Hexenspiel. Psychokrimi: Ein Psychokrimi (German Edition)
von der Frage, ob er es überhaupt schaffen würde, denn seine Arme und sein Rücken begannen schon wieder zu schmerzen, wenn er sich die ganze Plackerei nur vorstellte.
Doch plötzlich hatte Wagner eine Idee, die ihn beflügelte. Die Stelle hier im Garten war geradezu ideal für einen kleinen Teich! Davon hatte er doch schon als Kind geträumt: ein Teich mit Goldfischen und Seerosen mitten in seinem Urwaldsommerreich! Vater war immer dagegen gewesen. Hatte behauptet, Julia könnte ins Wasser fallen und ertrinken. Aber jetzt würde er ihn anlegen,seinen Dschungelsee, und niemand würde ihn daran hindern! Wagner straffte den Rücken, rollte mit den Schultern, um die Muskeln zu lockern, und dann stieß er den Spaten in den Boden. Erstaunlich, wie weich die Erde auf einmal war und wie leicht ihm das Graben fiel.
Nein, nichts und niemand würde ihn heute aufhalten können, seinen Plan zu verwirklichen, dachte Wagner. Auch nicht seine Mutter, die schon seit einer ganzen Weile hinter dem Fenster stand und ihn beobachtete. Er blickte hinüber zum Haus und winkte, aber seine Mutter rührte sich nicht. Dafür hörte er plötzlich Christinas Stimme.
„Hallo, Klaus! Was machst du denn da?“
Christina stand vor dem Gartentor, ihr Fahrrad lehnte am Zaun, und sie schien irritiert zu sein.
„Hey, Chris! Das ist aber schön, dass du da bist!“ Wagner ließ den Spaten fallen und lief zum Gartentor. Christina musterte ihn verwundert.
„Sag bloß nicht, dass du hier in deinem Garten auch nach den vermissten Mädchen suchst.“
Wagner grinste verdutzt.
„Wie bitte? Das ist jetzt ein schlechter Scherz, oder? Wie kommst du denn darauf?“
„Naja, nach dem, was heute in der Zeitung steht …“
„Nein! Nicht schon wieder die Zeitung, Chris!“
„Moment, Klaus! Die haben bloß geschrieben, dass dieser Moser tot ist und dass die Polizei in seinem Haus nach Spuren von den Mädchen sucht. Und das stimmt doch, oder?“
Wagner nickte.
„Na also. Und da hab ich mir gedacht, ich fahre nach meinem Mittagsdienst kurz bei dem Haus vorbei und schau mir das an. Irgendwelche Fernsehleute haben übrigens auch gerade ihre Kameras aufgebaut, als ich da war. Sonst ist ohnehin alles abgesperrt. Ich hab nur einen kurzen Blick auf das Grundstück werfen können,und da hab ich deine Kollegen beim Graben gesehen. Und jetzt seh’ ich, wie du da auch herumgräbst in deinem Garten, bloß eine Straße weiter. Da hab ich halt gemeint … ach, was weiß ich … was hättest du denn an meiner Stelle gedacht, Klaus?“
„Na, ganz bestimmt nicht, dass ich in meinem Garten nach Mädchenleichen wühle.“
„Aber möglich wär’s doch, oder? Du hast schließlich versprochen, dass du alles tun wirst, um die Mädchen zu finden.“
Christina mit diesem Versprechen zu beruhigen und gleichzeitig für sich einzunehmen, das war nun wohl gründlich danebengegangen, dachte Wagner. Und als Überbringer der guten Nachricht von Mosers Tod bei Christina zusätzliche Punkte zu sammeln – die Chance hatte er sich mit seinem Anfall von Selbstzweifel auch selber vermasselt. Und den Rest hatte die Zeitung besorgt. Jetzt musste er das wieder zurechtbiegen. Er öffnete das Gartentor.
„Bitte, Chris, komm doch erst einmal herein.“
Christina zögerte einen Augenblick.
„Gut, aber nur ganz kurz. Ich muss dann gleich wieder zurück in den Lindenwirt.“
Sie hatte noch immer ihre Kellnerinnenkleidung an, schwarze Bluse, schwarzer Rock, schwarze, flache Schuhe, nur die kleine weiße Schürze hatte sie abgelegt. Dafür trug sie an einem Schulterriemen eine rote Kunstledertasche, aus der sie jetzt Feuerzeug und Zigaretten holte und sich eine anzünden wollte. Ihre Hände zitterten und das Feuerzeug wollte nicht funktionieren.
„Scheiße!“
Wagner nahm ihr das Feuerzeug ab, schnippte es an und hielt das Flämmchen an die Spitze von Christinas Zigarette.
„Komm, Chris. Jetzt beruhige dich bitte wieder.“
Christina nahm einen tiefen Zug und blickte Wagner aus halb geschlossenen Augen an.
„Du hast leicht reden. Beruhigen. Wenn ich mir vorstelle, dassda irgendwo die Mädchen unter der Erde liegen, wie soll ich mich da beruhigen …“
„Das ist doch völliger Unsinn, Chris“, sagte Wagner und gab ihr das Feuerzeug zurück. Er wollte ihr seinen Arm um die Schultern legen, aber dann bemerkte er, dass er bis zum Ellbogen völlig verdreckt war, und ließ es bleiben. „Glaub mir, hier gibt’s weit und breit kein totes Mädchen. Die genießen irgendwo frisch
Weitere Kostenlose Bücher