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Hexentage

Hexentage

Titel: Hexentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Wilcke
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ab.
    Voß rümpfte angewidert die Nase. »Gütiger Himmel, was für ein erbärmliches Bild Ihr doch abgebt, Mann. Ihr verkriecht Euch in den Schoß dieser Hexe wie ein liebeskranker Kater. Gott gebe, daß der Bann, den diese Frau über Euch hält, mit ihrem Tod gebrochen wird.«
    Jakob schaute von Voß zu Sara, und der Schreck, der ihm durch die Knochen fuhr, war ihm anscheinend deutlich anzumerken, denn Voß sagte: »Nun, die Meddersheimerin hat noch etwas Zeit, schließlich warten andere schon weitaus länger auf ihr Urteil.«
    Die Apothekerin war inzwischen aufgestanden. Klare löste die letzte Fußfessel ab. Anna Ameldung wirkte gefaßt, auch wenn es keinen Zweifel daran gab, aus welchem Grund die Büttel sie abführten.
    »Was geschieht hier?« verlangte Jakob zu wissen.
    »Die Apothekerin tritt vor ihren Richter«, erwiderte Voß mit Genugtuung in der Stimme. »Noch bevor die Sonne aufgeht, wird sie sich vor dem Angesicht des Herrn für ihre Sünden verantworten müssen.«
    Jakob tauschte einen entsetzten Blick mit der Apothekerin. Sie würde noch in dieser Nacht sterben. Eine Verhandlung unter Ausschluß der Öffentlichkeit und eine schnelle, diskrete Hinrichtung – dies war der Preis, den Wilhelm Peltzer nur allzu gern entrichtete, um seinen Widersacher Heinrich Ameldung mundtot zu machen.
    |277| Nachdem Klare alle Ketten gelöst hatte, wollte einer der Büttel die Ameldung am Arm packen, doch sie humpelte zur Seite und taumelte auf Sara und Jakob zu. Bevor man sie zurück reißen konnte, ergriff sie beide an den Händen und lächelte schwach.
    »Gott wird euch vergelten, was Ihr für mich getan habt«, sagte Anna.
    Der Büttel griff nach ihrem Kopf und zog sie brutal zurück. Anna schrie auf, und im nächsten Moment wurde sie auch schon die Treppe hinunter gedrängt. Sara schlug die Hände vor ihr Gesicht und begann zu weinen.
    Voß gab dem anderen Büttel ein Zeichen, woraufhin der Mann Jakob unter den Arm faßte und ihn auf die Beine zog.
    »Ihr werdet das Gefängnis jetzt verlassen«, wies ihn der Ratsherr zurecht. »Schaut Euch Eure kleine Hexe noch einmal gut an, denn Ihr werdet sie erst wieder zu Gesicht bekommen, wenn man sie auf den Richtplatz führt, um ihr den Kopf von den Schultern zu trennen.«
    Jakob verzog wütend das Gesicht. »Ihr seid ein verdammter, elender …«
    »Haltet Euch zurück«, rief Voß und hob warnend den Zeigefinger. »Habt Ihr Euch nicht schon genug versündigt? Und nun verschwindet von hier! Sucht Peltzer auf! Er wies mich an, Euch zu bestellen, daß er Euch morgen früh in seinem Haus sprechen will. Wahrscheinlich hatte er schon geahnt, daß Ihr Euch hier unter dem Rock der Meddersheimerin verkrochen habt.«
    Der Büttel schleppte Jakob mit sich zur Tür. Jakob wand sich, streckte seinen Arm nach Sara aus und rief flehend ihren Namen. Doch dann wurde er auch schon auf die Treppe gestoßen. Er sah noch einmal kurz ihr Gesicht, ihre verweinten und verzweifelten Augen, dann verschwand sie aus seinem Blickfeld.
    Draußen lief er einige Schritte den Wehrgang entlang, bis er im Licht des Mondes einen Blick auf die kleine unheilvolle Prozession erhaschen konnte: Anna Ameldung humpelte steif zwischen dem Büttel und Matthias Klare auf das kleine Wachthaus |278| vor dem Bucksturm zu, wo anscheinend die Verhandlung stattfinden würde.
    Erst da öffnete Jakob langsam seine rechte Faust und starrte lange auf die vertrocknete Lilienblüte, die Anna Ameldung ihm bei ihrem Abschied in die Hand gedrückt hatte. Er mußte an die Geschichte denken, die Anna den Kindern angeblich so oft erzählt hatte. Sie hatte behauptet, die Blüte nähme die Schmerzen in sich auf und vertrocknete daran. Die Apothekerin brauchte die Blume nun nicht mehr, denn alle Qualen und schrecklichen Demütigungen würde sie bald hinter sich lassen.
     
    Über eine Stunde lang trat Jakob unruhig in der Nähe des Bucksturms auf und ab. Er näherte sich dem kleinen Wachthaus, ging dann wieder zurück bis zum Wehrgang, wartete dort eine Weile und schritt die Häuserfassaden ab, um die eine oder andere geisterhafte Silhouette vor den erleuchteten Fenstern des Gebäudes zu erspähen, in dem sich die Verhandlung der Anna Ameldung abspielte. Auch gedämpfte Stimmen vernahm er, ohne jedoch auch nur ein Wort von dem verstehen zu können, was in dem Häuschen gesprochen wurde. Im Grunde war dies auch nicht von Belang, denn er wußte um die formelle Abwicklung einer solchen Gerichtsverhandlung, deren Ausgang nur mehr eine

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