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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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er täglich seinen Arbeitern und Untergebenen auszahlen. Hier darf er niemals im Rückstande sein, und eine einzige versäumte Woche würde ihn verderben. So ist es mit dem Holzhändler und Tuchwirker ebenfalls. Wagten sie es, ein solches großes Kapital auf einmal ihrem Geschäfte zu entziehen, so würden sie plötzlich allen Kredit verlieren, wenn die andern Bürger es erführen. Darum ist ihr Reichtum nur scheinbar so groß, da immerdar große Summen ausströmen, und sie auch für den Fall sorgen müssen, wenn auswärtige Zahlungen nicht eintreffen, oder Kaufleute, von denen sie zu fordern haben, bankrott machen. Dazu kommt noch, mein gnädiger Herr, daß alle diese Menschen Euch, was ihnen nicht zu verargen ist, weniger als andern vertrauen, eben weil Ihr so reich, mächtig und groß, und gewissermaßen der erste nach unserm Fürsten seid. Sie haben keine Mittel in Händen, das Ihrige wiederzuerhalten, wenn es Euch durch die Umstände unmöglich fällt, ihnen nach Bequemlichkeit zurückzuzahlen.

Der Graf lachte und sagte: Ich verstehe Euch, Beaufort, und Ihr denkt natürlich ebenso, und ich darf es Euch ebenfalls nicht verargen. So seid Ihr nun, Ihr zu treuherziger Ritter, dem ich wahrlich Dank schuldig bin; Ihr denkt so arg von uns, und noch mehr Eure Bürgersleute und Zunftmeister. Freilich kann das Darlehn oft nicht zurückgegeben werden. Ist es darum verloren? Kann ich Euch nicht Gunst gewähren, Privilegien? Euch dahin weisen und stellen, wo Ihr vierfach das von andern gewinnt, was Ihr vielleicht an mir verlieren müßt? Ich spreche so aufrichtig, weil ich Euch kenne und achte.
    Hoher Graf, sprach Beaufort etwas verlegen, Ihr habt es selbst schon gesagt, daß für uns dergleichen nicht paßt. In welche weite und ungewisse Distrikte wurde uns ein solches Treibjagen führen! Wieviel Freundschaften müßten wir erwerben, um nur sicher zu werden, wie viele heimliche Feindschaften würden uns zu untergraben suchen.
    Ich wäre nicht in dieser Verlegenheit, sagte der Graf, wenn die Vermählung meiner Schwester mich nicht ganz ausgeplündert hätte. Bare Summen, die ich zahlen, prächtige Feste, die ich geben mußte, und durch welche tausend sich reich gemacht haben. Was helfen mir für den Augenblick meine großen, unermeßlichen Güter und Schlösser? Diejenigen, die für vorgeschossene Summen sich auf zwei Jahr meiner Einkünfte bemächtiget haben, darf ich, meiner eignen Ehre wegen, nicht verdrängen, sie genießen ebenfalls des höchsten Schutzes. So verwickelt eins das andre, und Ihr, die Ihr uns vielleicht aus der Ferne beneidet, wißt nicht, wieviel Drangsal und Verdruß aller Art uns zur Last fällt. Auch kann ich die Gnade des Herzogs nicht immer in Anspruch nehmen, zu welchem schon alle Augen gierig hingerichtet sind.
    Freilich hat jeder Stand seine Beschwerde, sagte Beaufort; aber einem erlauchten Fürsten muß es immer leichter fallen, als einem gewöhnlichen Privatmanne, diese Hindernisse zu besiegen. Ich sehe also wohl, Gnädigster, ich muß auch in diesem Jahr die schrecklichen Wucherzinsen für Euch zahlen, die mir schwerfallen werden, da Ihr, nach Euren Äußerungen, meine Bürgschaft jetzt noch nicht auslösen könnt.
    Guter Beaufort, sagte der Graf, es ist das wenigste, was Ihr für mich tun könnt, da Ihr mir jene größere Summe nicht schafft, auf die ich gerechnet hatte. Gehabt Euch wohl, Freund, und speiset morgen mit mir; ich werde auch einige andere von eurem Adel einladen lassen.
    Beaufort entfernte sich, froh, daß er nicht einen härtern Stand, den er gefürchtet, gehabt hatte. Er begab sich noch zu der Gesellschaft der Bürger, die sich beim reichen Josset, im großen Hause, versammelt hatte, nachdem sie der Graf Etampes beurlaubt hatte. Man stritt eben mit dem heftigen Carrieux, der mit der Rede und Verheißung des Grafen sehr unzufrieden war, weil er sie zu unbedeutend fand. So machen es diese Herren, rief er jetzt, sie wollen es mit niemand verderben, und wer dieser Weise folgt, muß immer den Besseren schädlich werden. Er wird sich nun so hin und her winden, daß er gar nichts tut, und bei dieser scheinbaren Klugheit und Unparteilichkeit müssen die listigen Pfaffen gewinnen. Und Schakepeh! – hat er sich wohl im Zuge sehen lassen? – Ist er wohl hergekommen, wie wir ihn doch luden? – Wenn die Bürger selbst so gleichgültig gegen die Verletzung ihrer Rechte sind, so arbeiten sie ja ihren Feinden in die Hände, und wir dürfen uns nicht verwundern, wenn der Adel uns ganz

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