Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
bekannt, wollte Oberstaatsanwalt Dr. Hollerbach aus ermittlungstaktischen Gründen keinen Kommentar abgeben. Die Kriminalpolizei bittet die Bevölkerung um sachdienliche Hinweise. Die Bürger können sich an jede Polizeidienststelle wenden.«
Ach, ist das herrlich!, jubilierte Vicki.
Sie streckte sich aus und tauchte fast völlig in das warme, nach Honig duftende Wasser ein. Prustend befreite sie sich von den Schaumfetzen, die sich über Mund, Wangen und Kinnpartie gelegt hatten wie ein Rauschebart.
Die Bullen haben keinen blassen Schimmer!, sagte sie sich. Kein Wunder, denn ich habe zwei perfekte Morde begangen! Vielleicht sollte ich einen Thriller darüber schreiben. Natürlich so verfremdet, dass niemand einen Zusammenhang zu den realen Ereignissen herstellen kann.
Vicki gab Shampoon auf ihre Haare und massierte sanft die Kopfhaut.
Gar keine schlechte Idee. Vielleicht ein spannender Wirtschaftskrimi, in dem der Protagonist die illegalen Machenschaften dubioser Wirtschaftsbosse aufdeckt und die Schuldigen mit dem Tode bestraft. Wäre allemal billiger, als diese skrupellosen Machos in den Knast zu stecken und sie jahrelang auf Kosten der ausgebeuteten Allgemeinheit durchzufüttern.
Zumal sich diese Verbrecher in Nadelstreifen die teuersten Anwälte leisten können und deshalb womöglich gar nicht in den Knast einfahren müssten. Nee, dann doch lieber diese Typen gleich richtig plattmachen. Ist gerechter und billiger!
Inzwischen war es dunkel geworden. Als der Twingo hinter Hohenecken den Walzweiher passierte, spiegelte sich der Vollmond in der Wasseroberfläche des langgestreckten Sees und überzog ihn mit silbernem Mondschein.
Doch Vicki nahm dieses Naturphänomen überhaupt nicht wahr. Sie hatte nur ihre Armbanduhr und den Tacho im Blick. Zu Hause hatte sie zu lange herumgetrödelt. Und nun wurde die Zeit knapp. Sie wollte nicht zu spät kommen, denn sie hasste Unpünktlichkeit. Natürlich hätte sie zu ihrer Verabredung auch eine Viertelstunde früher oder später erscheinen können, aber das wollte sie nicht. Die Uhrzeit war festgelegt – und damit basta!
Auf der B 270 holte sie alles aus ihrem Kleinwagen heraus, was an Leistung in ihm steckte. Nach Schopp verließ sie die Bundesstraße, passierte Geiselberg sowie Heltersberg und schwenkte fünf Kilometer nach dem Ortsende in einen in Richtung Leimen abzweigenden Forstweg ein.
Durch ihre rasante Fahrweise hatte sie viel Zeit aufgeholt und konnte ihr Auto nun bedeutend langsamer und vorsichtiger steuern. Das war auch notwendig. Sie war schon öfter diesen Weg gefahren und wusste, dass hier nachts mit allem zu rechnen war. Mit abgebrochenen Ästen, Felsbrocken, gefährlichen Schlaglöchern, ja, sogar mit Rehen, Hirschen und Wildschweinrotten, die besonders gerne im Mondschein unterwegs waren.
Vicki kurbelte die Seitenscheibe herunter und sog in tiefen Zügen, die kühle, würzige Waldluft ein. Als sie am rechten Wegrand frisch geschlagene, aufgeschichtete Langholzstämme passierte, stieg ihr ein kräftiger, harziger Douglasienduft in die Nase.
Einem spontanen Impuls folgend, legte sie eine Vollbremsung hin. Reflexartig schaute sie in den Rückspiegel, wo die aufflammenden Bremslichter die Bäume und Sträucher in einem gespenstischen Rotton kolorierten.
»Mmm, riecht das gut«, schwärmte sie mit geschlossenen Augen. Dann trat sie das Gaspedal durch und brauste mit durchdrehenden Reifen los. Beide Hände fest am Lenkrad starrte sie hochkonzentriert in die Lichtkegel der Fernscheinwerfer, die grelle Löcher in die Finsternis hineinfraßen. Der Waldweg geleitete sie direkt zu der am Fuße des Hahnenkopfs gelegenen Jagdhütte, deren Vorderfront vom flackernden Lichtschein eines riesigen Lagerfeuers erhellt wurde.
»Sie haben es schon im Radio gebracht«, rief Lotte und stürmte gemeinsam mit Rolla auf ihre Freundin zu.
»Ja, ich weiß, ich hab’s auch gehört«, gab Vicki betont gelassen zurück.
Die Todesschützin stieg aus, umarmte die beiden Frauen und klatschte sich mit ihnen ab. Wangenküsschen waren bei den alten Freundinnen verpönt.
»Wir sind total stolz auf dich, Schwesterherz«, tönte Lotte.
»Und wie war’s? Los, erzähl schon«, drängte Rolla.
»Gemach, gemach, Mädels«, wehrte Vicki ab. »Ich brauch jetzt erst mal ein Bier. Und wenn ich das hab, setzen wir uns wie früher ans Lagerfeuer. Dann erzähl ich euch ausführlich, was ich heute Abend schon so alles angestellt hab. Mannomann, was hab ich für einen Brand. Bier her, Bier
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