Hexensturm
und musterte mich langsam von Kopf bis Fuß. »So ist es, der Drache wohnt schon seit fünf Jahren dort. Und Ihr sagt, das ist Hyto? Der Weiße Dämon?« Er wurde bleich. »Ihr kommt von dort. Ist Iampaatar bei ihm?«
Ich schüttelte den Kopf. »Hyto hat mich entführt.« Es schnürte mir die Kehle zu, und ich bemühte mich, meine Panik im Zaum zu halten, während ich ihm mein Halsband zeigte. »Er hat mich verschleppt. Das ist sein Werk. Er wollte Smoky zu sich locken und ihn vernichten.«
Kitää schnappte nach Luft. »Er hat Euch gefangen gehalten?« Sie sah mir in die Augen, und ich öffnete ihr mein Herz und gab mit einem langen Blick alles preis, was geschehen war. Sie machte ein entsetztes Gesicht, ließ den Kopf sinken und schüttelte ihn leicht. »Ach, Kind, was hat er Euch nur angetan.«
Ich nickte und blinzelte gegen die Tränen an. »Ja … aber Hanna hat mir zur Flucht verholfen, und Hyto rast vor Wut. Wir haben ihn heute Morgen da oben toben gesehen, von den Felsen an Hels Röcken aus.«
»Wir müssen Euch hier fortbringen«, erklärte Wolfslied. »Ehe der Drache sein Feuer gegen mein Volk richtet. Das Halsband kann ihn zu Euch führen – wenn seine Tobsucht lange genug nachlässt, dass er sich daran erinnert.«
»Ich will Euch nicht in Gefahr bringen«, flüsterte ich. »Aber ich glaube nicht, dass ich es allein hinunter zu den Portalen schaffe. Ich habe es ja kaum bis hierher geschafft. Ich bin verletzt, geprügelt und geschunden.«
»Wir haben keine Zeit für Sitte und Anstand.« Wolfslied bedeutete Kitää, mir aufzuhelfen.
Hanna wollte protestieren, doch ich sah sie kopfschüttelnd an. »Ist schon gut. Wolfslied wird mir nichts tun.« Ich zog die schweren Kleider aus, die nun mit Schweiß und dem Gestank meiner Angst getränkt waren. Als ich die unterste Schicht leichterer Kleidung abschälte, verzog ich das Gesicht, denn sie waren mit meinen offenen Wunden verklebt. Kitää stieß einen kurzen Schrei aus, und Wolfslied brüllte.
»Armes Kind.« Kitää trat zu mir und untersuchte meinen Rücken. Dann ging sie um mich herum, und ihr Blick fiel auf die Blutergüsse und Schürfwunden zwischen meinen Oberschenkeln. Sie hob den Kopf und sah mir in die Augen. »Er hat Euch sehr schwer verletzt.« Sie wandte sich Wolfslied zu. »Er hat sie nicht nur geschlagen, sondern obendrein geschändet.«
Wolfslied knurrte. »Wir werden Euch sicher nach Hause bringen. Ich lasse nicht zu, dass er Euch aus unserer Mitte entführt.«
Ich holte tief Luft und stand immer noch bibbernd da, als ein schwaches Schimmern meine Aufmerksamkeit erregte. »Jemand kommt aus dem Astralraum herüber – dort!«
Die Krieger des Wolfsstamms bauten sich vor der Stelle auf, die Waffen kampfbereit. Wir warteten mit angehaltenem Atem. Drei Gestalten wurden in dem Schimmer sichtbar, und ich stieß einen Freudenschrei aus, als Rozurial, Shade und Vanzir von der Astralebene hereinschneiten.
Ich stand da, splitternackt bis auf Hytos Halsband, und starrte die drei an. Es machte mir nichts aus, dass ich nackt war – in den letzten paar Tagen hatte ich mich dermaßen entblößt gefühlt, dass es mir schon beinahe normal vorkam.
Und dann sah ich ihre Gesichter, als sie die Blutergüsse und Striemen sahen. Vanzir stieß einen lauten Schrei aus, und Shade begann dumpf zu knurren. Roz eilte zu mir herüber und hüllte mich in seinen langen Mantel, aber in den Innentaschen steckten lauter Waffen, und ich stöhnte auf, als irgendetwas Spitzes über eine wunde Stelle kratzte. Rasch zog er den Mantel wieder von meinen Schultern, doch inzwischen hatte Kitää ein luxuriöses Pelzcape gefunden und legte es mir um.
Das Adrenalin, das mich auf den Beinen gehalten hatte, war plötzlich verpufft, und wieder verlor ich das Gleichgewicht und taumelte nach vorn, in Roz’ Arme. Er hob mich hoch, und Kitää führte ihn zu einem weichen Lager aus Fellen. Während ich versuchte, wieder zu Atem zu kommen, gab sie einer Dienerin einen Wink. Bald saß ich aufrecht, gestützt von Roz, an dessen Brust mein Rücken lehnte, und hielt einen Becher heiße Brühe in der Hand. Vanzir und Shade knieten neben uns.
»Du bist jetzt in Sicherheit, Camille.« Shade nahm meine Hand, aber ich entzog sie ihm. Von all der konzentrierten Aufmerksamkeit wurde mir schwummerig. »Was ist das?« Er befühlte das Halsband und stieß ein scharfes Fauchen aus. »Böse! Was für ein Übel trägst du da?«
»Hytos Halsband.« Ich winkte Hanna herbei, und sie setzte sich
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