Hexensturm
war. Ich blickte nach oben und sah die Öffnung von Hels Tor. Dort hatte Iris sich Vikkommin gestellt und ihn endgültig besiegt. Wir waren schon ganz nah dran.
»Beeil dich«, flüsterte ich Hanna zu. »Wir sind schon fast da. Aber wir müssen uns beeilen.«
Wir rutschten so schnell den eisigen Hang hinab, wie wir es wagten. Und dann ließ ein Brüllen die Luft erzittern, und ich blickte zu Hytos Berg zurück.
»Hyto! Er sucht nach uns. Schnell!«
Hanna hastete schweigend weiter. Wir hatten Mühe, auf dem glatten Gletschereis nicht ständig auszurutschen. Einmal stürzte ich, doch Hanna riss mich wieder hoch, und obwohl der scharfe Schmerz in meiner Hand mir sagte, dass ich mir den kleinen Finger gebrochen hatte, tat ich mein Bestes, ihn zu ignorieren. Ich war mit der Stirn an einen scharfkantigen Felsen geknallt, hatte mir aber nur eine Schramme geholt, aus der mir ein paar Tropfen Blut über die Wange liefen.
Hanna stolperte als Nächste. Trotz meines höllisch schmerzenden Fingers half ich ihr auf, und wir schlitterten weiter. Als wir den Gletscher schon beinahe hinter uns hatten, erschreckte uns ein Geräusch von vorne.
Aus dem Nebel sprach eine leise Stimme: »Lady Camille. Was tut Ihr hier?«
Ich erkannte die Stimme und fiel auf die Knie, dem Weinen nahe. »Fürst Wolfslied, bitte, bitte helft uns. Wir sind auf der Flucht vor einem Drachen und können nicht mehr weiter. Bitte gewährt uns Euren Schutz.«
Ein leiser Pfiff ertönte, und binnen Sekunden waren wir von Wölfen umringt. Wolfslied, der Große Geist des Winterwolfs, trat aus dem Nebel, schlank und muskulös, in dicke weiße Pelze gehüllt und mit einem Kopfschmuck aus Bein und Silber. Sein Teint war dunkel, das Haar fiel ihm lang über den Rücken, und seine Augen hatten ein wildes Funkeln.
»Ihr seid verletzt.« Das war eine Feststellung, keine Frage. »Kommt, wir bringen Euch beide in Sicherheit. Und dann könnt Ihr mir erklären, was Ihr hier draußen am Ende der Welt verloren habt.«
Mehrere seiner Wölfe verwandelten sich in dunkle Krieger, die Hanna und mich auf die Arme nahmen. Und dann jagten wir schnell wie der Wind Wolfslieds Höhle entgegen, wo wir in Sicherheit sein würden.
Kapitel 14
W olfslieds Bau war genau so, wie ich ihn von meinem Besuch vor wenigen Tagen in Erinnerung hatte: ein Labyrinth heimeliger, warmer Höhlen mit heißen Wasserbassins, durchzogen vom Duft nach gebratenem Fleisch. Mein Magen knurrte, doch unter dem Hunger war ich so erschöpft, dass ich mich kaum mehr dazu zwingen konnte, mich zu bewegen. Ich hatte meine gesamte Ausdauer und Willenskraft aufgebraucht.
Ich stellte Hanna Wolfslied vor, der seine Pelzkleidung abgelegt hatte. Nun stand er in einer Hose aus Hirschleder und mit nacktem Oberkörper vor uns, so, wie ich ihn zuletzt gesehen hatte … nur der Kopfschmuck war anders. Das lange Haar war darunter zu einem Pferdeschwanz gebunden, so dunkel wie seine Augen.
»Wolfslied, ich möchte Euch Hanna vorstellen. Sie hat mir das Leben gerettet.«
Noch während ich das sagte, brach etwas in mir zusammen, ich konnte mich nicht mehr auf den Beinen halten und sackte zu Boden.
Einer der größten weißen Wölfe kam zu mir und drückte die Schnauze an meine Seite. Ich wusste sofort, wer das war. Und einen Augenblick später hatte sie sich verwandelt. Als Frau war sie klein, etwa eins sechzig, und stämmig. Kitääs Augen leuchteten eisblau, ihr Haar war so silbrig wie Smokys, und sie trug eine weiche Lederhose mit passender Tunika. Sie kniete sich neben mich und strich mir übers Haar.
»Ihr seid verletzt«, sagte sie, und ich brach in Tränen aus. Kitää, Wolfslieds Gefährtin, Königin und Mutter der Katabas-Wölfe, zog mich in ihre Arme und wiegte mich sacht.
Ich schmiegte mich an ihren weichen Körper und wäre am liebsten auf der Stelle eingeschlafen, doch ein Krieger rannte herbei und kniete vor Wolfslied nieder. Der Fürst gab ihm einen Wink, und er erhob sich. »Was gibt es, Taj?«
»Mein Fürst, der Drache auf dem Berg tobt. Die Wälder in den höheren Lagen brennen.« Taj, seiner Haarfarbe nach wohl ein grauer Wolf, stand stramm vor seinem Herrn. Der Rest des Rudels witterte seine Aufregung und Sorge. In menschlicher wie in Wolfsgestalt begannen Wolfslieds Leute, sich unruhig um uns zu drängen.
Ich stieß einen leisen Schrei aus. »Hyto. Das ist Hyto. Er hat sich dort oben eine Dreyrie geschaffen. Aber soweit ich weiß, nutzt er sie schon seit fünf Jahren.«
Wolfslied wandte sich mir zu
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