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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegrit Arens
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Straße hatten kleine Kinder und brachten sie gerade ins Bett, die Männer waren quasi unter sich, deshalb fiel Anna auf. Und Ramona fiel auf. Sie sollte endlich Rüben schlafen legen, der Junge quengelte Till in einem fort an »ich will einen Lutscher« und »du hast mir aber die Hero-Turtle-Kassette« versprochen; es war Till ausgesprochen peinlich.
    Als Anna durch die Tür kam, war er gerade damit beschäftigt, Ramona klarzumachen, was er von dieser Szene hielt. Kurz und bündig, in einem Satz: »Ich kann mir keinen Tratsch leisten!« Aber sie redete immer weiter, und ein paar Leute guckten schon.
    Anna beachtete Till nicht. Sie nickte und lächelte reihum, ließ sich ein Bier zapfen, ein paar Kerle stürzten auf sie zu. Solche Typen gab es überall, kaum hatten ihre eigenen Frauen ihnen den Rücken zugekehrt, balzten sie los, und Anna war nicht häßlich, weiß Gott nicht. Natürlich war Till klar, daß sie ihm eins auswischen wollte. Sie benahm sich, als wären er und Ramona und deren Sohn eine Dreckpfütze mitten im Raum, um die man einen Bogen macht und sich die Nase zuhält. Kindisch! Im Grunde war das kindisch.
    »Ist deine Alte sauer?« fragte der Nachbar, der eben gemeldet hatte, »deine Frau kommt!«
    »Quatsch!« sagte Till und griff fast grob nach Ramonas Handgelenk. »Sie sollten Ihren Sohn schlafen legen, Frau Koller. Das Kind ist überreizt.«
    Till hatte ziemlich laut gesprochen. Anna drehte sich in seine Richtung. Jetzt, dachte er und tat einen Schritt auf sie zu. Sie waren verheiratet, sie hatten das Haus in dieser Straße, es ging ihnen gut, er verdiente blendend, noch letztes Jahr hatte er Anna ein eigenes Auto kaufen wollen, einen schicken kleinen Flitzer, sie hatte nicht gewollt, es lag nicht an ihm, sie fuhr lieber mit ihrem alten Hollandrad durch die Gegend, sie könnte auch ein City-bike haben, von »Peugeot« gab es Topmodelle, es lag nicht an ihm …
    »Tschüschen! Bis gleich!« Das war schon halb in seinem Rücken, aus den Augenwinkeln sah er Ramona winken und davonhöckeln. Sie trug diese hochmodischen Plateausohlen aus Kork, höher als sein Handrücken, sie konnte nicht gehen auf den Dingern, es sah peinlich aus. Er antwortete Ramona nicht, hier neben ihm auf dem Straßenfest war nicht ihr Platz, vielleicht begriff sie es so.
    Er sah aufs neue Anna an.
    Anna sah ihn an. Sie lächelte.
    Er lächelte schon zurück. Na bitte. Er tat noch einen Schritt auf sie zu. Sie auch, es sah aus, als ob sie auf ihn zukommen wollte. Dabei fuhr sie sich mit der Hand in den Nacken, es war eine reizvolle Geste, wie sie das volle schwarze Gekräusel anhob und den schlanken Hals freilegte, sie hatte einen ausgesprochen schönen Hals. Er erinnerte sich, daß ihn einmal die Lust überkommen hatte, in diese weiße Haut mit dem bläulichen Adernetz hineinzubeißen, er hatte das Pochen an seinen Lippen gespürt, es hatte ihn aufgeregt. Aber natürlich hatte er es nicht getan, sie hätte ihn für pervers gehalten, sie konnte sehr ätzend reagieren, auch früher schon.
    »Sind dir die Lollis ausgegangen?« fragte Anna und lächelte fröhlich weiter. Ich hätte zubeißen sollen, aber richtig, fuhr es Till durch den Kopf. Er starrte auf das Pochen an ihrem Hals, abrupt wandte er sich ab und ging nach nebenan, dort sollte getanzt werden. Fast wäre er über ein paar lose Kabelstrippen gestolpert, die Musikanlage mußte noch fertig installiert werden.
    »Scheiße! Das ist ja lebensgefährlich!« Till stützte sich an der Wand ab, ihm war regelrecht übel geworden.
    »Was ist denn mit dir los? Pack mal lieber mit an!« Hannes arbeitete beim WDR und hatte die Disko übernommen, zusammen mit seinem Sohn, der sortierte schon Schallplatten und Disks, gleich ging es los.
    Till lehnte noch immer an der Wand, das Neonlicht war ausgegangen, und es leuchteten nur noch die Partylichter, rot und grün und blau. Es gab sogar eine Lichtorgel, die das Licht hochzucken und wieder abschwellen ließ, je nach Song.
    Die Lichtstränge wogten sanft auf und ab. »Both Sides« war ein Kultsong geworden und von Phil Collins. Wieso mußte dieser Lümmel von Hannes ausgerechnet damit anfangen?
    Till spürte es sofort, als Anna den Raum betrat. Gleich nach den ersten Takten kam sie herein, wippend und Hand in Hand mit einem, über den sie sich noch neulich lustig gemacht hatte: »Sieh dir dieses Hemd an, ein Papagei ist blaß dagegen.« Nun schwofte sie mit dem Papageien-Typ über das Linoleum und hatte ihren Phil-Collins-Schwärmerblick

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