Hexensabbat
werden.
Beaufort, der plötzlich an seinen Sohn denken mußte, hielt die stürzenden Tränen nicht zurück. Er umarmte den alten Schakepeh heftig und eilte nach Hause, um sich ungestört seinem Schmerz zu überlassen.
Schakepeh nahm von den Bürgern Abschied, indem er sagte: vielleicht habt ihr recht, und alles fügt sich zum Guten. Daß wir aber dergleichen hoffen, daß wir es ein Glück nennen müssen, von solchem Unsinn erlöst zu werden, ist schon Elend genug. Mein armer, liebevoller Labitte! Dieser Freund, so ganz Kindertraum, Wohlwollen, Spiel und Tiefsinn. O, er lernt im Greisenalter das Leben noch von einer schlimmen Seite kennen. Und wer schützt uns, die wir uns alle seine Freunde nannten? – Hofft ihr auf den Grafen Etampes und sein verständiges Wirken; es gehe euch wohl. Ich denke dessen wohl entübrigt zu sein, wenn ich gleich bei meinem Entschlusse viel einbüßen sollte.
Was habt Ihr vor? fragte Josset.
Nichts Besonderes, erwiderte Schakepeh, ihr werdet es schon erfahren. Mit diesen Worten verließ er die Freunde.
Als er in sein großes, schönes Haus trat, sah er die Säulen, Türme, den Altan, die breite Treppe und die großen Zimmer, allen kostbaren Hausrat und seine Kleinodien eins nach dem andern genau an, schüttelte bedenklich den Kopf und warf sich dann gewaltsam in eine heitere Laune, die ihm sonst so natürlich war. Bei Tische erzählte er fröhliche Dinge, um seine Tochter, die schöne Sophie, zu zerstreuen, die um Friedrich, Labitte und Frau Catharina viel am Morgen geweint hatte. – Nach Tische nahm er ihre Hand und sagte: Ja, Kindchen, das war mein Lieblingsprojekt, wie ich es auch niemals verschwiegen habe, dich mit diesem Friedrich Beaufort zu verehlichen. Sein Vater schien auch damit einverstanden, und es fehlte nur noch an dem jungen Menschen, der keiner Neigung zu einem hübschen Mädchen fähig schien. Sieh, mein kleiner Engel, dich hat er freilich bezaubert, das hast du dir auch merken lassen, und ich habe es längst bemerkt. Dafür haben sie ihn nun auch zur Strafe als Hexenmeister festgesetzt. Dort, im Gefängnisse, wird er in sich gehn, seine schwarze Kunst ablegen, und du kannst unterdes ein wenig zaubern lernen. Lassen sie ihn dann wieder aus seinem Loche an das Tageslicht, so übst du deine kleinen Künste an ihm aus, und es wird zu meiner Freude doch wohl noch ein Paar aus euch. Weil aber hier bei uns in Arras das Zaubern, wie du siehst, so strenge verboten ist: wie wär's, wenn du dich zu deiner Muhme nach Paris aufmachtest, die du schon so lange hast besuchen wollen? Grüße sie von mir, und laß dich dort im Hexen unterrichten, du kleiner, zarter Engel.
Er küßte sie gerührt, und das erstaunte Mädchen sagte: Wie Ihr es befehlt, mein Vater, obgleich ich auf diese Reise gar nicht vorbereitet bin. Wenn reise ich?
Jetzt gleich, sagte Schakepeh; ich habe den Wagen schon einrichten lassen, die Pferde sind auch schon vorgespannt, sichre Leute und Diener werden dich begleiten.
Mein Vater, sagte Sophie bestürzt, gleich jetzt? Wie ist das möglich?
Ich folge dir bald nach, sagte der Vater; in wenigen Tagen siehst du mich auch dort in Paris, sobald ich nur meine notwendigsten Geschäfte geordnet habe.
Also keine Trennung? sagte Sophie. – Nein, mein Kind, erwiderte der Vater, indem er seine Tränen nicht mehr zurückhalten konnte; lange möchte ich dich nicht aus meinen Armen lassen.
Sie stiegen die Treppe hinab, und das Kind verwunderte sich, den Reisewagen, unter dessen aufgespannter Leinwand sie sitzen sollte, mit so vielen Sachen bepackt zu sehen. Sie erfuhr, daß alle ihre Kleider und Wäsche, vorzüglich aber alle ihre Kleinodien, goldnes Geschirr und eine große Summe in Gold und Silber, sich in den Kasten befand, die dem Wagen aufgeladen waren. Alles dies, sagte der Vater, gibst du in Paris in die treuen Hände deines Oheims, meines lieben, verständigen Bruders, der dir so deine Mitgift bewahren wird. Ich hoffe noch in wenigen Tagen eine große Summe mit mir zu bringen. Nun, Herzchen, sieh dir noch einmal Haus, Zimmer, die Schränke und Spiegel an, falls dies das letztemal wäre, daß sie dir als dein Eigentum vor Augen ständen.
Lieber Vater, sagte sie zitternd, Ihr sprecht so rätselhaft. Wollt Ihr alles verkaufen? Wollt Ihr von hier wegziehen? Wollt Ihr in Paris Euren Handel fortsetzen?
Kann sein, kann nicht sein, antwortete der Vater; es ist ja auch möglich, daß man mir das Haus und alles drin und draußen abkaufen will, ohne es mir zu bezahlen.
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