Hexensabbat
Zorn und die Wut des alten Riesen immer noch furchtbar und ungeheuer. Viele Fehler hatte er, nach seiner Meinung abgelegt, aber niemals, wie er selbst bekannte, hatte er sich die geringste Mühe gegeben, sich des Trunkes zu entwöhnen, und selbst sein Beichtvater durfte ihm mit dieser Anmutung nicht beschwerlich fallen. Dadurch wurde sein Zorn, an den er sich seit früher Jugend gewöhnt hatte, bei jeder Gelegenheit, auch der geringfügigsten, in ihm aufgeregt, er kannte sich selbst nicht, und wußte nicht, was er in dieser tierischen Wut begann. Sehr oft, und wohl die Folge seiner wilden ausschweifenden Jugend, fiel er dann in Krämpfen nieder, in welchen er schäumte und sich ohne Bewußtsein wälzte. Oft hatte man schon glauben müssen, daß er in solchem Anfalle seinen Geist aufgeben würde. So sehr war das Gemüt meines armen Vaters verfinstert worden, daß er den Einreden seiner geistlichen Freunde nachgab, und mir dieses Ungeheuer zum Gatten bestimmte. Daß jede Einrede von mir vergeblich sein würde, wußte ich, und ich verlor auch kein Wort gegen meinen Vater, um ihn auf andre Gedanken zu bringen.
Aber zu meinem Freunde Philipp flüchtete ich, den ich bei einer Muhme von mir traf. Er tröstete mich; aber welcher Trost konnte fruchten? Einigemal sah ich auch meinen Geliebten heimlich. Er war in Verzweiflung. Wie glücklich ich in deiner Nähe, im Bewußtsein deiner Liebe war, rief er aus, davon bist du Zeuge gewesen; kein Wunsch, keine Begier bestürmte dich. Vielleicht soll der irdische Mensch nicht so geistig schwärmen und sich seinem Berufe, der Aufgabe des Lebens entziehen, die er freilich auch mit den Niedrigsten teilt. Aber meine Seele duldet es nicht, dich in den Armen jenes Ungeheuers so völlig entweiht, so bis zum Entsetzlichen geschmäht zu denken. Jetzt ist die Begier, dich ganz mein zu nennen, daß du mir als Gattin angehörst, geheiligt worden. Jetzt ist es meine Pflicht, dich zu diesem Schritt zu überreden, durch meine Liebe dich zu ihm zu zwingen, wenn du dich weigern solltest.
In der Verwirrung aller meiner Lebensgeister folgte ich seinen Einreden nur gar zu gern. Ich ward sein Weib und Philipp segnete unsern Bund.
Wir sahen uns oft bei jener Muhme, einem liebevollen, schwachen Wesen, die durch unsre Not war gerührt worden. Da aber zu befürchten stand, daß mein Vater alles entdecken würde, so hatten wir die Flucht beschlossen; wir hatten vor, uns nach England zu wenden, wo Robert angesehene Freunde hatte. Doch zu spät. Mein Vater traf mich, indem ich einen Brief an Robert schrieb, aus ihm ersah er, daß er mein Gatte war. Er schäumte und war entsetzlich in seiner Wut. Ich ward eingesperrt und bewacht. Er wendete sich an Bischof und Klerisei. Philipp ward als Verbrecher angeklagt und mußte entfliehen, ich weiß noch jetzt nicht, wohin. Alle Worte, Bitten und Klagen waren vergeblich. Durch Geld – o was vermag das Geld nicht – brachte man es dahin, daß meine scheinbare Ehe, so nannte man sie, für ungültig erkannt und aufgelöst wurde; ich sei noch nicht mündig gewesen, und habe mich also, vorzüglich ohne Wissen meines Vaters, noch nicht versprechen können; Philipp sei ein Abtrünniger und kein Priester, er habe also das Sakrament nicht verwalten und spenden dürfen, und von jener Sünde des Konkubinats ward ich, als Unwissende, Törichte, von meinem Beichtvater, nachdem ich mancherlei Bußen hatte üben müssen, losgesprochen. Ich war wieder vernichtet und zum zweitenmal um mein Leben, und um ein verschönertes, vereiteltes, betrogen. Ich mußte mich und die Welt und Menschen verachten, um so mehr und schmerzlicher, da der rohe, gefühllose Denisel keinen Anstand nahm, mich nach diesem öffentlichen Schimpf als seine Gattin heimzuführen.
O! es ist entsetzlich, was der Mensch erleben und ertragen kann, und kein Mann kann es fühlen und wissen, um wieviel furchtbarer noch das Schicksal des Weibes ist. Sei er durch Unglück an eine Gattin gekettet, die er hassen oder verachten muß, – so vernachlässigt er sie, findet im Geschäft, Arbeit, Gesellschaft, oder bei andern Weibern, selbst im Laster, Zerstreuung und Trost. Gibt er sich in schwachen Stunden dem aufgedrungenen Weibe hin – er verliert nicht seinen Wert, nicht sich selbst in ihren Armen. – Ja, Freund, wir sind schon in der Geburt, seit dem Beginn der Schöpfung verflucht, und nur wenigen, nur Auserwählten ist es vergönnt, sich dieser Schmach und Verwerfung zu entziehen, und diesen gelingt es doch wohl nur,
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