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Hexentage

Hexentage

Titel: Hexentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Wilcke
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Gasse passierte. Sein Knecht jedoch hatte wohl einen Scherz gemacht, über den er allerdings allein lachte. Klare verzog keine Miene. Sein Blick wandte sich für einen kurzen Moment in die Gasse, in der Jakob sich versteckte. Jakob hielt die Luft an und drückte sich noch fester gegen die Wand in seinem Rücken. Hatte Klare ihn bemerkt? Wahrscheinlich nicht, denn im nächsten Augenblick wandte der Scharfrichter den Kopf und verschwand aus dem Blickfeld.
    Jakob wartete mit wild hämmerndem Herzen ein paar Momente ab, bevor er auf die Straße trat. Vom Scharfrichter und seinem Begleiter war nichts mehr zu sehen. Wahrscheinlich würden sie bis zur Mittagszeit ihren Pflichten nachgehen. Wertvolle Stunden, in denen er Klares Versteck in Augenschein nehmen konnte.
    Einigermaßen beruhigt machte Jakob sich auf den Weg in den Wald. Als er das Stadttor passierte, begann es zu dämmern. Zu seiner Erleichterung bereitete es ihm keine Schwierigkeiten, den richtigen Weg zu finden, und so stand er wenig später vor der Abdeckung aus Laub und Holz, mit der Matthias Klare den Stolleneingang verborgen hatte. Jakob räumte den Eingang frei und starrte mit einem bangen Gefühl in den undurchdringlichen schwarzen Gang vor ihm. Plötzlich fürchtete er sich. Er hatte keine Ahnung, was ihn hinter der Tür erwarten mochte. Bislang hatte er angenommen, daß Klare die Höhle verschlossen hielt, um ungebetenen Gästen den Eintritt zu verwehren. Doch es war ebenso möglich, daß der Scharfrichter damit verhindern wollte, daß etwas, das sich in der Höhle befand, ausbrechen konnte. |174| Was, wenn Klare bereits eine Schar Dämonen beschworen hatte, die sich in wilder Raserei auf jeden Eindringling stürzen und ihn in Stücke reißen würden? Noch war es möglich, den Eingang wieder zu schließen, unversehrt in die Stadt zurückzukehren und die ganze Angelegenheit zu vergessen.
    Nein, schalt Jakob sich, er würde dieses Vorhaben zu Ende führen. Er packte aus dem Ledersack, den er mit sich führte, eine Öllampe und eine Eisenstange aus, entzündete die Lampe und trat entschlossen in den Stollen. Einige Augenblicke lang leitete ihn noch das Tageslicht, doch als er die Holztür erreichte, war er bereits auf die Laterne angewiesen.
    Sara hatte ihm einige wunderliche Geschichten über diese Höhlen erzählt. Angeblich sollte der ganze Berg von ihnen durchzogen sein. Es gab sogar das Gerücht, eine dieser Höhlen wäre vor Hunderten von Jahren angelegt worden und würde bis in die Gewölbe des Doms führen. Einer anderen Legende nach sollte ein Stollen existieren, in dem ein unsichtbarer Schmied wohnte, der den Leuten aus der Gegend genau das schmiedete, was ihr Herz begehrte. Die Menschen schrieben dem verzauberten Schmied ihren Wunsch auf einen Zettel, ließen ihn auf seinem Steintisch zurück, und am nächsten Tag fanden sie an selber Stelle die fertige Arbeit und einen weiteren Zettel, auf dem der Schmied seinen Lohn einforderte.
    Jakob stemmte die Eisenstange in die Vertiefung des Schlosses und drückte sie so fest er konnte nach oben. Doch er mühte sich vergeblich: Die Stange fand zu wenig Halt, als daß er das Schloß auf diese Weise aufbrechen konnte.
    »Verdammt!« zischte er. Das flackernde Licht der Lampe fiel auf die Scharniere. Jakob betrachtete sie eingehend. Sie waren in den Fels geschlagen und eingemauert worden. Trotzdem würde es mit dem Stemmeisen möglich sein, sie herauszubrechen.
    Bereits bei seinem ersten Versuch löste sich das untere Scharnier aus dem Fels. Das zweite bereitete Jakob allerdings mehr Mühe. Nach wenigen Augenblicken brannten seine Hände bereits |175| von der Anstrengung, doch schließlich fiel auch dieses Scharnier vor seinen Füßen auf den Boden. Nun war es nicht mehr schwierig, die Tür aus dem Schloß zu hebeln, und bald schon hatte er sie weit genug aufgedrückt, um sich auf die andere Seite durchzuzwängen.
    Ohne Zweifel würde Klare den Schaden bemerken, aber das war Jakob gleichgültig. Ihm ging es schließlich nur darum, einen Blick in dieses mysteriöse Versteck zu werfen.
    Mit der Lampe in der linken und der Eisenstange in der rechten Hand schob er sich durch den Spalt. Noch konnte er nichts Ungewöhnliches ausmachen. Einzig der widerwärtige Gestank, der ihm entgegen schlug, wurde immer heftiger.
    Plötzlich erinnerte er sich auch daran, woher er diesen Gestank kannte. Auch in der Arrestzelle, in der Anna Ameldung hockte, hatte es so gerochen.
    Jakob packte seine Stange fester. Es beruhigte

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