Hexenspiel. Psychokrimi: Ein Psychokrimi (German Edition)
und munter ihr Leben und machen sich einen schönen Tag. Ich weiß das, Chris. Ganz sicher.“
„Aha. Und wozu, bitteschön, grabt ihr dann in der Erde herum? Du hier und deine Kollegen dort drüben? Kannst du mir das bitte verraten?“
Wagner nahm mit seinen Fingerspitzen vorsichtig Christinas Arm und führte sie zum Holunderstrauch.
„Also, Chris. Erstens: Meine Kollegen graben Wagners Garten um und durchsuchen außerdem jeden Winkel in seinem Haus, um zu beweisen, dass es nirgends auch nur die geringste Spur von den Mädchen gibt. Das muss sein, weil die Verdächtigungen sonst nie aufhören.“ Das war natürlich gelogen oder bestenfalls die halbe Wahrheit, aber was sollte er sonst sagen? „Und zweitens, Chris, grabe ich diesen kaputten Strauch aus, weil ich an dieser Stelle einen Teich anlegen möchte, ein hübsches, kleines Biotop oder so. Alles klar?“
Christina blickte nachdenklich auf die freigelegten Wurzeln des Holunderstrauchs. Dann warf sie ihren Zigarettestummel auf die aufgehäufte Erde neben dem Loch und drückte sie mit der Schuhspitze hinein.
„Chris?“
„Ja, alles klar.“ Ihre Stimme klang belegt. „Heute bin wohl ich einmal die Blöde. Zur Abwechslung.“
„Ach was. Ist doch logisch, dass du dir Gedanken machst, nach allem, was du schon erlebt hast.“
„Danke, Klaus.“ Sie bückte sich, pflückte eine gelbe Butterblumeund hielt sie an ihre Nase. „Ist übrigens eine gute Idee, das mit dem Teich.“
„Findest du?“
Christina blickte sich im Garten um.
„Ein richtiges kleines Paradies. Würde mir auch gefallen.“ „Wirklich?“ Wagner lächelte. „Jederzeit willkommen, Chris! Wann immer du willst.“
„Echt?“ Jetzt lächelte auch Christina. „Und was würde deine Mutter dazu sagen? Wie geht’s ihr übrigens?“
Wagner zuckte mit den Schultern.
„So weit ganz gut, denke ich. Da warte ich einfach ab, wie’s weitergeht und lasse sie in Ruhe. Auch mit dem Haus. Hat ohnehin keinen Sinn. Jetzt ist erst einmal der Garten dran.“
Christina warf einen Blick auf ihre Uhr.
„Um Gottes Willen, so spät schon! Sorry, aber ich muss jetzt zurück. Um vier gibt’s bei uns ein Geburtstagsfest für einen Neunzigjährigen. Das halbe Altersheim wird da sein. Dafür dauert’s am Abend nicht so lang. Vielleicht kommst du später noch vorbei auf einen Kaffee, ja?“
„Gern, Chris.“
Wagner begleitete Christina zum Gartentor. Sie drückte ihm wieder einen Fingerspitzenkuss auf die Lippen.
„Danke, Klaus. Und bitte noch einmal um Entschuldigung.“
„Wofür?“
„Du weißt schon. Aber ich könnte es einfach nicht ertragen, wenn man die beiden Mädchen hier irgendwo tot finden würde. Allein die Vorstellung ist für mich schon ein Horror.“
„Dann stell’s dir halt nicht vor.“
„Ich werd’s versuchen. Versprochen.“
Christina steckte die Butterblume ins oberste Knopfloch ihrer Bluse, lächelte Wagner noch einmal zu, stieg auf ihr Fahrrad, und dreißig Sekunden später war sie um die nächste Straßenecke verschwunden.
Wagner war erleichtert. Das hatte er also wieder hinbekommen. Nicht restlos überzeugend, aber immerhin. Christina war nicht mehr ganz so aufgeregt. Und der Garten hatte ihr gefallen, das war doch schon was. Vielleicht sollte er sie am Abend mit einem Strauß Blumen überraschen, davon gab es schließlich jede Menge im Garten, nicht nur Butterblumen. Margeriten zum Beispiel. Oder diese zyklamfarbenen Zwergrosen an der Südseite des Hauses. Ein kleiner Gruß aus
unserem
Garten, und, wie gesagt, jederzeit herzlich willkommen! Das würde doch Eindruck machen, oder? Hervorragende Idee, fast so gut wie die mit dem Teich. Es zahlte sich eben doch aus, dass er heute bis fast Mittag im Bett geblieben war und sich endlich richtig ausgeschlafen hatte. Seither sah die Welt gleich ganz anders aus.
Er hatte in aller Ruhe gefrühstückt, sich danach noch eine extra Thermoskanne Kaffee gemacht, und dann war er zum Haus gefahren. Diesmal, weil es schon wieder nach Regen ausgesehen hatte, mit seinem alten VW-Käfer . Unterwegs hatte er noch rasch eingekauft, um den Kühlschrank seiner Mutter aufzufüllen, aber im Übrigen hatte er sich vorgenommen, sie in Frieden zu lassen, denn das war wohl für sie und ihn das Beste. Nur nichts überstürzen, immer schön eins nach dem andern. Alles wird gut.
Wagner stand vor dem Holunderstrauch und begann, sich einen Plan zurecht zu legen. Wild drauflos graben war unsinnig. Zuerst würde er die Wiese rund um den Strauch
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