren Entschluß bereuetet, daß Eure Liebe sich in Haß und Widerwillen verkehren könnte! Ihr seid zu edel, Ihr würdet mir Euer Unglück, Eure Enttäuschung verschweigen, durch Zärtlichkeit, Aufopferung und Wohlwollen mich und Euch hintergehen wollen. Aber unglücklich würdet Ihr sein, und fühlen und sehen, wie Ihr Eure Jugend an eine Einbildung, einen leidenschaftlichen Eigensinn verloren hättet. Die Natur verlangt es, daß in der innigsten Verbindung, auch wenn beide Liebende im Jugendrausche träumen, eine quälende und beseligende Unruhe und Sehnsucht erlischt. Ich aber würde Eurer erwachten Phantasie sehr bald als eine ältere Schwester, vielleicht nach einem Jahre als eine mütterliche
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