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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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und kriminell verklagen lassen. Und warum? Sie sollen Hexen sein und alle Woche oder monatlich den Hexensabbat einmal besuchen. Das ganze Dorf ist über diese verständige Sache in Alarm, denn jedes Weib und jeder Mann steht in Gefahr, von der Weisheit dieses Schulzen ebenfalls in das Gefängnis geworfen zu werden. Er hört nämlich die Wahnwitzigen an, und sie dürfen diese und jene nennen, welche sie ebenfalls auf dem Hexensabbat wollen gesehen haben, und da dieser Traum, oder die Einbildung bei dem Richter für Wahrheit gilt, so ist es nicht unmöglich, daß er sein ganzes Dorf nach und nach, sowie die Bauern der benachbarten Örter in die Gefängnisse steckt.
    Viele lachten, und da der Dechant ganz ernsthaft blieb, sagte der Ritter Beaufort: Wie kommt es, geistlicher Herr, daß der Bischof, oder der Priesterorden und die Herrn Kanonici nicht diesem Unfug steuern?
    Der Dechant sah ihn mit einem sonderbaren Lächeln an, und erwiderte: Es ist wunderbar, wie die Geistlichkeit alles Auffallende, Törichte oder auch nur Unbegreifliche richten und schlichten soll, und wie uns dieselben, die dergleichen erwarten, auch immer wieder vorwerfen, daß wir uns in alles mischen, was uns nicht kümmern sollte. Geschieht etwas Ruchloses, Gottloses, so heißt es: das hätten die Priester verhindern können und sollen, und durch ihre Säumnis sind sie gewissermaßen des Verbrechens mitschuldig! Erkennen wir geistliche und weltliche Strafen für notwendig, um dem Übel, das immer mehr um sich greift, zu steuern, so fordert man Langmut, Vergebung, Lammsgeduld von uns, und meint, die Kirche sei nur da, um zu segnen.
    Warum wollt Ihr mich so mißverstehen, trefflicher Herr? sagte Beaufort: Euer Stand ist so notwendig, wie jeder andre, und ohne Kirche ist kein christlicher Staat möglich. Was die unwissende Unzufriedenheit der Schwätzer tadelt, kümmert mich nicht; aber einem Wahnwitzigen, der sein Amt mißbraucht, dürft Ihr und müßt Ihr keck und mit schlichtem Wort entgegentreten. Auch dürfte, wenn einer tadeln wollte, dieser wohl fragen: Wie kommt der finstre Aberglaube, dieser Unsinn unter jene Landbewohner, die in einfacher Arbeit der Natur und Wahrheit soviel näher stehen? Wie ist es möglich, daß der Schultheiß, ein Mann, der als der Klügere, von der Gemeine gewählt wird, auf diesen Unsinn als Richter hört? Ein Unzufriedener würde dann wohl bemerken dürfen, ohne sich von der Wahrheit zu sehr zu entfernen, daß jene Priester auf dem Lande, sowie die Lehrer in den Dorfschulen zu unwissend sind, weder Vernunft noch Religion kennen, und jene Stellen ihnen nur anvertraut werden, weil sie zu keinem andern Geschäfte brauchbar sind, indes die gebildeten, gelehrten Geistlichen nur nach Einkünften und hohen Plätzen streben, mit gleichgültigem Sinn die kirchlichen Zeremonien üben, und den Bürger und das Volk sich selber überlassen.
    Meine Herrn Ritter, sagte der Dechant, dieser Tadel ist schlimmer und unbegründeter als jener, den ihr eben erst als unnützes Geschwätz wolltet abgewiesen wissen. Diese Gesinnung ist es aber, welche den Einfluß der Kirche und der frommen Priester schwächt, ja fast vernichtet. Wen sollen wir erziehen, wann sich jeder klüger als die Kirchendiener, als die Lehrer des göttlichen Wortes wähnt?
    Ihr seid zu scharf, geistlicher Herr, rief Köstein von seinem Sitze gleichgültig hinüber: jeder Stand hat seine Plagen und findet seine Verleumder, alle haben aber auch ihre Freude, und wie sehr die geistlichen Herrn nur auf ihren Vorteil sehen, das ist eine Sache, über die schon in alten Zeiten ist geklagt worden.
    Als Schakepeh sah, daß man verstimmt war, rief er: Bei Tisch geht alles drauf und drein, man kann und soll nicht jedes Wort abwägen; Freunde sind wir alle, sonst wären wir nicht hier versammelt, und kein Wohlwollender wird ein hastiges Wort übel auslegen wollen.
    Die Mahlzeit war geendet, und alle standen auf, mehr verstimmt als erheitert. Man begab sich in einen andern Saal, um eingemachte Früchte, Zucker, Obst und süßen Wein als Nachtisch zu genießen. Catharina war nachdenkend, und hörte nicht auf die Scherze ihres Wirtes, Friedrich blieb mit seinem Vater, Köstein und einigen Ratsherrn im Zimmer, weil sich unter ihnen ein lebhaftes Gespräch angesponnen hatte. Labitte ging träumend hin und her, da er, wie fast jeder, ziemlich viel des starken Weins genossen hatte.
    In einem Bogenfenster, welches mit Blumenranken umhängt war, hatte sich Catharina zurückgezogen. Sie

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