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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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ausbilden wollte, am leichtesten in Unglauben und Widerwillen gegen die Religion verfielen. So war es auch mit mir. Es hatten sich mehr Mädchen meines Alters zusammengefunden, und wir bildeten gleichsam eine stille Verschwörung gegen die Kirche und ihre Gesetze, wir brachen in unsern Versammlungen die Fasten, und ahmten die Lächerlichkeiten der Priester und unserer Beichtväter nach. Als die Sache verraten ward, entstand, wie leicht zu begreifen, ein ungeheures Geschrei. Wir waren alle verdammt, und es konnten kaum Bußen genug und hinreichende Grausamkeit ersonnen werden, um diesen entsetzlichen Abfall wieder einigermaßen zu vergüten. Ich wurde menschenscheu, gab mich selbst auf, und mein Leben war mir in der Jugend schon verbittert. Jetzt befreundete ich mich mit den Vorstellungen des Todes und der Verwesung, da ich hier keine Freude haben sollte und mir jenseit keine denken konnte, daher war mein Wunsch und meine ganze Sehnsucht nach der Vernichtung gerichtet. Ich glaubte weniger als jene, aber um nicht wieder den grausamen Mißhandlungen derer zu verfallen, die für meine Seele sorgten, lernte ich lügen und heucheln, und war in meiner Trostlosigkeit auf dem Wege, ganz schlecht zu werden. Meine Mutter bejammerte meinen Zustand, wußte aber keinen Rat, da man sie so eingeschüchtert hatte, daß sie kein Wort für mich zu sprechen wagte. Auch litt sie an einer Krankheit, die allgemach ihre Kräfte verzehrte, und an der sie wirklich nach einigen Monden starb. Ich hatte sie leiden sehen, und ihre Schmerzen hatten mir oft das Herz zerschnitten. Ich begriff es nicht, daß sie ungern starb, daß sie noch, selbst mit allen diesen Leiden, zu leben wünschte. Ich beneidete sie und wünschte mich an ihre Stelle; gern hätte ich meine Gesundheit und Jugend gegen die Vernichtung ausgetauscht, in welche sie jetzt, nach meiner Überzeugung, eingegangen war. In jener Stimmung, in welche ich damals geraten war, erschien mir nichts so fürchterlich, als zu leben, da zu sein. Die ganze Schöpfung schien mir die Wirkung eines furchtbaren Fluches, oder der Niederschlag ehemaliger, wahnsinniger Geister, die auch verschwunden waren in das Nichts, und nur das tolle Werk ihrer Raserei zurückgelassen hatten, das sich nun irr und zwecklos fortbewegte und ängstigte, und sich in Verzweiflung dem Tode entgegenquälte. Ich kann nicht Worte finden, meinen damaligen Zustand zu schildern, es ist mir auch nicht möglich, ihn mir deutlich zu vergegenwärtigen. Aber wahr ist, daß ich ganz und unerschütterlich überzeugt war, es sei kein Gott. Wie mir nun Kirche, Priester, Religionsübung erschien, wie mir die Lehren, die Wunder, die Messe und alles Christliche vorkamen und in das Ohr tönte, würde, wenn man es beschreiben wollte, das seltsamste Gemälde einer Verstimmung des Herzens und der Seele geben. Indem ich mich in der Kirche in mein Gebetbuch niederbückte, von meinem Schleier verhüllt, mußte ich oft laut in bitterm Hohn der Verzweiflung lachen, welches meine gläubigen Nachbarn für Tränen der Buße und Erschütterungen der Reue hielten, da meine Gottlosigkeit stadtkundig geworden war.
    Ich schwankte an der Grenze des Wahnsinns hin. Schlimmer als jede Entartung ist diese innere Verwesung des Herzens. Ich weiß nicht, was aus mir geworden wäre, wenn ich nicht, als ich zur Jungfrau erwachsen war, einen wahrhaft frommen Mann, einen Priester hätte kennen lernen, der von einer Wallfahrt nach Jerusalem zurückkam: Dieser Pater Philipp, der in einem benachbarten Kloster ein Bruder war, löste allgemach meine Seele aus ihren Todesbanden. Daß nur Liebe der Geist der Religion, vorzüglich aber des Christentums sei, dieses Gefühl, diese Ahndung ging nach und nach in meinem erstorbenen, felsenharten Gemüte auf. Alles, was ich verhöhnt hatte, erschien mir nun als ein süßes Geheimnis, in welches sich mit allen Kräften unterzutauchen, himmlische Wollust war. Als ich erst als Schülerin in diese Lehre eingeweiht war, sprang mein Geist auch sogleich von einem zum andern Äußersten; denn mir genügte nicht Wort, Bild und Wunder, ich glaubte alles noch inniger, in einem höhern Sinne zu verstehen und zu erfassen. Meine Trunkenheit hob mich oft wie über die Erde und alle Bedingungen des zeitlichen Daseins hinweg. Ich schaute, ich war entzückt, und rühmte mich, daß der Geist Gottes in mir sei, Philipp suchte diese Gefühle zu mäßigen und mich von dieser Schwärmerei zu heilen, welche er ebenso gottlos als jenen starren Unglauben

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