Hexensturm
Gefahr bringen.« Als ich die Tür öffnete, schlug uns die Geschäftigkeit förmlich ins Gesicht.
Trillian deckte den Tisch für das späte Mittagessen. Iris und Rozurial kochten einen großen Topf Spaghetti mit Hackfleischklößchen. Smoky stampfte zur Hintertür herein, und ich sah ihn die Schneeschaufel an ihren Nagel hängen.
Shade hockte vor dem neuen Kamin, den wir im Wohnzimmer installiert hatten, um die Heizkosten zu senken. Er pustete auf das zerknüllte Zeitungspapier unter dem Holz, und die Funken in seinem Atem setzten es in Brand.
»Ist Shamas bei der Arbeit?«, fragte ich ihn.
Er nickte. »Ja, er hat diese Woche Tagschicht. Aber wenn die Straßenverhältnisse allzu schlecht werden, will er auch dort schlafen.« Als er aufstand, ging Delilah zu ihm, und er schlang die Arme um sie, küsste sie und rieb ihr mit einer Hand zärtlich den Rücken. Sie gehörten zusammen, als hätten sie sich schon ihr ganzes Leben lang gekannt. Sogar als Außenstehende konnte ich das Band spüren, das zwischen den beiden entstanden war.
Es klingelte an der Tür, und ich öffnete. Es war Bruce, Iris’ Freund. Er bedeutete mir, zu ihm heraus auf die vordere Veranda zu kommen. Zitternd trat ich nach draußen.
»Was ist los? Warum kommst du nicht rein?«
Lächelnd zog er etwas aus der Jackentasche. Er sah aus wie ein junger Mann, höchstens Anfang dreißig – genau wie Iris. Ich wusste nicht genau, wie das mit dem Alterungsprozess bei den Koboldartigen funktionierte, aber beide waren, in menschlichen Jahren gerechnet, sehr viel älter als ich – Jahrhunderte älter. Bruce hatte hellbraune, zerzauste Locken, die ihm bis auf die Schultern fielen, und seine Augen waren leuchtend hellblau – genau wie Iris’ Augen. Ansonsten sah er Roz ziemlich ähnlich, nur ohne diese gefährliche Ausstrahlung. Bruce und Iris gaben ein sehr hübsches Paar ab.
»Ich möchte dich um einen Rat bitten«, erklärte er und hielt mir ein Schächtelchen hin. »Glaubst du, der wird ihr gefallen?«
Ich öffnete den Deckel. Auf einem Samtkissen lag ein schlichter Platinring mit einem funkelnden blauen Saphir, mindestens ein Karat. Flankiert wurde er von zwei rechteckig geschliffenen halbkarätigen Diamanten.
Ich schnappte nach Luft und schüttelte den Kopf. »Oh, Bruce, und wie ihr der gefallen wird. Er ist … er ist wunderschön.« Ich blickte zu ihm auf. »Also willst du ihr heute einen Antrag machen?«
Er errötete. »Ja, so ist es. Wird Zeit, dass ich es offiziell mache. Und jetzt ist sie frei, ja zu sagen. Gestern Nacht hat sie mich angerufen, und wir haben uns lange unterhalten. Sie hat mir erzählt, was passiert ist. Ich kenne jetzt ihre dunklen Geheimnisse. Sie hat gesagt, sie könne es mir nicht verdenken, wenn ich daraufhin Schluss machen wollte. Immerhin hat sie ihren ersten Verlobten getötet. Aber die Götter tun, was sie für richtig halten, und ich würde von meiner Liebsten nicht weniger erwarten, als dass sie dem Willen ihrer Göttin folgt und die Welt von Bösem befreit. Sie hat das Richtige getan.«
Ich biss mir auf die Lippe. »Iris wird wahrscheinlich hierbleiben wollen. Wärst du denn bereit, auf unser Anwesen zu ziehen? Wir könnten euch helfen, euch ein eigenes kleines Haus zu bauen. Platz ist genug da – das Grundstück ist fast drei Hektar groß.«
»Ich würde auch auf den Mond ziehen, wenn meine Iris gern dort wohnen würde.« Und als er mich anlächelte, fühlte ich mich, als sei die Sonne hervorgekommen. Kein Wunder, dass Iris ihn so liebte. Bruce O’Shea war wie ein freundlicher Sonnenstrahl, und ich konnte beinahe spüren, dass er seinen eigenen Regenbogen hinter sich herzog.
»Dann komm rein. Und, Bruce – ich will zwar nichts vorwegnehmen, aber herzlich willkommen in der Familie.« Ich beugte mich vor und drückte ihn fest an mich. Und einen Moment lang konnte ich die Angst verdrängen, die sich über meinen Tag gesenkt hatte.
Kapitel 9
D as Mittagessen begann mit einem Paukenschlag. Als sich alle am Tisch versammelt hatten, stand Bruce auf und räusperte sich. Iris starrte ihn an, den Mund voll Spaghetti. Ich griff unter dem Tisch nach Smokys Hand. Er warf mir einen rätselhaften Blick zu, lächelte aber dabei.
»Iris und ich sind nun schon seit einer ganzen Weile ein Paar, und obwohl ich manchmal ein ziemlicher Dummkopf war, hat sie mich zu einem besseren Mann gemacht.« Bruce trat nervös von einem Fuß auf den anderen. »Ich kenne ihre Geheimnisse, und sie kennt meine. Also ist es an der
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