Hexenseelen - Roman
des Schattenreiches! Ich bin eure Gebieterin, und so befehle ich euch: Tötet alle, die mir nicht gehorchen wollen!«
Die Dämonenträger setzten sich in Bewegung. Ylva zuckte zusammen, spürte, wie sich das Dunkle in ihr aufbäumte, um die Oberhand zu gewinnen. Oh nein. Sie barg ebenfalls einen Dämon Oyas in sich, der sich dem Befehl der Hexe fügen musste.
Ylva … , rauschte es in ihren Gedanken und rüttelte an ihrem Verstand, tu etwas …
Das Dunkle pulsierte, strömte durch ihre Adern und benebelte ihren Kopf. Das Gefecht um sie herum entbrannte mit neuer Kraft. Gleichzeitig begannen die Dämonenträger, die am Anfang des Kampfes gefallen waren, sich wieder zu regen. Einer nach dem anderen kamen sie
auf die Beine, schwankten und stierten dumpf vor sich hin, wurden angerempelt, strauchelten und erhoben sich dennoch immer wieder.
Ylva! Hilf mir … erlaube mir nicht, deinen Willen zu beherrschen … Das Ringen in ihr wurde stärker, es zerriss sie, nicht nur ihren Geist, sondern auch ihr Inneres. Ein Teil von ihr wollte ruhen, alles aufgeben und endlich Frieden finden. Die Finsternis lockte sie, versprach Erholung und das Ende dieses sinnlosen, alles vernichtenden Kampfes. Der andere Teil rebellierte gegen das fremde Bewusstsein, gegen die Lügen und sanften Versprechungen, obwohl das Dunkle mit jedem Herzschlag an Stärke gewann und sie eroberte. Die Fühler des Dämons krochen durch ihre Blutbahnen, stießen ihr Rückgrat empor zum Gehirn vor. Je mehr sie sich dagegen wehrte, desto schlimmer wurde es, denn jeder Widerstand brachte Qualen. Der Schmerz pochte in jeder Faser ihres Körpers, zwang sie, ihm nachzugeben.
Ylva …
Wie durch einen Schleier beobachtete sie, was um sie herum passierte. Der erste Dämon gewann vollständig die Kontrolle über seinen menschlichen Körper. Sogleich fiel er über die Ziege her, riss sie zu Boden und vergrub seine Zähne in ihrem Hals. Drei weitere Kreaturen taten es ihm gleich und stürzten sich auf das zappelnde und schreiende Tier. Ylva wurde übel, als sie realisierte, was sich vor ihren Augen abspielte. Die Bestien fraßen das arme Ding bei lebendigem Leibe auf!
Sie zwang sich aufzustehen, lief auf sie zu und packte
einen an der Schulter, wurde jedoch mit einem Hieb beiseitegeschleudert. Ihr Kopf schlug gegen den Beton. Als sie sich wieder imstande fühlte, die Welt wahrzunehmen, schrie das Tier nicht mehr, während die vier Kreaturen es weiter ausnahmen. Gierig verschlangen sie das Fleisch, rissen die Gedärme und das Fell in Stücke. Doch die Geräusche schienen von überall herzukommen. Ob nicht nur die Ziege diesem grausamen Schicksal erlag? Es durchfuhr sie eiskalt. Conrad. Wo war Conrad? Sie konnte ihn nicht mehr sehen.
Ylva! , ertönte es erneut in ihrem Inneren. Tu etwas … Verdammt nochmal, tu etwas, sonst werde ich dich dazu bringen, deine Freunde zu töten. Hörst du? Ich werde ihr nicht lange widerstehen können. Mach endlich was!
Aber was? Verzweifelt schaute sie umher.
Nutze … deine Gabe … gegen die Mächtige …
Ihre Gabe? Ylva zwang sich, den Kopf zu wenden - und erblickte das zufriedene Gesicht der Mächtigen, die sich an dem Tod ihrer Feinde ergötzte. Wie sollte Ylvas Gabe da weiterhelfen? Denn eine Hexe besaß keine Gefühle, die ins Schattenreich verbannt werden konnten.
Aber … vielleicht funktionierte es auch umgekehrt? Immer noch hüllten die Nebelschwaden den Gang ein, das Schattenreich stand offen. Und sie war das Portal. Ylva ließ ihrer Intuition freien Lauf. Schlimmer würde es schon nicht kommen. Sie konzentrierte sich, koppelte ihren Geist vom Körper ab, und … es fühlte sich an wie eine Verschmelzung mit ihrem Seelentier. Nur bestand
ein Teil ihres Selbst nicht aus dem Wesen einer Ratte, sondern aus dem Schattenreich, dem weiten, dunklen Nichts.
Beunruhigt beobachtete sie, wie sich ihr Körper, vom Dämon gelenkt, aufrappelte und auf den Metamorph mit den schwarzen Locken zustakste. Doch Ylva erlaubte dem Weltlichen nicht, sie von ihrer Aufgabe abzulenken. Stimmen aus dem Schattenreich hallten zu ihr, flehten um Erlösung, versprachen ihre Dienste. Sie ignorierte die Rufe, drang noch tiefer ein, wurde eins mit dem Nebelschleier. Die Schwaden schienen aus menschlichen Emotionen gewoben zu sein, aus Echos dessen, was den Seelen einst entrissen worden war, um aus ihnen Dämonen zu machen.
Ylva öffnete sich dem Nebel, nahm den Kummer, die Pein und das Unheil in ihre Seele auf, bis sie es kaum noch ertrug. Es bedrängte
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