Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
nahm einen Butterkeks aus der Packung, die Dr. Schönthaler vorhin ziemlich unorthodox aufgerissen und auf den Couchtisch gestellt hatte, und steckte ihn in den Mund. »Diese beiden Männer scheinen sich ihren Kolleginnen gegenüber eher ausgesprochen defensiv verhalten zu haben und wurden, jedenfalls nach allem, was ich erfahren habe, niemals zudringlich.«
»Drei jeweils tödliche Schüsse von einem Heckenschützen in die Lendengegend der männlichen Opfer. Und wir sehen nach wie vor kein konkretes Tatmotiv«, lamentierte Tannenberg zum x-ten Mal.
Er drückte sich von der Ledercouch in die Höhe und stapfte wie Rumpelstilzchen durch das geräumige Wohnzimmer seines Freundes. Beschwörend warf er die Hände zur Zimmerdecke empor. »Auch fünf Tage nach dem ersten Mordanschlag stehen wir noch vor einem riesigen Rätsel. Was für ein Wahnsinn! Warum muss immer ich solche verzwackten Fälle bearbeiten?«
»Jedem so, wie er’s verdient«, frotzelte Dr. Schönthaler. »Vielleicht hast du es ja diesmal mit perfekten Morden zu tun.«
»Perfekte Morde gibt es nicht.«
»Und wenn doch?«
Tannenberg wischte die Bemerkung mit einer energischen Geste beiseite. Seine Augen leuchteten plötzlich auf. »Ach, übrigens, werte Kollegen, damit es erst gar nicht so weit kommt, habe ich mir vorhin etwas Geniales einfallen lassen«, tönte er.
»Zu was soll es nicht kommen?«, hakte Michael verständnislos nach.
»Zu«, Tannenberg malte Gänsefüßchen in die Luft, »perfekten Morden.«
Der Rechtsmediziner zog spöttisch einen Mundwinkel nach oben. »Du und genial? Na ja, wir wissen alle, dass die Selbstüberschätzung dein bester Freund ist.«
Der Leiter des K 1 ließ den Kommentar des Gastgebers an sich abprallen. »Nachdem ich heute Morgen den Mohnkuchen gekauft hatte, wurde ich mitten auf dem Wochenmarkt von einer Inspiration heimgesucht«, prahlte er unverdrossen.
Tannenberg grinste wie ein Honigkuchenpferd. »Nach dieser göttlichen Eingebung bin ich nach Hause gespurtet, habe mein Auto gestartet und bin nach Landstuhl ins Sankt-Johannis-Krankenhaus gefahren, wo ich mit den behandelnden Ärzten ein intensives Gespräch geführt habe.«
Dr. Schönthaler konnte nicht glauben, was ihm da gerade zu Ohren gekommen war. »Was, du bist freiwillig zu Kreilinger gefahren? Und hast ihm womöglich auf der Intensivstation das Händchen gehalten? Nee, das glaube ich nicht.«
Wie bei einer Marionette pendelte der Kopf des Pathologen wild hin und her. »Nee, Wolf, also wirklich. Das ist für mich genauso unvorstellbar wie deine Mitgliedschaft in einem Bayern-Fanclub.«
»Bayern-Fanclub?« Tannenberg schüttelte sich. »Bäh, bei dieser Vorstellung wird mir kotzübel. Nein, ich war nicht bei Kreilinger, sondern bei seinen Ärzten«, stellte er klar.
»Und wie geht’s ihm?«, fragte Sabrina.
»Besser. Jedenfalls bedeutend besser als offiziell bekannt ist. Er wird seine schwere Schussverletzung wohl mit hoher Wahrscheinlichkeit überleben.«
»Unkraut vergeht eben nicht«, kommentierte Dr. Schönthaler.
Tannenberg lächelte verschmitzt. »Ich habe den Ärzten ein Versprechen abgenommen.«
»Und welches?«, fragte der Rechtsmediziner. »Haben dir meine Kollegen von der Frischfleischfraktion etwa versprochen, dass sie doch noch einen tödlichen Kunstfehler begehen werden?«
Genervt verdrehte Tannenberg die Augen. »Die Ärzte haben mir absolute Diskretion in jegliche Richtung zugesichert.«
Michael Schauß roch den Braten. »In welcher Beziehung?«
Sein Chef gestattete sich ein schalkhaftes Lächeln. »Eigentlich müsste inzwischen schon die Meldung von Kreilingers Ableben über die Nachrichtensendungen verbreitet werden.«
»Was hast du?«, stieß Mertel entgeistert aus.
»Da staunst du, Karl, was? Meinst du etwa, nur du könntest mit Überraschungen aufwarten?«, höhnte Tannenberg.
Er stopfte sich zwei Kekse auf einmal in den Mund und bewässerte sie mit einem kräftigen Schluck Cappuccino. Nachdem er die Masse hinuntergeschluckt hatte, ließ der Leiter des K 1 schmatzend die Katze aus dem Sack: »Ja, liebe Kollegen, ich habe die Ärzte überzeugen können, dass wir aus ermittlungstaktischen Gründen unbedingt die Falschmeldung von Kreilingers Tod lancieren müssen, um den Täter in Sicherheit zu wiegen. Nach anfänglicher Weigerung haben sie schließlich eingelenkt. Natürlich habe ich sie ganz offiziell zu striktem Stillschweigen verdonnert.«
Dr. Schönthaler schob die Unterlippe vor und nickte anerkennend. »Gar
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