Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
Vom Netzwerk:
vielleicht einmal alle die Sünden, die jetzt im Winkel schlummern und begraben scheinen, die Verführung des jungen Friedrich – – nun? warum seht Ihr mich so zornig an? Den Namen könnt Ihr also hören, und mit Ruhe, – gut, – aber auch, wenn ich Robert ausspreche? –
    Er kehrte um, sie aber stürzte blaß in den Sessel und sah nicht, wie er Haus und Garten verließ. – Als sie sich von ihrem Schreck erholt hatte, suchte sie sich durch Tränen zu erleichtern.
    Am Nachmittag traf Friedrich seine verehrte Freundin noch weinend und in Schmerz aufgelöset. Sie empfing den Jüngling freundlich, mochte ihm aber jetzt noch nicht anvertrauen, wie sehr sie vom Dechanten gekränkt worden sei, weil sie seine Heftigkeit fürchtete. Sie gedachte aber der Warnungen, die Friedrich ihr noch gestern gegeben hatte, und sie erinnerte sich nun mit Schmerz, wie leichtsinnig sie die Entdeckungen seiner Eifersucht abgewiesen. Friedrich war sehr bekümmert. Er suchte die Geliebte zu trösten und zu beruhigen, aber Catharina war so tief betrübt, daß seine Reden nur wenig Eingang fanden.
    Nach einer Pause sagte die Frau: Mein teurer, mein wahrer Freund, ich hatte diese Stunde dazu bestimmt, um Euch etwas von meinen Schicksalen zu erzählen, damit Ihr mich näher kennen lerntet; und sowie ich meinem Gedächtnis das trübe Blatt meines Lebens wieder aufgerollt habe, hat mich ein ungeheurer Schmerz befallen. Ach freilich! sind wir meistenteils nur glücklich, wenn wir in Zerstreuungen, in Nebensachen uns selbst vergessen.
    Meine Eltern, die in der Nähe unsrer Stadt Besitzungen hatten, waren reich. Ich ward als das einzige Kind mit aller Liebe und Sorgfalt erzogen. Man kam allen meinen Wünschen zuvor, und meine Mutter, die schwach war und fast verliebt in ihr verzärteltes Kind, verdarb mich und bestärkte mich in meinem kindischen Eigensinn. Mein Vater zeigte mir seine Liebe durch Geschenke; er liebte den Prunk, war aber ein ernster, ja finstrer Mann, den keiner niemals lachen oder lächeln sah. Als ich nun zur Besinnung kam, erfuhr ich und bemerkte es selbst, wie er gänzlich ein Werkzeug der Priester sei, die sich aller seiner Kräfte bemächtigt hatten und ihn unbedingt regierten. Er war in seiner Jugend Soldat gewesen, und erzählte selbst zuweilen von jener Zeit mit Grauen, und klagte sich auf dunkle Weise vieler Vergehungen an. Es schien mir, als ich erst fähig war, nachzudenken und über dergleichen Dinge ein Urteil zu fassen, daß er in seiner wilden Jugendzeit die Freiheit gemißbraucht hatte, die der Krieg und der Beruf des Soldaten bei so vielen zur Zügellosigkeit steigern.
    So hatte er sich nun vorgesetzt, seine früheren Sünden durch Buße und strengen Wandel abzubüßen. In dieser Sinnesart bestärkte ihn vorzüglich sein abergläubiger Beichtvater, der jedes Geschöpf nur wie einen abgefallenen bösen Geist betrachtete, und in jeder unschuldigen Freude eine Gotteslästerung sah. Meine Mutter, deren weltliche Gesinnung diesem Wesen widersprach, fühlte sich in diesem finstern Treiben oft sehr unglücklich, besonders da mein Vater immer verschlossener und trübsinniger wurde; sie äußerte wohl, indem sie sah, daß jedes Jahr ihr mehr und mehr alle jene Feste, Reisen, Gesellschaften und weltliche Freuden raubte, auf welche sie mit Sicherheit gerechnet hatte, daß sie niemals die Verbindung mit meinem Vater eingegangen wäre, wenn er früher schon so streng und unfreundlich gewesen wäre.
    So ward meine Jugend, die heiter zu beginnen schien, bald verfinstert, und noch mehr, als mein Vater verlangte, daß ich an seinen Andachtsübungen teilnehmen sollte. Christentum und Religion, wie ich sie nun kennen lernte, was diese Priester so nannten, war abschreckend und furchtbar. Der Gott, den sie erkennen konnten, war nur ein grausamer Tyrann, der an Qualen, die er verhängte, an sinnreichen Strafen, die er auf Kind und Kindeskind sendete, seine Freude hatte; das Leben war ein Gefängnis, der Mensch nur geschaffen, um zu büßen. Die Opferung des Sohnes heischte zur Vergeltung Blut; Haß, Verfolgung, Bitterkeit und Verzweifeln war es, woran sich diese Christen als solche erkannten.
    Mein jugendlicher Sinn wendete sich mit Abscheu von diesen Vorstellungen. Es geschieht so oft, daß Kindern und jungen Gemütern auf diese Weise selbst das Edelste und Größte auf immer oder auf lange verleidet wird, und ich bemerkte nicht an mir allein, daß die Mädchen und Jünglinge, die man vorsätzlich zu Frommen und Rechtgläubigen

Weitere Kostenlose Bücher