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Hexensturm

Hexensturm

Titel: Hexensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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Er streichelte meine Wange. Seine Fingernägel waren schwarz und spitz. Seit er so schwer verwundet worden war, hatte er weder seine dämonische noch seine Fuchsgestalt angenommen – er hätte nicht die Kraft, sich wieder zurückzuverwandeln.
    Ich presste seine Hand an die Lippen, küsste jeden Finger einzeln und leckte an den Fingerspitzen. Er schauderte und schloss die Augen. Morio sprach kaum je über seine Herkunft – er war auf Geheiß von Großmutter Kojote, einer der Ewigen Alten, aus Japan hierhergekommen –, doch auf einmal fragte ich mich, was seine Familie wohl von mir halten würde. Er war jetzt mit mir verheiratet. Hatte er ihnen überhaupt davon erzählt? Ich war noch nie auf den Gedanken gekommen, ihn danach zu fragen.
    »Liebster, weiß deine Familie eigentlich, dass wir verheiratet sind?« Ich neigte den Kopf zur Seite und wartete auf die Antwort.
    Er umfing mein Kinn mit einer Hand und hob es sacht an. »Ja, meine Verwandten wissen von dir und deinen Schwestern. Und von unserer Hochzeit. Eines Tages wirst du sie kennenlernen. Sie waren … nicht direkt begeistert, aber auch nicht dagegen. Sie wollen sich noch kein Urteil bilden. Und sie vertrauen meinem Instinkt.«
    Das war mehr, als ich mir erhofft hatte. Ich nickte und bohrte nicht weiter nach. Was Trillian anging, so wusste ich, dass er seine Heimat und seine Familie schon vor langer Zeit verlassen hatte – oder vielmehr seine Familie ihn im Stich gelassen hatte. Bei ihm war das gar kein Thema.
    In diesem Moment kam Vanzir hereingeschlichen. Er war blass – das war normal. Er hatte eine starke Ähnlichkeit mit David Bowie als Koboldkönig in Die Reise ins Labyrinth. Aber heute wirkte er noch unirdischer. Seine Augen waren leuchtende, wirbelnde Kaleidoskope in einer Farbe, für die wir nicht einmal eine Bezeichnung hatten.
    Er setzte sich auf den am weitesten entfernten Stuhl und starrte mich an. Was zum Teufel konnte jetzt wieder passiert sein?
    »He, wo warst du?«, fragte Trillian und musterte ihn ein wenig länger, als mir lieb war. Und dann schaute er nur einmal zwischen mir und Vanzir hin und her, und ich sah etwas in seinen Augen aufblitzen.
    O verdammt. Er wusste etwas. Irgendwie hatte er es gespürt. Aber wann? Gerade eben? Oder wusste er schon länger Bescheid? Mir drehte sich der Magen um, während Vanzir nur mit den Schultern zuckte.
    »Ich hab mich eine Weile im dämonischen Untergrund herumgetrieben. He, Smoky … hast du schon von den Gerüchten über deinen Vater gehört?« Vanzir bemühte sich, seine Stimme ruhig zu halten, aber ich hörte die Angst darin.
    Smoky nickte knapp. »Ja. Bedauerlicherweise.«
    Ich rang mit meinen eigenen Nerven und sprang ein: »Wir haben noch mehr Probleme.« Ich schilderte ihnen, was Delilah und ich hinter dem Portal erlebt hatten, und auch, was ich in der Buchhandlung erfahren hatte.
    »Wir müssen uns also überlegen, was wir wegen Chase unternehmen, und … ich glaube, der seltsame Besucher in der Buchhandlung könnte das Schneemännchen gewesen sein, das Trytian erwähnt hat.«
    Die letzten Worte erstarben mir fast auf den Lippen, und ich starrte zu Boden. Einen Moment lang herrschte Schweigen, doch ehe sich das Testosteron zu sehr aufschaukelte, fügte ich hinzu: »Ich überlege, ob ich die Buchhandlung verkaufen sollte. Ich habe Angst um die Kunden. Ich habe Angst davor, dass noch mehr Unbeteiligte sterben könnten – wegen der Dämonen oder einem erzürnten Drachen oder auch nur deshalb, weil ich ein leichtes Ziel für die Feenhasser abgebe.«
    Morio schüttelte den Kopf. »Du darfst diese Angst nicht dein Leben bestimmen lassen. Sonst verlierst du mehr, als du dir vorstellen kannst. Jeder auf diesem Planeten geht ein Risiko ein, schon in dem Moment, in dem er morgens aufwacht und aus dem Bett steigt. Du kennst die Geschichte der Erdwelt – die Kämpfe im Nahen Osten, Weltkriege, Naturkatastrophen … Damit leben die Menschen. Jetzt droht uns der größte Krieg aller Zeiten, und du tust, was du kannst, um ihn zu verhindern. Den Indigo Crescent zu schließen, verhindert nicht, dass jemand verletzt wird.«
    »Da hat er recht«, sagte Trillian mit überraschend zärtlicher Stimme. »Du gehörst nicht zu denen, die vor Angst davonlaufen. Das ist eine der Eigenschaften, für die ich dich so liebe. Du hast noch immer gesagt Zum Teufel damit und dich jedes Mal wieder der Gefahr gestellt. Und jetzt, meine bezaubernde Frau, musst du dich den Tatsachen stellen und sie auf den Tisch

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