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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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Unsinn! rief Carrieux; alles will er besser wissen, der launenhafte Mann, der mit jedem Tage seine tiefsinnige Weisheit wechselt.
    Aber laßt ihn reden, sagte Beaufort, daß er uns deutlich machen kann, wie er es meine; denn ich begreife seine Betrübnis durchaus nicht.
    Herr Ritter, sagte Schakepeh, indem er dem alten Beaufort die Hand reichte, Ihr wißt es, ohne daß ich Euch jetzt zu schmeicheln brauche, wie wir Bürger Euch achten und lieben. Ich hasse den Adel nicht, so vielfachen Verlust ich auch durch Edelleute und ihre Wortbrüchigkeit erlitten habe. Oft hat uns der Adel geschützt, und mehr wie einmal im Kriege gerettet; – aber diese Großen, diese höchsten und prinzlichen Edelleute, die unserm Fürsten am nächsten stehn, diese Croys, die Etampes, Nivernois, zu diesen können und sollen wir kein Vertrauen fassen. Diese Geldgierigen, die die Liebe unsers Fürsten, das Glück des Landes, Krieg, Elend und Teurung, Bündnis mit Fremden und alle Umstände immer nur benutzt haben, sich zu bereichern, diese sind weder Adlige noch Bürger des Landes. Sie kennen kein Vaterland, sie wollen und lieben nur sich. Immer verschwendend, scheinbar großmütig, und immer wieder knickernd, wuchernd, wie der Jude, und lieblos ihre Vorrechte und Stellung zum Lande nur zu Erpressungen benutzend, sind sie die, welche die Kräfte unsers Herzogtums eigennützig wegsaugen. Denkt an mich, wenn dieser gemütlose vornehme Herr uns erst völlig unglücklich macht.
    Wie kann er es? sagte Beaufort; wer würde ihm darin beistehen?
    Ich verlasse mich sonst auch auf die Vornehmen nicht, sagte Peter Carrieux; aber bei dieser Gelegenheit kann er doch nur seinen Vorteil finden, sich dem Bischof zu widersetzen.
    Ihr sprecht auch, Freund Schakepeh, fiel Josset ein, als wenn die großen Herren gar kein Gewissen hätten, keinen Gott glaubten und keine Strafe fürchteten.
    Sie haben ihr eignes, abgerichtetes Gewissen, sagte Schakepeh, das auf jeden Fall ganz anders als unser bürgerliches aussieht. Es hat ein Wesen wie das Chamäleon, und spiegelt alle Farben. Ihr Gewissen ist, ihren Stamm groß und reich zu machen, ihr Blut für eine ganz andre Brühe zu halten, als die in den Adern der übrigen Menschen gärt, ihre Ehre über alles zu schätzen, und sie aufrecht zu halten, sich auch vor keiner Niederträchtigkeit zu fürchten; am meisten hilft es aber dazu, Geld und immer nur wieder Geld zu sammeln, auf allen Wegen und durch alle Mittel. Da unser Herr aber, so weise er ist, zu Zeiten ein Verschwender ist, so sind sie es auch, machen Schulden, und treiben wieder, wo sie nur können, ihre Verluste ein, und denken weder an Gewissen, Gott, Strafe noch Religion.
    Er ist ein Menschenfeind geworden, sagte Josset, und heut hat er wieder die Laune des Widerspruchs. Beaufort aber war nachdenklich geworden, und die überwallende Freude Carrieux' war auch verstummt.

Ein junger Mensch, Caspar, ein Verwandter des Gastwirtes Josset, trat jetzt herein und sagte: Denkt euch, meine Herren, die seltsame Geschichte! In seinem Gefängnisse hat sich der alte Maler Labitte mit einem Federmesser die Zunge abgeschnitten. Es ist ihm zwar nicht ganz gelungen, aber er ist doch so verwundet, daß er kein Wort sprechen kann.
    Alle waren betrübt, und in seinem Mitleid sagte Carrieux auf seine zornige Weise: Im Glück und Unglück bleibt der Labitte ein alter Esel. Mit Recht nennen sie ihn den blödsinnigen Abt. Einfältiges Menschenkind. Er bildet sich nun ein, er kann und braucht in den Verhören nichts zu beantworten, er kann nun nichts gestehn, weder von sich noch von andern. So sehr hat ihm die Angst alle Besinnung genommen, daß er vergißt, wie er doch schreiben kann, und wie sie ihn dazu schon anhalten werden.
    Freund Carrieux, sagte Schakepeh mit einem so weichen Ton, daß es schien, er müsse gewaltsam seine Tränen zurückhalten, ihr seid selbst heut am Tage ein wenig einfältig. Der gute Alte, einer meiner liebsten Freunde, einer der edelsten Menschen, die ich je gekannt habe, in seiner Todesangst hat er nicht so ganz den Verstand verloren, wie Ihr es glaubt. Er hat sich die Sprache geraubt, um den Elenden nicht auf der Folter antworten zu dürfen; mit dieser müssen sie ihn doch mindestens verschonen, wenn er ihnen schriftlich Antwort geben soll. O der kläglichen Zeit, wenn unbescholtene, tugendhafte Bürger auf dergleichen List und Auskunft verfallen müssen, um nur ihre Glieder zu retten, daß sie ihnen nicht unter unduldbaren Qualen zerrissen

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