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Hexenspiel. Psychokrimi: Ein Psychokrimi (German Edition)

Hexenspiel. Psychokrimi: Ein Psychokrimi (German Edition)

Titel: Hexenspiel. Psychokrimi: Ein Psychokrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Koch
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nirgends im Haus finden konnte und von der er schließlich angenommen hatte, sie hätte sich wieder einmal im Schlafzimmer eingeschlossen, um zu schlafen. Dann die Geschichte mit dem Polizeiauto und seiner Mutter als Ladendiebin. Und schließlich sein Wutanfall, weil er die Nerven verloren hatte, als ihn Mutter hartnäckig für Vater gehalten und darauf bestanden hatte, dass er jetzt sofort den Christbaum schmücken müsse, weil Julia und Klaus schon ganz ungeduldig aufs Christkind warten würden.
    Da hatte er seine Mutter bei den Schultern gepackt und sie geschüttelt und ihr ins Gesicht gebrüllt: „Wach auf, Mutti, wach endlich auf! Ich bin Klaus! Dein Sohn Klaus! Nicht Vati! Vati gibt’s nicht mehr! Und Julia gibt’s auch nicht mehr! Sie sind tot, Mutti! Beide tot! Gestorben, Mutti, gestorben! Vati vor zwei Jahren, und Julia vor über vierzig! Tot, Mutti, tot! Tot, tot, tot! Begreif das doch endlich!“
    Und seine Mutter hatte ihn nur stumm angestarrt, leise zitternd und voll Angst und Entsetzen, als stünde sie ihrem Mörder gegenüber. Und dann hatte er sie losgelassen, und sie war in ihr Schlafzimmer gegangen, wortlos und mit gesenktem Kopf, und hatte die Tür hinter sich zugesperrt. Und dann hatte er gehört, wie sie laut aufgeschluchzt und dann zu weinen begonnen hatte, kläglich und wimmernd. Und das Weinen war immer leiser und leiser geworden, und dann war Stille.
    Er hatte an ihre Tür geklopft und sie gerufen, aber sie hatte nicht geantwortet. Und nach einiger Zeit hatte er ihr Atmen gehört, ruhig und regelmäßig, manchmal unterbrochen von einem leisen Schnarchen: Seine Mutter hatte sich in den Schlaf geweint wie ein kleines Kind.
    Und er hatte nichts als Scham und Reue gefühlt. Und Zorn. Über sich und über das, was er seiner Mutter angetan hatte. Und gleichzeitig hatte er gewusst, dass er damit Recht gehabt hatte. Er war bestürzt, verwirrt, ratlos. Und auf einmal hatte er das Gefühlgehabt, in diesem Haus nicht mehr atmen zu können. Er war hinausgerannt, hatte sich auf sein Fahrrad gesetzt und war losgerast – nur weg, weg, weg, weit weg von allem! Vergeblich.
    Also, was hätte ihm Christina sagen können, wenn er ihr all das erzählt hätte? Was, das er nicht längst selber wusste: Dass seine Mutter in ein Pflegeheim gehörte, aber dass er ihr das ersparen wollte. Dass ihn seine Mutter zur Verzweiflung brachte, aber dass er sich schäbig vorkäme, würde er sie aus ihrer verschobenen, aber glücklichen Wirklichkeit herausreißen. Hätte ihm Christina einen Weg aus dieser ausweglosen Situation zeigen können? Komm, ich helf’ dir, miteinander schaffen wir’s! Ja, einem besoffenen Basketballspieler den Weg aufs Klo zeigen, das konnte sie. Aber einen Ausweg aus seinem Dilemma finden?
    Zwei Sparvereinsbrüder, jeder sein leeres Bierglas in der Hand, wankten herein und visierten die Schank an. Offenbar hatten sie vor, sich ihr frisches Bier selber zu zapfen. Als sie sich umblickten, um sich zu vergewissern, dass sie allein im Raum waren, entdeckten sie Wagner. Nach ein paar Schrecksekunden bauten sie sich demonstrativ vor Wagners Tisch auf und verengten ihre Augen zu schmalen, bösen Sehschlitzen. Wagner kannte die beiden Männer. Der eine war ein rechtspopulistischer Gemeinderat, der andere einer der Lokaljournalisten, die den ekelhaften Zeitungsartikel über die beiden vermissten Mädchen geschrieben hatten, der Wagner gestern in Rage versetzt hatte.
    „Daschauher … dasaugedesgesetzes“, lallte der Gemeinderat und ließ einen Rülpser los.
    „Genau“, bestätigte der Zeitungsschmierer und rülpste ebenfalls. „Unseregroooßartigepolizeihöööchstpersönlich.“
    „Imwirtshaussitzenstattmädchenmördersuchen.“ Der Politiker rülpste abermals. „Wasfüreinevorbildlichedienstauffassung!“
    „Genau.“ Rülps. „Steuergelderversaufenundsexualverbrecherfreiherumlaufenlassen.“ Rülps. „Echtsuper.“
    „Daswirdpolitische – mpfh – politischekonsequenzenwirddashaben … nichtnurbeiderpolizei – mpfh.“
    „Genau. Diepolizeiderfreundundhelfervonsexbestien.“
    Es reichte. Wagner sprang auf. Und beinahe hätte er noch einmal an diesem Tag die Beherrschung verloren und zugeschlagen, wenn im selben Augenblick nicht Christina dazwischen gegangen wäre und die beiden Besoffenen angeschrieen hätte.
    „Raus! Alle beide! Raus hier!“
    Sie musste schon eine ganze Weile unbemerkt in der Tür gestanden sein und gehört haben, was die beiden von sich gegeben hatten. Jetzt packte sie

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