Hexentage
zu ihr gekommen und hätte sie erwürgt, aber der Rat wußte, daß dies nicht die Wahrheit war. Vor allem Peltzer begegnete mir mit Argwohn. Er bestellte mich schon bald darauf zu sich und warf mir vor, ich wäre für Elsche Berges’ Tod verantwortlich. Zunächst stritt ich alles ab, doch der Bürgermeister glaubte mir nicht. Er hatte sofort erkannt, daß ich versuchte, mich herauszureden. Schließlich gestand ich ihm meine Schuld, doch zu meiner Verwunderung sah Peltzer davon ab, meine Verfehlung dem Rat anzuzeigen. Er beließ es bei einer strengen Ermahnung, nachdem ich eingewilligt hatte, zu einem späteren Zeitpunkt Buße zu tun. Was er damit im Sinn hatte, erfuhr ich wenige Wochen später, als die kaiserlichen Soldaten sich von der Stadtgrenze zurückzogen. Peltzer hatte den schwedischen Statthalter angefleht, das verhaßte katholische |188| Kloster auf dem Gertrudenberg dem Erdboden gleichzumachen, doch die Schweden lehnten sein Ersuchen ab. Deshalb wies er mich an, das Kloster noch in derselben Nacht niederzubrennen. Ich lehnte ab, doch Peltzer erinnerte mich an meine Verfehlung und erklärte mir, indem ein Symbol des falschen Glaubens durch meine Hand vom Feuer zerstört werden würde, wäre ich in der Lage, meine Schuld zu sühnen. Alles in mir sträubte sich gegen eine solche Tat, aber ich sah ein, daß ich mich in Peltzers Schuld befand. So suchte ich im Schutze der Nacht das Kloster auf, schüttete ein Faß Öl in der Kapelle aus und setzte das Gebäude in Brand. Auf meinem Weg zurück, während ich noch die Hitze des Feuers auf meinem Rücken spürte, vernahm ich einen schrecklichen Schrei. Jemand mußte sich noch im Kloster aufgehalten haben. Ich lief zurück, und plötzlich sah ich, wie eine brennende Gestalt aus dem Eingang genau auf mich zu stürmte. Ich stieß sie von mir. Dann warf ich meinen Umhang über die gepeinigte Person und löschte die Flammen. Ich war verwirrt und wußte zunächst nicht, was ich tun sollte. Die Frau hatte solch schreckliche Verbrennungen erlitten, daß ich annahm, sie würde sterben. Ich nahm sie und schaffte sie in eine der Höhlen unter dem Gertrudenberg.
Doch die Frau starb nicht. Ihre Schmerzen müssen unerträglich gewesen sein, und ich habe mehr als einmal überlegt, sie von ihren Leiden zu erlösen. Dann jedoch begriff ich, daß dies die Buße war, die Gott mir für meinen Frevel auferlegt hatte. Ich war Elsche Berges gegenüber zum Richter geworden und hatte ihr das Leben genommen, darum wurde ich nun dazu verdammt, diesen verbrannten Körper am Leben zu erhalten. Ich nahm diese Bürde an. Mehr als vier Monate mußte ich ihr Leiden Tag für Tag verfolgen, und erst jetzt scheint der Herr mir meine Sünde vergeben zu haben, denn er sandte mir Euch und Sara Meddersheim.«
»Vielleicht hat Gott Euch wirklich vergeben«, flüsterte Jakob, ergriffen von der Beichte des Scharfrichters.
»Aber da ist noch etwas, das ich Euch sagen muß. Etwa drei |189| Wochen nach dem Feuer bestellte Peltzer mich abermals zu sich und übergab mir für meine Dienste eine ansehnliche Summe Geld, die ich widerstrebend annahm. Am nächsten Tag erfuhr ich, daß Maria Bödiker, eine Magd aus Peltzers Haus, des Diebstahls eben dieser Münzen bezichtigt wurde. Ich suchte Peltzer noch einmal auf und bat ihn, die Anschuldigungen gegen seine Bedienstete fallenzulassen. Der Bürgermeister stritt jedoch jede Verbindung zwischen dem Geld, das ich von ihm erhalten hatte, und dem angeblichen Diebstahl vehement ab. Da er die Münzen nicht zurücknehmen und ich kein Geld, an dem unschuldiges Blut haftete, mein eigen nennen wollte, legte ich es in der Nacht vor der Eingangstür des Peltzerschen Hauses ab und warf einen Stein gegen die Tür, auf daß es gefunden und die arme Magd entlastet würde.«
»Ich ahne bereits, was dann geschah.«
Klare schaute ihn traurig an. »Das Gesinde Peltzers sagte später aus, sie seien durch das laute Geschrei einer Katze geweckt worden, und als man den Beutel vor der Tür gefunden habe, hätte es in den Balken geknistert und eine Fledermaus wäre um das Haus herumgeflogen. Maria Bödiker wurde daraufhin nicht nur des Diebstahls, sondern auch der Hexerei angeklagt. Nachdem die Wasserprobe ihre Schuld bestätigt hatte, gestand sie beide Vergehen reumütig ein.«
»Und das, obwohl sie unschuldig war.« Jakob konnte nicht fassen, daß Wilhelm Peltzer auf solch berechnende Art gehandelt hatte.
»Zudem nannte sie die Namen sieben anderer Frauen, die angeblich mit ihr den
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