Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Pathologe ein. »Am Ende muss unser allseits beliebter Kosmopolit zurück in die von ihm so ungeliebte pfälzische Provinz. Gnade uns Gott, was der dann aus Frust bei uns veranstalten wird.«
»Warum geht’s denn eigentlich nicht los?«, fragte Sabrina. Sie faltete einen Zettel mit dem geplanten Ablauf der Veranstaltung auseinander und warf einen raschen Blick auf ihre Armbanduhr. »Eigentlich sollte der Landgerichtspräsident schon vor fünf Minuten mit seiner Eröffnungsrede begonnen haben.«
»Ach, diese läppischen fünf Minuten«, meinte ihr Mann gelassen. »Die Superstars kommen doch immer ein bisschen später.«
Sabrina reckte den Hals und sah sich suchend um. »Wo ist er eigentlich?«, murmelte sie. »Habt ihr ihn heute Abend überhaupt schon mal gesehen?«
Ihr Ehemann schüttelte den Kopf. »Nee, ich jedenfalls nicht.«
»Ich auch nicht«, pflichtete ihm der Rechtsmediziner bei.
»Aber seine Gattin ist da«, ergänzte Michael.
Dr. Schönthaler reckte seinen Hals. »Wo?«
Der junge Kommissar wies mit dem Kinn in Richtung einer apart gekleideten Frau, die mit dem Handy am Ohr rechts neben dem Podium stand. Sie zuckte mit den Schultern, sagte etwas zu einem der Rechtsreferendare und nahm wieder in der ersten Reihe Platz.
»Sieht so aus, als ob sie ihren Mann nicht erreicht«, interpretierte Sabrina Schauß ihr Verhalten.
»Vielleicht steckt er irgendwo im Stau oder hat eine Reifenpanne«, spekulierte Michael.
Dr. Schönthaler grinste über beide Ohren. »Oder er steckt gerade stöhnend in seiner jungen Geliebten und pfeift auf diese alberne Hohl-Hohl-Hollerbach-Show.«
»Glaubst du etwa, der Kantinentratsch stimmt und er geht fremd?«, wollte die Kommissarin wissen.
»Er wäre nicht das erste Mal, dass sich der feine Herr Gerichtspräsident mit knackigem Frischfleisch vergnügt und auf seine Alte pfeift.«
Sabrinas Miene drückte Missbilligung aus. »Also manchmal hast du eine Ausdrucksweise, die hart an der Grenze ist«, rüffelte sie.
»Aber eben nur hart«, konterte ihr Nebenmann. Grinsend rückte er seine Fliege zurecht und zupfte anschließend die Hemdärmel aus seinem Sakko.
Der Oberbürgermeister der Barbarossastadt betrat die Bühne und begann mit einer Laudatio. In höchsten Tönen lobte er den scheidenden Oberstaatsanwalt und bezeichnete Dr. Sigbert Hollerbachs Abgang als nicht zu kompensierenden Verlust für die Kaiserslauterer Justizbehörden.
»Was will denn ausgerechnet der Kerl jetzt hier?«, stieß Dr. Schönthaler verwundert aus, als er Tannenberg in seinem linken Augenwinkel auftauchen sah.
Seine Begleiter rissen die Köpfe herum.
»Vielleicht hat er Sehnsucht nach uns gehabt«, meinte Michael.
»Oder nach seinem Busenfreund«, ergänzte der Pathologe.
»Aber umziehen hätte er sich wenigstens können, oder?«, lästerte Sabrina Schauß.
»Dieser Bauerntrampel passt in dieses noble Ambiente wie ein Penner zum Wiener Opernball«, spottete Tannenbergs bester Freund.
Die Augen der beiden Mitarbeiter des K 1 verfolgten ihren mit Jeans, Turnschuhen und Sweatshirt bekleideten Vorgesetzten, wie er an der Wand entlang zur Ehefrau des Gerichtspräsidenten eilte, sich zu ihr hinabbeugte und ihr irgendetwas zuflüsterte.
Die Frau stieß einen spitzen Schrei aus. Dann kippte sie zur Seite, wo sie geistesgegenwärtig von der Lebensgefährtin des Oberbürgermeisters aufgefangen wurde.
Mit flackerndem Blick scannte Wolfram Tannenberg die Reihen der geschockten Gäste. Als er in einer der hinteren Reihen seine Kollegen entdeckte, versuchte er sie mit wild fuchtelnden Armen auf sich aufmerksam zu machen. Sabrina winkte zurück. Mit einer eindeutigen Geste signalisierte er, dass sie und ihre Begleiter ihm nach draußen in den Flur folgen sollten.
»Was ist denn passiert, Wolf?«, stürmte die junge, sportliche Kommissarin auf ihn zu.
»Es gibt ein weiteres Opfer.«
»Etwa der Gerichtspräsident?«, fragte Michael Schauß.
Tannenberg nickte.
»Es besteht kein Zweifel?«, hakte der junge Kommissar nach.
»Nein, Mischa, ich habe ihn vorhin selbst identifiziert«, entgegnete sein Vorgesetzter. »Außerdem wurde er in seinem eigenen Haus erschossen.«
»Genau wie in den anderen drei Fällen«, bemerkte Dr. Schönthaler sichtlich betroffen. »Das gibt es doch gar nicht. Warum muss denn auch noch dieser Mann dran glauben? Er war doch gar kein so übler Kerl.«
Deprimiert schüttelte Tannenberg den Kopf. »Keine Ahnung, Rainer. Das ist nun schon der vierte Mord innerhalb von nur sechs
Weitere Kostenlose Bücher