Hexentage
sein Befehl mißachtet werden sollte.«
»Das ist fürwahr eine gute Nachricht.« Modemanns Augen funkelten hoffnungsvoll, als er das Schriftstück entgegennahm, aber trotzdem wirkte er auf eine seltsame Art besorgt.
Jakob faßte seine Befürchtung in Worte. »Es … es ist doch noch nicht zu spät?«
Modemann schüttelte den Kopf. »Vor gut einer Stunde wurde mir die Nachricht überbracht, daß der Rat den Beschluß gefaßt hat, die Beschuldigten morgen vor das öffentliche Halsgericht zu zitieren.«
|264| Jakob wischte sich die verschwitzten Haare aus der Stirn. »Wenn ich nur einen Tag später angekommen wäre …«
»… wäre dieser Befehl wertlos gewesen.« Modemann rief eine Magd herbei, die Jakob mit einem Tuch den ärgsten Schmutz aus dem Gesicht wischte, dann schickte er einen Boten aus, der Heinrich Ameldung über Jakobs Rückkehr und die überraschende Wendung in Kenntnis setzen sollte. Schließlich streifte er sich selbst einen Mantel über, um den Rat mit der Anweisung des Landesherrn zu konfrontieren.
»Wir werden uns mit Ameldung vor der Apotheke treffen und Peltzer und seinen Gefolgsleuten einen gehörigen Schrecken versetzen«, meinte Modemann und zog Jakob mit sich vor die Tür.
»Ich werde Euch nicht begleiten«, entgegnete Jakob. »Sara soll erfahren, welch gute Nachricht ich bringe. Wißt Ihr, ob sie bereits von ihrem Kind entbunden wurde?«
Modemanns Lippen wurden schmal, seine Stirn zog sich in tiefe Falten, und plötzlich wußte Jakob, daß Sara der eigentliche Grund für Modemanns sorgenvolle Miene war.
»Was ist geschehen?«
Modemann faßte ihn an den Schultern, schien einen Moment um Worte zu ringen und sagte dann: »Der Rat hat sie verhaften lassen. Es heißt, sie stehe mit dem Teufel im Bunde und sie habe ihre Kräuterkunde angewandt, um anderen Menschen Schaden zuzufügen.«
Für einen Moment glaubte Jakob ein furchtbarer Schwindel würde ihn erfassen. Mühsam krächzte er: »Hat Peltzer dies veranlaßt?«
»Vermutlich.«
»Natürlich war es Peltzer«, keuchte Jakob. »Es ist seine Rache dafür, daß ich mich gegen ihn gestellt habe.« Seine Augen brannten plötzlich, und er hätte vor Verzweiflung in Tränen ausbrechen können, wenn er nicht gleichzeitig so wütend gewesen wäre. »Wann ist das geschehen?«
|265| »Man hat sie vor drei Tagen auf dem Armenhof mit den Beschuldigungen konfrontiert. Anschließend wurde sie in den Bucksturm gebracht.«
»Aber sie ist hochschwanger. Sie wird sterben, wenn sie in diesem schmutzigen Verschlag ihr Kind zur Welt bringen muß«, rief Jakob.
»Wir können im Moment nichts tun, aber vielleicht wird Gustavsons Depesche auch Sara helfen.«
»Dann laßt uns gehen«, drängte Jakob und trat voran. Mit jedem Schritt wuchs sein Zorn auf Wilhelm Peltzer. Eine Wut, wie er sie noch nie zuvor in sich verspürt hatte. Er machte sich selbst die schlimmsten Vorwürfe und schalt sich einen Dummkopf, daß er nicht eindringlicher auf Sara eingeredet hatte, die Stadt während seiner Abwesenheit zu verlassen.
Noch bevor sie die Apotheke erreichten, kam ihnen der Bote entgegen, den Modemann zu Ameldung geschickt hatte. Der Bursche berichtete, daß er den Apotheker nicht angetroffen und das Gesinde ihm mitgeteilt hatte, Ameldung habe kurz zuvor das Haus verlassen, um den Rat aufzusuchen.
»Warum geht er allein zu Peltzer?« fragte Modemann mehr an sich selbst denn an Jakob gewandt. »Das gefällt mir nicht.«
Sie beeilten sich und betraten das Rathaus. Der Saal war fast leer, nur in einer Ecke hockten drei Ratsherren und diskutierten.
»Wo finde ich Wilhelm Peltzer?« fuhr Modemann sie herrisch an. Zwei der Männer zuckten unter seiner wütenden Stimme leicht zusammen, der dritte erhob sich und antwortete: »In der Ratsstube.«
Ohne ein weiteres Wort drehte Modemann sich um und ging zur Ratsstube, Peltzers Arbeitszimmer. Jakob folgte ihm dichtauf.
Modemann verzichtete auf ein höfliches Anklopfen, er riß statt dessen die Tür auf und sah sich den erstaunten Gesichtern Ameldungs und Peltzers gegenüber. Der Apotheker reichte dem |266| Bürgermeister soeben ein Schriftstück und verharrte in dieser Bewegung. Die Überraschung währte allerdings nur einen Moment, denn Peltzer entspannte sich sofort und meinte: »Sieh an, welch hoher Besuch. Mit Euch hatte ich allerdings weniger gerechnet, Herr Theis. Ich hatte nicht angenommen, Euch noch einmal wiederzusehen.«
Jakob atmete tief ein, um seinen Zorn im Zaun zu halten. Er mußte sich beruhigen,
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