Hexensabbat
sie.
»Unser Joghurt, unser Haus, unser Straßenfest«, korrigierte er sie.
»Du kannst mich mal!«
»Null Bock!« antwortete er und stellte sich kurz vor, wie ihr Notstand explodierte, weil er sie nicht mehr rannahm. Ihm pressierte es nicht. Er hatte Ersatz. Er hatte Zeit.
»Null Bock?« wiederholte sie. Sie grinste dabei, als ginge ihr plötzlich ein Licht auf. »Stimmt ja! Du kannst mich nicht«, und sie richtete die Hand steil auf und ließ dann die Finger abklappen. Es war dieselbe Handbewegung, mit der er sie manchmal zu bremsen versuchte, wenn sie unwichtiges Zeug brabbelte. Aber sie meinte es anders, sexuell, und er kapierte das sofort. »Dreckstück!« sagte er.
»Viel Vergnügen beim Backen«, sagte sie. »Du brauchst zwei Kilo Gemüsezwiebeln, du mußt sie in Ringe schneiden. Wenn du nicht weißt, wie das geht, hilft dir vielleicht deine Fußpflegerin.«
»Ich bin mit dir verheiratet. Willst du uns in der ganzen Straße unmöglich machen?«
»Ich?«
»Du wirst nichts erreichen auf die Tour. Gar nichts.«
Sie drehte sich um und ging hinaus, dabei summte sie. Er erkannte die Melodie: »Ramona, zum Abschied sag ich dir good-bye …« Er hätte ihr den Plastikbecher samt Löffel hinterherwerfen mögen, oder die Vase mit den blaßgelben Röschen, er haßte diese pastelligen Sträuße, ob sie sich den selbst gekauft hatte? Er hätte wirklich fast danach gegriffen und die Ladung gegen ihren arrogant durchgedrückten Steiß geworfen, aber in letzter Sekunde fiel ihm sein wollweißer Teppichboden ein. Wenn das Blumenwasser nicht frisch war, gingen die Flecken nicht raus, und die Rosenthalvase wäre auch hinüber.
Eigentlich war er sich sicher, daß Anna es sich bis Ende der Woche anders überlegen würde. Sie war nicht der Typ, der auf die Meinung der anderen pfiff. Sie konnte es sich gar nicht erlauben. Er wartete bis zuletzt, hatte aber vorsorglich im Feinkostgeschäft angerufen und zwei Bleche Zwiebelkuchen vorbestellt.
»Du kommst dir wohl unglaublich toll vor?« Till schnappte sich den Autoschlüssel. Es war nun Samstag, und Anna hatte gerade den Telefonhörer aufgelegt. »Wir könnten ins Kino gehen, das Straßenfest ist mir zu blöd, also um drei im Cine-dom, tschüs.« Sie besaß tatsächlich die Frechheit, sich heute zum Kino zu verabreden.
»Stört’s dich?« fragte sie zurück.
»Mach nur so weiter! Du wirst dich wundern!«
»Null Bock!« Sie grinste und ließ die Augen an seinem Körper hinabfahren, billig und gemein, sie legte es darauf an, seine Männlichkeit niederzumachen, sie war nicht mehr sie selbst.
Bei Feinkost »Hoss« stellte er fest, daß er seine Brieftasche vergessen hatte, er mußte noch einmal zurückfahren. »Bin sofort wieder da.« Fast hätte er im Hinausgehen eine Kundin umgerannt, ihm war, als ob alle ihm nachstarrten.
Der Zwiebelkuchen aus dem Laden, für den er schließlich zweiunddreißig Mark pro Tablett bezahlte, war mit Lauch und mit Speck angereichert. Keiner würde glauben, daß Anna den gebacken hatte. Anna machte seit Jahren immer denselben Teig und denselben Belag. Und die Mutzenmandeln aus der Bäckerei hatten die gleichmäßige Form von fertig gekauftem Gebäck, sie waren je hundert Gramm in Tütchen abgepackt. Er kaufte zehn Stück davon und füllte sie zu Hause in die Schüssel, die sie immer benutzten; die Schüssel wurde nur halbvoll, aber das war jetzt auch egal.
»Es tut mir leid«, entschuldigte er sich bei den Frauen am Verkaufsstand. »Meine Frau fühlte sich nicht wohl.« Er ließ offen, wofür er sich nun wirklich entschuldigte, ob für die halbleere Schüssel oder für seine Verspätung oder für das Unwohlsein Annas.
»Natürlich«, sagte die Gemeindeschwester, die auch dort half. »Aber Sie kommen doch? Um drei Uhr fangen wir an.«
»Sicher«, antwortete Till. Es war exakt die Zeit, für die Anna sich verabredet hatte. Keine hatte das Recht, ihn so bloßzustellen.
Anna kam nach dem Kino doch noch zu dem Fest. Es war kurz nach sieben, als sie auftauchte. Die Verkaufsbude draußen auf dem Plätzchen war schon geschlossen, abends wurde im Kindergarten »Kunterbunt« weitergefeiert. Die Räume lagen im Tiefparterre des Hauses, in dem die Gemeindeschwester wohnte. Eigentlich war es ein ausgebauter Keller, für diesen Tag war er ausgeräumt und karnevalistisch geschmückt worden. Es gab Bier und Schnittchen, gerade wurde das erste Faß angestochen.
»Deine Frau«, sagte einer und stieß Till an.
Die meisten Frauen hier in der
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