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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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sich selbst nur herausholen können und zum Schöpfer sagen: da bin ich wieder! Ich hielt den weißen klugen Schelm nur für einen ganz gewöhnlichen Hund, nebenher Pudel. Aber freilich: was ist ein Hund? Weiß mir das einer der hochwürdigen Herren zu sagen? Aus seinem Blaffen und Bellen habe ich es nie heraushören können. Er wußte es wohl selbst nicht, und verfiel darum jedesmal in dieses Stottern oder Stammern, wenn er von sich Kunde geben sollte. Ein Geist war er wohl. Ihr sagt, ein gefallener. Kann auch sein. Vielleicht sind die Geister für uns hier auf Erden nur dann da, wenn sie gefallene sind, das heißt, geschaffene. Insofern sie aus dem ewigen Urquell des höchsten Gottes freigemacht, und dem Dasein anvertraut worden, ist das schon ein Abfall vom Ewigen, Unaussprechlichen zu nennen. Kann Tyras ein abgefallener Geist sein, so mußte er wohl durch seine pudelnärrische Hundenatur, wie in einer der untersten Klipp- und Pfennigschulen, hindurch, um in eine höhere Klasse zu kommen. So mag auch das Feuerexamen für den Kandidaten in seiner nicht ganz rein weißen Zotteltoga ein recht menschliches Beförderungsmittel gewesen sein, ihn auf eine bessere Bank hinaufzupraktizieren, auf welcher er aber vielleicht wieder als Ultimus sitzt, und als Pennal von allen andern Mitschülern gehänselt und torquiert wird. Ihr meint es aber eigentlich nicht so, sondern behauptet, da Ihr den Teufel und Satan nicht bloß vom Hörensagen kennt, das lustige Vieh sei aus der sogenannten Hölle desertiert, und habe sich bei mir für einen Hund ausgegeben. Nun könnte ich zwar einwenden, daß mir des Tyras Vater und Mutter schon als augenscheinliche, unzweifelbare Hunde bekannt gewesen, aber die Aussage, daß er echte Hundeahnen habe aufweisen können, würde bei Euch wenig fruchten, da Ihr von der Mesalliance innigst überzeugt seid, durch die ein hoher Höllenfürst sich erniedrigt hat, um als mein Tyras auf vier Beinen sich umzutreiben. Dieser schwarze Prinz hat mich dann auch beherrscht, oder ich erst scheinbar ihn; wir haben uns einander einverleibt und dies höllische Paktum hat mich zum Zauberer und Ketzer gemacht.

Es ist wahr, vernünftige Seelenhirten: wenn eine Gans in ihrer Ruhe einhertritt, so läßt sie sich schwerlich beikommen, daß auf ihr schon jene schicksalsschwangere Feder wachse, mit welcher ein Gottesleugner die Bücher schreiben wird, welche an der Kirche den Eckstein und Stützpfeiler einwerfen können. Ebenso lesen wir ja auch schon im Goldnen Esel, daß es Zaubersalben gegeben, die Menschen verwandeln. Hat eine Feder die Kraft, tingiert vom schlimmen Geist des Schreibenden: was widerspricht dem, daß ich die Salbe, aus Kräutern, Schwämmen, Moosen und Hexensegen präpariert, an einen guten, fähigen Besenstiel schmiere, der nur einiges Ingenium verrät, um mit ihm durch die Lüfte zu fahren? Konnte die Gans die Apostel widerlegen, mein Tyras ein Hexengeist sein, so sehe ich keine Ursach, wenn man nur halbweg Ovidii Metamorphosen gelesen hat, warum ein so unterrichteter, angestrichener und aufgezäumter Besenstiel nicht ein Pferd sollte sein können. Alles kommt nur auf die Übung an. Ein solcher eingerittener Besen, und vollends, wenn es viel wären, oder man die besten zusammenhielten und sie Kinder zeugen ließe, könnte unserem Herzoge von größerem Nutzen sein, als viele seiner Grafen und Herren, Ritter und Stallmeister, die umgekehrt, manchmal, wenn sie reiten und streiten sollen, sich in Besenstiele verwandeln und zu Hause hocken, so daß keine Hexensalbe, von Ehre, Nachruhm, Dienstpflicht und Schande zusammengerührt, sie aus ihrem Winkel treiben kann.
    Freilich bin ich einer der obersten Hexenmeister, der große Marschall und Turniervogt, der die Zeremonien bewacht, daß auf unserm Sabbat nichts Ungeziemliches vorfalle. Ich führe die jungen, schüchternen Hexen ein, mache ihnen Mut, lehre ihnen die Verbeugungen et cetera. Ihr habt wohl selbst vor Jahren über mein Gemälde dieses Hexensabbates gelacht. Ja, damals, Erleuchtete, wart Ihr noch nicht erleuchtet und freutet Euch über den Spaß, den ich von allen Malern zuerst erfunden hatte. Nun seht Ihr aber beim Licht der Scheiterhaufen heller und wißt alles auszudeuten, und daß unsereins, Tyras und ich und Ziege, den Teufeln so müssen geopfert werden, wie die Helden den Göttern ihre Opfer brachten. Vielleicht legt Ihr es auch auf Hekatomben an, wenn gerade der Geburtstag des Beelzebub sein sollte.
    Als Erfinder dieses Aftersabbats sitze ich

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