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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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Haus, Geld und Eigentum besitzend, mit weit mehr Sicherheit ihrem schönen Gefühle folgen könne. Im Großen, beschloß er, könnt ihr, gute Frau, dann das tun und ausüben, was Euch jetzt schon glücklich macht. Dieses Glück wird Euch aber doch durch eignen Mangel, durch die Hartherzigkeit der Menschen und durch so manches Hindernis verkümmert, welches Euch nachher nicht mehr quälen würde.
    Freund, sagte sie immer noch verdrießlich, laßt ab von mir, denn Ihr werdet mich doch nicht überreden. Daß ich ganz arm, und bettelarm bin, das ist meine Freude und meine Andacht. Mein Heiland hatte auch nicht, wo er sein Haupt hinlegte. Wenn Ihr meinen Sinn nicht versteht, so laßt mir wenigstens Ruhe. Fast alle Menschen glauben, sie fingen erst an zu leben, wenn sie Eigentum erwerben. Ich habe alles verloren und vergeudet, und seitdem ist mir erst wohl. Der heilige Vater Franziskus und mancher andre, auch Sankt Rochus, Alexius, dachten ebenso. Es ist eine Seligkeit schon hier auf Erden, ganz arm zu sein und nichts zu besitzen. Nun weine ich nicht mehr über die Bettler, Hülflosen und Kranken; nun gehöre ich selbst zu dieser Gilde, und kann erst glauben, daß alle meine Brüder sind. Wie andre Menschen sich nach Freuden, Musik und Tanz und großen Festen sehnen, so ging meine Sehnsucht auf diese Armut hin. Jeder muß wissen, wie er in seinem Glauben treu sein und verbleiben kann.
    Sagt mir, alte Verwunderliche, fragte der Küster, ist denn das nicht auch vielleicht eine Eitelkeit, daß Ihr so das Erstaunen Eurer Freunde, der Nachbarn und des Volkes erregen wollt?
    Ihr seid ein Versucher! rief sie aus; darüber werde ich im stillen meinen Heiland befragen und Euch nächstens Antwort sagen. Ach! Ihr Weltlichen, ihr wißt nicht, wie vieles ihr aufgebt, um nur Menschenkinder zu sein, um euch mit Weisheit, Glück, Reichtum zu blähen und den andern überzuragen. Unten, im Staube liegen, von allen verachtet sein, von den Stolzen mit Füßen getreten zu werden, o, das ist das liebe Wohlbehagen, die süße Einsamkeit des Herzens und der Liebe. Wer noch Sorgen hat um Vermögen, Haus und Kind, der kann den Heiland nicht aus vollem, überwallenden Herzen lieben. Und wer noch etwas vorstellen will und irdische Ehre genießen, der ist nicht ruhig, der fließt und flutet noch in Drangsalen hin und her.
    Nun, wie Ihr wollt, sagte Wundrich; sagt ja doch das Sprichwort: des Menschen Wille ist sein Himmelreich.
    Jawohl, antwortete die Alte, die jetzt redselig geworden war; nur muß der Mensch auch einen wahren Willen haben, der ihm die rechte Stelle in seiner Welt anweist. Ich bin tot und lebe nur noch der Gnade. Der Kirchengesang, die Messe, – ach! lieber Freund und Herr – wenn ich das Haus Gottes betrete, und der feierliche hohe Dom umfängt mich so liebreich und ehrwürdig: da fällt doch gleich jeder Zweifel, jede irdische Angst zu Boden. Der Duft des Räucherwerkes, die Stimme des Priesters vom Altar weckt, sowie ich mich nun niederwerfe, eine sehnende Inbrunst in meinem Herzen auf. Die brennenden Kerzen erinnern mich mit ihrer stillen Flamme an das Geheimnis der Welt und Schöpfung, und ein süßes Grauen wandelt in meinem Wesen auf und ab, was sie bedeuten könnten. Ich sinne und bete, und der Schöpfer und der Heiland rühren mit inwendigem, unausgesprochenem Wort meine Seele an. Da ist in mir eine Liebe über alle Liebe, eine Seligkeit und Wonne, ein himmlisches Atmen; und nun klingt die Glocke und die Wandlung ist geschehen, da geht der Schauer durch alle Adern und das Mark der Gebeine, und ich weiß, daß ich eine Christin bin und der nahe, verkörperte Heiland mich liebt.
    Die Augen der Alten leuchteten, und Wundrich betrachtete sie mit Erstaunen. So komme ich denn, fuhr sie fort, neu gestärkt nach Hause. Warum soll ich mich in meinem Wesen und Beruf stören lassen? Wozu Geld, Weltlichkeit, bessere Speise? Ihr wißt es auch nicht, der Ihr Euch in den Häusern umtreibt, welche Kraft, Herrlichkeit und Wohlgeschmack im klaren, frischen Wasser webt und kühlt. Der Brunnen drüben, aus welchem ich schöpfe, ist mir fast wie meine irdische Kirche. Er gibt mir die Genüge und Fülle.
    Bücher sehe ich auch, sagte der Küster.
    Nur wenige, antwortete sie. Ach! die süßen Gesänge auf die heilige Jungfrau, die ich alle auswendig weiß, und mir so hersage und in ihnen bete, wenn ich mir eine rechte Freude einmal machen will.
Hast du, Seele, nicht für Wunden
Süßen Balsam aufgefunden,
Wenn in Glanz und Abendröten
Geht die

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