Hexenspiel. Psychokrimi: Ein Psychokrimi (German Edition)
anfangen. Ich mag sie einfach nicht. Alle meine Beziehungen sind deswegen in die Brüche gegangen. Und die Kinder, mit denen ich als Polizist zu tun habe, sind mir auch egal. Gleichgültig wie die beiden vermissten Mädchen. Ausreißerinnen, die ihre Eltern terrorisieren, um von ihnen irgendwas zu erpressen. Zuneigung, Liebe oder mehr Taschengeld, es ist doch immer das Gleiche. Dienstlich muss ich mich wohl oder übel um sie kümmern, aber sonst? Nein, Kinder können mir gestohlen bleiben. Danke, Julia, du hast es geschafft. Natürlich hab ich später ein schlechtes Gewissen gehabt, weil ich dir den Tod gewünscht habe, aber da hat das auch nichts mehr genützt.
Also bitte, Julia, verzieh dich. Oder willst du wieder anfangen, mich zu quälen? Jetzt, nach all den Jahren? Hast du dich mit unserem Vater verabredet, dort, wo ihr beide jetzt seid? Wollt ihr beweisen, dass ihr immer noch die Stärkeren seid? Könnt ihr selbst als Tote nicht eure Finger von den Lebenden lassen? Habt ihr euch deshalb schon in Mutters Kopf eingeschlichen, um sie zu euch hinüber zu ziehen? Sie ist eine alte Frau, die sich nicht wehren kann. Und vermutlich ist sie sogar glücklich in eurer Gesellschaft. Aber mich kriegt ihr nicht, Julia, mich nicht.
Du hast keine Chance, Julia, nicht die geringste Chance. Irgendwann, wenn ihr Mutter endgültig zu euch geholt habt, du und Vater, dann werde ich deine Puppen und Bilder und Kleider aus deinem Kinderzimmer holen, im Garten auf einen großen Haufen werfen, und obenauf noch das Bett, in dem du gestorben bist. Und dann werde ich alles anzünden, Julia. Ein Riesenfeuer werde ich machen, einen Scheiterhaufen, auf dem alles verbrennen wird. Alles, Julia, alles. Auch du.
Ein heftiger Windstoß riss das Schlafzimmerfenster auf und jagte Wagner einen eisigen Schauer über den Rücken. Wagner sprang aus seinem Bett und sah aus dem Fenster. Über der Stadt lagendie Wolken eines frühen Sommergewitters, und man konnte die ersten Donnerschläge hören.
Auch Maria Wagner war aufgestanden und blickte aus ihrem Schlafzimmerfenster in den mit schwarzen Wolken bedeckten Morgenhimmel. Das Gewitter, dachte sie, das Gewitter. Ich hab’s ja gewusst. Jetzt ist es da. Erst das Gewitter, und dann wird es schneien.
L
iebes Tagebuch! Als ich heute von der Schule nachhause gegangen bin habe ich auf der Straße einen Mann gesehen, der hat ausgeschaut wie der Mann bei dem wir Hexen gespielt haben. Ich bin zu dem Mann hingegangen aber von der Nähe habe ich dann bemerkt dass es leider doch nicht der Mann gewesen ist. Das war schade. Weil sonst hätte ich ihn fragen können ob er weiß, wo Sandra und Daniela sind. Vielleicht gehe ich morgen zu dem Haus von dem richtigen Mann und frage ihn. Aber ich weiß nicht ob ich das Haus finde, weil ich bin mit Sandra und Daniela gemeinsam hingegangen und da habe ich nicht aufgepasst wie der Weg dorthin ist. Ich werde zuerst zu unserem Treffpunkt gehen und vielleicht sind Sandra und Daniela ja da. Das wäre voll super. Am liebsten würde ich mir auch lauter schwarze Sachen anziehen wie sie, weil das schaut irrsinnig toll aus finde ich. Aber wie ich meine Oma gefragt habe ob sie mir welche kauft, hat sie gesagt dass ich damit ausschauen würde wie auf einem Begräbnis und dass ich ohnehin so viele schöne Sachen zum Anziehen habe. Ich finde das voll blöd von meiner Oma. Hoffentlich sind Sandra und Daniela wieder da. Die borgen mir dann sicher ihre schwarzen Schminksachen damit ich wenigstens mein Gesicht auf Hexe schminken kann wie sie. Das wünsche ich mir.
Mittwoch
A us dem kurzen, heftigen Gewitter war ein schwerer Dauerregen geworden. Die Regentropfen trommelten gegen die Fensterscheiben, und Wagner wusste, dass sich das in den nächsten Stunden nicht ändern würde. Ein Grund mehr, im Bett zu bleiben und zu versuchen, noch ein wenig von dem Schlaf nachzuholen, um den ihn das Gespenst seiner toten Schwester gebracht hatte. Auch seine Mutter würde bei diesem Wetter bestimmt nicht aus dem Haus gehen, und im Garten arbeiten konnte er ebenfalls nicht. Also schlafen. Das war das Beste, was er tun konnte. Schlafen und für ein paar Stunden alles vergessen. Die ganze Aufregung und den Ärger und auch die Enttäuschung von gestern Abend. Einfach schlafen. Wagner zog sich die Decke über den Kopf und schloss die Augen.
Doch er hatte noch keine zehn Minuten geschlafen, als ihn das Kreischen einer Schlagbohrmaschine aufschreckte. Es kam aus der Wohnung unter der seinen, und als das
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