Hexenspuk in Wokingham
Kohlköpfen und sagte mit klopfendem Herzen, als würde sie etwas Verbotenes tun: „Guten Morgen alle miteinander, wie habt ihr denn geschlafen? Was Hübsches geträumt, hm?“ Sie überlegte, was sie noch sagen könnte, und hatte schließlich einen Einfall, den sie gut fand. „Wißt ihr, was ich mir gedacht habe? Ich gebe jedem von euch einen Namen. Dann kann ich euch immer mit eurem persönlichen Namen ansprechen, das ist etwas ganz anderes, als wenn man nur so daherredet und nicht einmal weiß, wie der andere heißt.
Also, ich heiße Jessie, und dich werde ich Charly nennen und dich Tony und den da ganz rechts Jonny. Und du da in der zweiten Reihe, du könntest Susan heißen, und du siehst so gemütlich aus, dich nenne ich Milly, und die letzte, ich weiß schon, das ist Pepsy. Ich sehe euch an, daß ihr nicht irgendwelche Kohlköpfe seid, nein, ihr seid ganz besonders schöne und wohlgestaltete Kohlköpfe, ich mag euch richtig gern, und wenn ihr mich auch ein bißchen liebgewinnt, dann können wir miteinander viel erreichen. Ihr könntet die schönsten Kohlköpfe von Wokingham werden, was sage ich, nicht nur von Wokingham, sondern von der ganzen Grafschaft.“
Mrs. Sloane lächelte. „Jetzt entdecke ich, daß ihr mich richtig anstrahlt, ich merke, ihr habt mich verstanden.“ Sie streichelte jeden einzelnen Kohlkopf und sagte ihm etwas Nettes. Charly sagte sie, daß er eine feine Haut habe, und bei Milly lobte sie die frische Farbe. Für jeden wußte sie ein lobendes Wort. Als sie aufstand und zum Kräuterbeet gehen wollte, hörte sie eine Stimme.
„Bleib doch noch.“
Zunächst erschrak sie, als sie sich aber umsah und niemand da war als die Kohlköpfe, dachte sie, das kann nur einer von denen gewesen sein.
„Also gut“, sagte sie, „noch zwei, drei Minuten. Dann muß ich aber weiter.“
„Fein!“ riefen jetzt zwei oder drei. „Erzähl uns was. Wie sieht es denn drinnen im Haus aus?“
Sie erzählte ihnen, es sei ein ganz normales Haus und nicht allzu interessant, aber sie möge es, weil es ihr Haus sei.
„Wie schläfst du denn?“
Die Kohlköpfe erfuhren, daß sie im Bett schlief, lieber Pyjamas als Nachthemden trug und daß sie es gern hatte, wenn das Kopfkissen etwas nach Lavendel duftete.
„Mhm“, machten Susan, Milly und Pepsy.
„Hier riecht es jetzt auch sehr fein“, meldete Jonny.
„Das mögen wir“, gestand Tony.
„Wovon riechst du so gut?“ fragte Charly.
„Ich hab mich geduscht, als ich aufstand. Lauwarm, kalt duschen soll gar nicht so gesund sein. Lauwarm genügt und dann ein gutes Stück Seife. Aber jetzt muß ich gehen, Kinderchen. Ich muß ja noch mit den anderen reden.“
Kaum stand sie und machte den ersten Schritt, da hörte sie, daß sie wieder gerufen wurde.
„Jessie, halt, einen Moment noch!“
„Ja, was ist denn?“ fragte sie so geduldig wie möglich. Sie merkte genau, daß Tony sie gerufen hatte.
„Charly will etwas von dir, er traut sich aber nicht, es zu sagen.“
„So, was will er denn?“
„Das ist es ja, er rückt nicht raus mit der Sprache. Aber ich kann mir schon denken, was er will.“
„Dann sag du es eben.“
„Charly hätte sehr gern, nun ja, nicht nur Charly, wir alle hätten sehr gern einen, einen...“
„Na, sag es schon!“ schimpfte Jonny.
„Na, eben einen Kuß von dir.“
Da kniete sich Jessie Sloane nochmals hin und küßte zunächst Susan, Milly und Pepsy, dann Jonny, Tony und schließlich auch Charly.
Charly seufzte ganz glücklich, als sie ihn küßte, und sie hörte, wie es in seinen Blättern ganz leise knackte, weil er in diesem Augenblick wuchs.
Sie sprang auf und ging zum Kräuterbeet. Thymian, Majoran, Borretsch, Basilikum, Dill, Petersilie und Zitronenmelisse taten noch sehr verschlafen.
„Na, meine Kleinen?“ fragte sie. „Wie habt ihr die Nacht verbracht, gut geschlafen alle miteinander?“
Sie streichelte jedes einzelne Kraut und ging weiter zu den grünen Buschbohnen, und da fiel ihr ein, daß sie einen Fehler gemacht hatte. Die Namen, die ihr Periwinkle für die Bohnen vorgeschlagen hatte, die hatte sie den Kohlköpfen gegeben.
Nun, es gab genug andere.
„Guten Morgen, die Herrschaften!“ grüßte sie die Buschbohnen. „Ich merke, ihr seht alle prächtig aus. Wie geht es denn so?“
Keine Antwort.
„Ich werde jetzt jeden Morgen bei euch vorbeikommen und mit euch plaudern. Ich merke, ihr seht herrlich aus, und obwohl ich demnächst schon etwas von euch ernten kann, blüht ihr noch
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