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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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echte Priester, der ganz von seiner Bestimmung durchdrungen ist, muß jetzt auf Tod und Leben kämpfen. Heut ist es aber viel schwerer, der mehr ungläubigen und schon zweifelnden Welt deutlich zu machen, was Ketzerei sei, oder sie gegen diese zu entflammen. Da ist es nun recht willkommen und passend, daß sich ein Grausal auftut, eine ganz nahe und persönliche Gegenwart des Teufels, angemalt und ausgebildet, wie ihn der gemeinste Pöbel faßt und gerne hat. Was hilft es, wenn der Verständige diesen Popanz verlacht? Die Autorität der Kirche, der Aberglaube, die Gewalt der Menge und des gemeinen Volkes werden es schon durchsetzen und die Feineren dürfen sich nicht preisgeben. Ja, es ist fast zu erwarten, daß dieser tolle Aberglaube, wie Pest, die Welt durchrasen wird, und unzählige Opfer dahinraffen, und daß die sogenannten Denker und Gelehrten ebensoviel Argumente für ihn ersinnen werden, wie sie für jeden andern Unsinn erfunden haben. Und am Ende, ob die schuldlosen Opfer dem Hexensabbat, oder dem Streit um das Palladium, oder dem Arianismus, oder dem Glauben der Waldenser fallen, oder der Lehre des Huß, kommt das nicht alles auf eins hinaus? Auch dem Götzen der Freiheit, auch dem Handelsvorteil, auch dem Eigensinn und der Habsucht des Adels sind schon viele geschlachtet worden. Man muß lachen, wenn viele glauben, daß die Menschen vernünftiger und besser werden, und daß die Welt sich immer mehr in Zukunft ausrichten soll. Das ist auch wieder Aberglauben, und vielleicht, wenn die Kirche einmal gestürzt ist, fordert er auch seine Opfer. Jetzt aber wird Schreck, Angst und Furcht in allen Familien und Ständen sich erzeugen, und das Ansehn der Geistlichen ist auf eine Weile wohl wieder gerettet. Darum hütet Euch, einsichtsvoller Vetter, zu stark und kräftig gegen diesen Unsinn zu reden, denn Ihr bekämpft dadurch Euch selbst und Euren Beruf; tragt aber auch nicht ohne Not Brände hinzu, denn an denen wird es nicht fehlen.
    Melchior stand wieder still, und sah den jungen unklugen und überklugen Propheten mit Erstaunen an. Jetzt glaube ich wirklich, sagte er dann, daß zuweilen ein Geist von den Lippen der Unmündigen weissagen kann. Ich vermute fast, du verstehst deine eignen Worte nicht ganz, wenn ich deinen Leichtsinn, dein umfahriges, unstetes Wesen, deinen kindischen Dünkel und deine Naseweisheit bedenke.
    Köstein sah den Oheim freundlich an und lachte laut und herzlich. Geht es denn, sagte er dann, mit deinem Bischof etwa in einer andern Melodie? Ihn hat auch ein fremder, hocherleuchteter Geist der Weissagung befallen. Denn der klügste, geriebenste und durchtriebenste Pfaffe hätte doch nichts Besseres tun können, als für Geld und gute Worte ein paar alte Weiber zu gewinnen, daß sie diese Albernheiten von ihrem Hexensabbat aussagen mußten, um in dieser ganz neuen Form die Sünder und Abtrünnigen anzugeben. Offenbar benutzt ein Satan, oder Beelzebub, oder sonst ein schadenfroher Geist diesen Kopf, in dem er leicht Quartier finden konnte, weil er so leer ist, und also jedem Gaste offen steht, um ihm diese Dummheiten einzublasen. Dieser fromme Bischof glaubt sie nun wirklich, und handelt bloß nach seinem Gewissen. Lächerlich und tröstlich ist es nur, daß, wenn die Kirche wirklich von Gott ist, wie doch so viele sagen, der böse Geist der Lüge also nun selbst dazu wirken muß, diese zu stärken, und so manchen Baustein, der heruntergefallen war, wieder mit vieler Mühe und Sorgfalt einzufugen.
    Komm, mein Freund, sagte Melchior; diese Art, die Dinge der Welt anzusehen, will mir nicht zusagen. Auch ist unser Geschäft so ernst, daß es wohl geziemlich ist, unsern Geist dazu zu sammeln.
    So heiter und leichtsinnig Köstein zu seinem verwundeten Feinde ging, so ernst und verstimmt kam er von diesem zurück, weil er vernahm, daß er sich jedem vorläufigen Verhöre weigere und sich jeder Untersuchung entziehe. Der Sachwalter des Gefangenen erklärte nämlich, dieser Denis, der jene Ermordung eines Verwandten Melchiors und Kösteins nicht leugnen wolle und könne, habe sich auf den Erbprinzen des Burgundischen Hauses, auf Carl, Grafen von Charolais, berufen, indem er sich nur in seiner Gegenwart, und zwar nur ihm allein, erklären könne, weshalb er jene Tat unternommen habe; er wolle dem Prinzen zugleich so hochwichtige Geheimnisse entdecken, daß er seiner Gnade und Verzeihung fast versichert sei.
    Als Melchior seinen Vetter so nachdenkend sah, sagte er: Ich fürchte, du hast auf die Gnade

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