Hexenspiel. Psychokrimi: Ein Psychokrimi (German Edition)
Keine Kontakte. Hin und wieder ist ein Lieferwagen von so einer Firma gekommen, die Tiefkühlessen gebracht hat. Die Leiche hätte vermutlich noch wochenlang im Haus liegen können, bevor jemandem was aufgefallen wäre. Kümmert sich ja keiner um den anderen. Jeder lebt für sich, jeder stirbt für sich. So ist das halt heutzutage. Und Moser war außerdem ein Sonderling, mit dem erst recht niemand etwas zu tun haben wollte. Schon gar nicht die Leute in der Umgebung, bei denen immer noch die alte Geschichte mit den kleinen Mädchen im Kopf herumgeistert. So was hält sich. Nicht nur bei alten Polizisten.
Okay, okay. Was ist mit dem Zettel?
Du meinst den Zettel, den Moser in der Hand gehalten hat? Vielleicht ein Abschiedsbrief oder ein verschlüsseltes Geständnis. Könnte also ein Indiz dafür sein, dass wir es mit einem Verbrechen zu tun haben.
Sandra und Daniela?
Kann sein, kann auch nicht sein. Bis jetzt keine konkreten Spuren. Auch kein verstecktes Verlies, wenn du das meinst, Klaus. Aber natürlich suchen wir weiter. Wenn es sein muss, werden wir alle Mauern und Böden im Haus aufreißen. Und den Garten umgraben. Das Landeskriminalamt weiß schon Bescheid.
Und die Spurensicherung? Fingerabdrücke? DNA-Material ?
Das wird schwer. Auf alle Fälle haben wir die Eltern der beiden Vermissten um Gegenstände gebeten, die den Mädchen gehören. Damit wir Vergleichsmaterial haben. Aber vermutlich wird es Tage dauern, bis wir etwas Verwertbares finden, wenn überhaupt. Das Problem ist der Zustand, in dem sich das Haus befindet. Genauer gesagt, das Zimmer, in dem wir Moser gefunden haben. Völlig verdreckt. Es stinkt nach Urin. An den Wänden eingetrockneteFäkalien, als hätte jemand damit irgendwelche Zeichen auf die Tapeten geschmiert.
Zeichen? Welche Zeichen?
Kreise, Kreuze und so fünfzackige Sterne. Pentagramme, oder wie das Zeug heißt.
Pentagramme? Wie vor einem Jahr in dem Fall mit den schwarzen Messen? Diese Geschichte mit den angeblichen Satanisten? Denkst du, das könnte damit was zu tun haben? Weiß ich nicht, Klaus. Und auf Vermutungen lass ich mich nicht ein. Selbst wenn einiges dafür spricht, dass Moser schwarze Messen abgehalten haben könnte. Zum Beispiel eine tote Katze, die wir im Zimmer gefunden haben. Die Pfoten zusammengebunden und das Fell zum größten Teil verbrannt. Aber tote Tiere waren schließlich Mosers Beruf. Von denen steht eine ganze Menge noch in seinem Haus herum. Dazu präparierte Tierköpfe und reihenweise Gläser mit in Formalin konservierten Organen. Sieht zwar aus wie das reinste Gruselkabinett, lässt aber natürlich derzeit überhaupt keine Rückschlüsse auf irgendwelche kriminellen Handlungen zu.
Ich erinnere mich. Wie vor fünfzehn Jahren. Und die beiden Totenmasken von seiner Frau und seiner Tochter, gibt’s die auch noch?
Ja. Liegen auf einem Podest auf schwarzen Samttüchern. Mit Kerzen drum herum. Wie ein Altar. Aber das ist ja wohl auch nichts, was uns bei der Ermittlungsarbeit hilft. Doch.
Was meinst du, Klaus?
Er hat ihren Tod einfach nicht verkraftet. Ist sein Leben lang nicht damit fertig geworden. Und jetzt hat er durchgedreht. Ein Ritual, irgendein wahnsinniges Ritual. Wir hätten auf den Mann aufpassen müssen. Verdammt, wir hätten wissen müssen, dass so etwas passieren kann. Ich – ich hätte es wissen müssen …
Da war Cerny von seinem Sessel aufgesprungen und hatte gebrüllt: Verschwinde, Klaus! Hau ab nachhause, aber ganz schnell, ja! Geh schlafen! Ich weiß ja nicht, was auf einmal mit dir los ist, aber mit deinen idiotischen Phantastereien beleidigst du meine Intelligenz! Fakten, Klaus! Fakten!!
Okay, großer Dienststellenleiter, du bist der Chef, dachte Wagner, und das Wasser aus der Dusche war jetzt kalt, eiskalt. Halten wir uns also an die Fakten. Und zwar an die Fakten, die für mich entscheidend sind. Erstens, die beiden abgängigen Mädchen sind nicht gefunden worden, also können sie nach wie vor demnächst wieder putzmunter zuhause aufkreuzen. Zweitens, ob ich vor fünfzehn Jahren im Fall Moser einen Fehler gemacht habe, ist reine Spekulation, und wenn ja, dann wäre ich, drittens, schön blöd, es auch noch zuzugeben, weil ich dann bei Christina ganz sicher nicht mehr die geringste Chance hätte. Danke, Cerny, danke für die kalte Dusche. Und übrigens: Lino Ventura hätte das sicher auch so gesehen.
Wagner rieb sich mit einem Frotteehandtuch ab. Als er bemerkte, dass er zufällig genau das Handtuch verwendete, mit dem sich
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