Hexensabbat
Herrin der Natur,
Wonnesang auf ihrer Spur,
Trost und Heilung allen Nöten?
Wie im Frühlingsabend Haine
Von dem Nacht'gallton durchklingen,
So ertönt, wenn ich ihr weine,
Der Holdsel'gen süßes Singen;
Ach, die Königin, die reine,
Will sich gern herniederschwingen,
Sag' ich, was ich lieb' und meine,
Wird sie Englein mit sich bringen,
Kinder, lachende Gestalten,
Die in klaren Händen halten
Blumen duftend, weiße Blüten,
Himmelsrosen, Trost und Segen,
Die mir alle Not vergüten,
Lind sich um die Seele legen.
Blüten hüllen wie Gewande
Weiß den liebekranken Geist,
Zitternd sprengt er seine Bande,
Und die Erdenhülle reißt.
Flügel werden Blüt und Kranz,
Leicht entsteigt er auf zum Licht,
Und nun sieht er noch im Glanz
Ach! Mariens Angesicht.
Wo sie hinblicke, sprosset Glauben,
Lieb' und Sehnsucht in der Welt,
Fliegen wie die weißen Tauben
Durch das lichte Himmelszelt.
Aus dem Lächeln tropft Versühnen
Wie Rubinen
Hoffnung strahlend in das Herz
Starrer Sünder, und es schmelzen
Aller Gottesleugnung Felsen,
Und in wundersüßem Schmerz
Kommt der Bereuende
Sich selig Befreiende,
Wie ihn die weihende
Mutterhand der Liebe rührt
Und zum Heiland zärtlich führt.
Zürnen kannst du nicht, nur klagen,
Dir der Heiland nicht versagen
Wenn dein Mund die Bitten spricht,
Wollen Sohn und Vater schelten,
Wirst du selber für den Frechen,
Der dich höhnt, noch freundlich sprechen,
Nicht darf er die Sünd' entgelten,
Dein Schutz fehlt uns nimmer nicht.
Dies ist, sagte der Küster Wundrich, aus einem Gedicht meines Freundes Labitte, des alten Malers.
So? antwortete die Alte, des Mannes, den sie den Einfaltspinsel oder den dummen Abt nennen, um ihn zu verspotten? Ich habe es schon vor vielen Jahren singen hören.
Nun so lebt wohl, gute Freundin, sagte Wundrich, indem er sich erhob. In diesem Augenblick ertönte aus der kleinen Kammer ein lautes Geschrei, und die Alte rannte schnell hinein. In der Eile vergaß sie die Türe zuzuschließen, und der Küster, welcher neugierig geworden war, näherte sich leise und schaute durch die Spalte. Ein schwer Verwundeter, der den Ausdruck eines Sterbenden hatte, lag auf dem schlechten Lager. Es schien, daß sich im Schlummer ein Verband gelöst hatte, denn die Alte stillte das Blut und legte frische Leinwand um, nachdem sie eine Salbe aufgestrichen hatte. Wundrich war erstaunt und erschrocken, denn er glaubte den Verwundeten zu erkennen. Nachdem die Alte den Kranken getröstet hatte, und er wieder beruhigt war, reichte sie ihm eine Schale Milch, die er mit Begier ausleerte. Sie machte ihm sein Lager wieder zurecht, betete über ihm, segnete ihn ein und ging dann in ihre dunkle Stube zurück. Sie schien zu erschrecken, als sie die Tür offen sah, und verschloß sie mit dem Ausdruck des Unwillens.
Gute alte Mutter, fing Wundrich wieder an, Ihr tut immer noch mehr Gutes, als man schon von Euch weiß, oder Euch zutraut. Wird es Euch denn nicht zuviel in Eurem hohen Alter?
Ach was! sagte sie mit zögernder Stimme, warum zuviel? Der Herr schenkt mir ja zu solchem Dienste Gesundheit und Leibeskräfte. Er hat mir vor drei Wochen diesen Leidenden vor meine Schwelle gelegt, und ich nahm in der Nacht, als er mir schon wie ein Sterbender vorkam, diesen Armen in mein kleines Haus. Es war eine furchtbare Schlägerei gewesen, ein paar Menschen blieben tot, diesen hatten sie auch so liegen lassen. Als ich nach Mitternacht heraustrat, ächzte er schwer. Ich legte ihn dort in das Bett und verband seine Wunden, die sehr schlimm und tief waren. Er murmelte allerhand unverständliches Zeug, und wollte mir viel erzählen. Ich verlangte aber nichts zu wissen, denn diese Welthändel gingen mich nichts an. Als er am andern Tage etwas mehr bei sich war, bat er mich, keinem Menschen etwas davon zu sagen, daß er bei mir sei. So habe ich ihn gepflegt, und seine schlimmen Wunden, die erst immer weiter um sich fraßen, fangen nun endlich an, einen bessern Anschein zu gewinnen. Der Arme ist mir seitdem sehr lieb geworden, und ich möchte ihn schon nicht entbehren. Ich bin kein schlechter Wundarzt, und ich verpflege ihn besser wie es im Spital geschehen würde. Zu seinem Besten habe ich auch die Ziege angeschafft, deren Milch ihm gut bekommt und seine scharfen Säfte mildert. Ich tröste ihn, und der arme Mensch wendet sich durch meine schwache Bemühung seinem Heilande mehr zu, als er früher getan haben mag. Da der Elende nicht zur Kirche gehen kann, so lese ich ihm Gebete vor, er hört
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