Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
keine schlechte Idee, Wolf. Dadurch wiegen wir die Täterin in Sicherheit und sie begeht aus Erleichterung oder Übermut vielleicht einen folgenschweren Fehler.«
»Genau darauf hoffe ich«, entgegnete Tannenberg. »Egal, was daraus wird, es ist auf alle Fälle einen Versuch wert. Selbstverständlich nehme ich die Sache ganz auf meine Kappe!« Er seufzte. »Wenn der Schuss nach hinten losgeht, habe ich eben Pech gehabt und kann nur darauf hoffen, dass mir unsere neue Staatsanwältin die Stange hält.«
»Apropos Staatsanwaltschaft«, mischte sich Michael Schauß ein. »Rainer, wir müssen uns auf die Socken machen. Um 18 Uhr beginnt Hollerbachs Abschiedsfeier.«
Der junge Kommissar deutete zuerst auf seine Jeans und dann auf seine schwarze Lederjacke. »In solchen Klamotten können wir dort nicht aufkreuzen, sonst wirft uns der Polizeipräsident höchstpersönlich raus.« Sein Blick schwenkte hinüber zu seinem Chef. »Du hast dich ja erfolgreich von dieser Veranstaltung gedrückt.«
»Indem er sich freiwillig den Wochenend-Bereitschaftsdienst aufgehalst hat«, erklärte Mertel.
»Das ist für mich bei Weitem das kleinere Übel, kann ich dir versichern. Außerdem gab es absolut keine Alternative dazu. Soweit käm’s noch, dass ausgerechnet ich an Hollerbachs Selbstdarstellungsshow teilnehme!«, polterte Tannenberg.
Der Chef-Ermittler schnaubte wütend. »Mir eine Einladung zu schicken war eh die reinste Provokation.« Er grinste breit. »Den Fetzen habe ich in tausend Stücke gerissen und ins Klo geworfen.«
Tannenberg redete sich richtig in Rage: »Dieser Depp hat doch nicht alle Tassen im Schrank«, spie er wie Feuer aus. »Wieso riskiert er durch die Einladung an seinen Erzfeind, dass der ihm mit einem Rieseneklat die Jubelfeier versaut? Weshalb holt er sich freiwillig potenziellen Ärger ins Haus? Das verstehe wer will, ich jedenfalls nicht.«
»Ich schon«, sagte Dr. Schönthaler. »Der Hohl-Hohl-Hollerbach hat damit genau das erreicht, was er wollte: Er wollte dich ein allerletztes Mal richtig verärgern. Was er ja geschafft hat, wie man gerade deutlich erkennen kann.«
»Woran?«
»An deiner knallroten Birne, mein Freund. Eine Fleischtomate ist dagegen blass wie ein Leichentuch.«
12
Unmittelbar nach Abpfiff des Spiels, das erfreulicher Weise mit einem Auswärtssieg des pfälzischen Traditionsclubs endete, setzte Dr. Schönthaler seinen Freund vor die Tür, schließlich musste er sich für die Abschiedsfeier des Oberstaatsanwaltes noch angemessen in Schale werfen.
Augenzwinkernd wünschte ihm der fußballbegeisterte Leiter der Kaiserslauterer Mordkommission einen wunderschönen Abend, dann verließ er das Haus des Rechtsmediziners und machte sich auf den Weg zu seinem nur einen Steinwurf entfernten Elternhaus in der Beethovenstraße.
Kurt, der tapsige, aber nichtsdestotrotz aufmerksame Familienhund der Tannenbergs, hatte sein Herrchen bereits auf dem Bürgersteig identifiziert. Diese schlurfenden Schritte waren Musik in seinen Ohren. Schwanzwedelnd und jaulend erwartete er ihn vor der Tür der Parterrewohnung.
»Herzlichen Glückwunsch zum Klassenerhalt, Junior«, empfing Jacob seinen jüngsten Sohn und umarmte ihn wie einen Kriegsheimkehrer nach jahrelanger russischer Gefangenschaft.
»Glückwunsch zurück.«
»Gott sei Dank ist dieser verfluchte Abstiegskelch noch einmal an uns vorübergegangen.« Erst jetzt lockerte der kräftige alte Herr seinen schraubstockartigen Griff, beließ aber die Hand auf der Schulter seines Sohnes.
»Komm zu uns rein«, lud der Senior ein. »Wir feiern den grandiosen Triumph mit einem Weizenbier und gucken uns gemeinsam in der Sportschau die Zusammenfassung der Spiele an. Heiner und Tobi sind auch da.«
Im Wohnzimmer klatschte sich Tannenberg mit seinem Bruder und seinem Neffen ab. Dann schenkte er sich ein Kristallweizen ein, veredelte es mit einer Zitronenscheibe und stieß mit den anderen FCK-Fans auf den sicheren Tabellenplatz an, der in dieser Saison den Nicht-Abstieg garantierte.
»Vorhin haben sie im Radio gemeldet, dass dein alter Freund Kreilinger im Landstuhler Krankenhaus seine schwarzen Essenmarken abgegeben hat«, verkündete Jacob, nachdem er sich mit dem Handrücken den Schaum von seinem grauen Schnurrbart gewischt hatte. »Und zwar ohne, dass er vorher noch einmal das Bewusstsein erlang hätte.«
Wenn unser Sherlock Holmes aus der Beethovenstraße diese Falschmeldung schluckt, tun es die anderen bestimmt auch, freute sich Tannenberg im
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