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Hexenseelen - Roman

Hexenseelen - Roman

Titel: Hexenseelen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Krouk
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bildeten. Es war da, in ihr, jederzeit bereit, sich aufzubäumen. Was nur eines bedeuten konnte: Es wurde stärker, präsenter. Wie viel Zeit hatte sie noch, bis ihr eigener Verstand zu einem Spielzeug in seinen Pranken würde? Hatte sie überhaupt eine Chance, es noch unter Kontrolle zu bringen?
    Ylva schaute zu ihrer Ratte, die sich auf der Fensterbank putzte, konzentrierte sich auf den Nager. Sie musste ihren Zorn zügeln, ihre Gefühle verleugnen, wenn sie den Dämon wieder in seine Schranken weisen wollte. Sei ein Tier!, befahl sie sich.
    Ein Tier …

    Es klappte. Selbstvergessen begann sie sich zu putzen, tat es ihrer Ratte nach. Bevor das Dunkle an ihr Bewusstsein gelangen konnte, schwanden all ihre Empfindungen dahin. Der Groll, die Verzweiflung, die Angst verpufften einfach.
    Albas Stimme holte sie ein, doch sie konnte die Worte nicht mehr auseinanderhalten. Sie verloren jeglichen Sinn. Allein die Sorge, die im Ton der jungen Frau mitschwang, und der Name - Ylva -, der anscheinend zu ihr gehörte, blieben greifbar.
    Eine Hand legte sich auf ihre Schulter. Eine fremde Hand.
    Sie fauchte, warf den Kopf herum und biss zu. Ein spitzer Schrei zerriss die Stille.
    Und fuhr durch ihren eigenen Verstand. Ylva blinzelte und sah Alba, die ihre verletzte Hand an die Brust drückte. Die großen grünen Augen blickten ihr voller Schreck entgegen. »Ylva, was ist in dich gefahren?«
    Ich weiß nicht , wollte sie erwidern, doch ihre verengte Kehle ließ bloß ein Fiepen hindurch. Erst nach mehreren misslungenen Versuchen gelang es ihr, menschliche Laute hervorzubringen. »Es tut mir leid. Bitte, verzeih mir.«
    Zweifelnd musterte Alba sie, als wisse sie nicht, ob sie einen Menschen oder ein Tier betrachtete. Ylva machte einen Schritt auf sie zu, doch Alba wich zurück. Verständlich in Anbetracht dessen, was gerade geschehen war. Niemand streichelte ein bissiges Tier.
    In ihren Augen gehörst du erschossen … Du darfst niemandem
vertrauen. Hörst du? Niemandem! Sie wollen dich bloß wieder einsperren.
    Ylva taumelte zurück, bis sie sich in einer Ecke sicher wähnte, und glitt zu Boden. Den Kopf in den Armen vergraben, kauerte sie sich zusammen. Wie lange würde sie das noch aushalten, diese Gratwanderung zwischen dem Wahnsinn und dem Dämon?
    Ich kann es nicht zulassen, dass ich mich verliere. Nicht an den Dämon und nicht an mein Seelentier. Ich darf nicht …
    »Ylva, es ist schon in Ordnung. Ich war nur etwas erschrocken.« Sie hörte, wie Alba sich neben ihr niederließ, zuerst in einem sicheren Abstand, dann rutschte die junge Frau näher heran. »Für einen Moment dachte ich, du wärst … wie früher. Mehr Tier als Mensch.«
    »Ich fürchte, du hast dich nicht getäuscht. Aber es war die einzige Möglichkeit, den …« Sie schielte zu Roland, der die Szene argwöhnisch beobachtete. »… das Ding zum Schweigen zu bringen.« Ylva formte mit den Lippen das Wort »Dämon«. Die Pupillen in den grünen Iriden weiteten sich. Würde Alba gleich das Weite suchen? Das könnte sie ihr kaum verübeln. Sie wäre auch fortgelaufen, wäre sie bloß imstande, vor sich selbst zu flüchten.
    Doch Alba tat nichts dergleichen. Mit der Hand, auf der sich deutlich die Bissspuren abzeichneten, strich sie Ylva das Haar aus dem Gesicht. »Halte durch.«
    Albas Worte brachten Ylva Zuversicht. Solange sie einen Plan hatte, solange noch Hoffnung bestand, würde sie nicht aufgeben. Genauso, wie Alba nicht aufgab, obwohl der Tod ihr Finn entrissen hatte.

    »Ist alles in Ordnung bei euch?« Roland kam näher und bot ihnen eine Hand zum Aufstehen, doch Ylva sprang ohne seine Hilfe auf die Beine.
    »Alles bestens.«
    Conrad wollte, dass Roland sie bewachte? Sei’s drum. Irgendwas würde ihr schon einfallen, wie sie ihn loswurde, um zusammen mit Alba nach dem Hexenkind zu suchen. Sie schloss das Fenster, ließ sich in den Ohrensessel fallen und zog die Decke bis zum Kinn. Es war verdammt kalt.
    »Was wurde auf der Versammlung im Laden beschlossen?«, wollte sie wissen. »Und was ist mit diesem Jungen? Alfred, nicht wahr?«
    Roland schlenderte zu ihr und lehnte sich an das Sofa, stützte sich mit dem Ellbogen darauf und kreuzte die Beine in Knöchelhöhe. Sein Jo-Jo schnellte regelmäßig hoch und runter. Einige Sekunden lang überlegte er anscheinend, ob er befugt war, die Informationen weiterzugeben, und entschied sich zum Glück dafür. »Alfred konnte nicht gerettet werden. Die Leichenstarre hatte bereits eingesetzt. Aber er ist ein

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