Hexentage
furchtbar sein.« Sara schaute ihn herausfordernd an.
Sie lachten über diesen albernen Streit, und bald darauf bat Sara, den Karren anzuhalten, da sie plötzlich einen regelrechten Heißhunger verspürte und sich über den Korb hermachen wollte, den die Nonnen ihnen mitgegeben hatten.
Auf einer Lichtung ließ sich Sara an einem Baum in Jakobs Schoß nieder, breitete den Proviant vor sich aus und steckte Jakob ein Stück Honigkuchen in den Mund.
»Köstlich«, meinte er und verfolgte amüsiert, wie Sara abwechselnd von dem süßen Honigkuchen und von einer deftigen Fleischpastete abbiß.
»Deine Eßgewohnheiten versetzen mich immer wieder in Erstaunen«, sagte er, worauf sie kauend erwiderte: »Mich ebenfalls. Ich glaube, wenn das Kind aus dem Bauch ist, werde ich trotzdem noch so dick bleiben.«
Jakob strich mit den Händen über ihren Bauch. »Auch dann |195| würde ich deine Nähe nicht missen wollen.« Er runzelte die Stirn und fragte: »Wie soll das Kind eigentlich heißen?«
Sara nahm einen Schluck Bier zu sich und antwortete: »Wenn es ein Junge wird möchte ich ihn nach seinem Vater nennen. Magnus Meddersheim.«
»Und wenn es ein Mädchen ist?«
Sara schwieg einen Moment lang. »Ich würde sie Anna nennen. Damit ich niemals meine Freundin Anna vergesse, die ihr Leben wegen haltloser Anschuldigungen und durch die Willkür einiger abergläubischer Ratsherren verlieren wird.«
Vor allem durch das Wirken eines ganz bestimmten Mannes,
überlegte Jakob. Der Gedanke an Wilhelm Peltzer brachte ihm in Erinnerung, wie sehr er in den letzten Tagen seine Pflichten vernachlässigt hatte. Fast eine ganze Woche lang hatte er kaum einen Fuß über die Schwelle des Peltzerschen Hauses gesetzt, was den Bürgermeister gewiß alles andere als erfreut haben würde. Doch nach dem, was Matthias Klare ihm über Peltzers Machenschaften berichtet hatte, war es Jakob mittlerweile gleichgültig geworden, welche Gedanken der Bürgermeister über ihn hegte. Um ein anderes Thema anzusprechen, fragte er: »Glaubst du, Margaretha wird jemals wieder ein normales Leben führen können.«
Sara zuckte mit den Achseln. »Die Narben werden bleiben, aber ich hoffe, daß sich mit der Zeit ihr Verstand reinigt. Auf jeden Fall ist sie in der Obhut der Benediktinerinnen gut aufgehoben. Ich bin mir sicher, die Nonnen dort werden sich gütig um sie kümmern, auch wenn sie zunächst noch ein wenig erschrocken wirkten.«
»Und das ist vor allem dein Verdienst«, meinte Jakob. »Sara, ich glaube, du bist eine Heilige.«
Sara lachte, nahm spontan seine Hände von ihrem Bauch und legte sie auf ihre Brüste. Sie seufzte leise. »Oh, Jakob, ich vermute, für eine Heilige bin ich wohl doch etwas zu verdorben?« Sie drückte ihm einen Kuß auf die Lippen. »Aber du? |196| Pflegst du nicht den besseren Kontakt zum Himmel? Zweifelst du noch immer daran, daß deine Gesichter auch Gutes bewirken können? Ohne dich hätten wir niemals vom Schicksal dieser Frau erfahren. Die Bilder in deinem Kopf mögen schrecklich für dich sein. Hättest du sie jedoch für dich behalten, wäre die arme Frau in ihrer Höhle eines grausamen Todes gestorben.«
Sara hatte recht. Die Vorgänge der letzten Tage hatten Jakob davon überzeugt, daß seine Offenbarungen kein Werk des Teufels gewesen waren. Es war ihm möglich, Gutes damit zu bewirken und anderen Menschen zu helfen. War dies alles Teil des Schicksals, das von der göttlichen Hand geführt wurde? Wenn es sich tatsächlich so verhielt, dann mußte Gott auch gewollt haben, daß er von Peltzers Machenschaften erfuhr.
Zu lange hatte er dem Bürgermeister blind vertraut und in ihm einen ehrenvollen Streiter gegen die Hexerei gesehen. Diese Einschätzung war durch Matthias Klares Geständnis revidiert worden, und Jakob hatte einsehen müssen, daß der Bürgermeister die Hexenverfolgung zum eigenen Nutzen ins Leben gerufen hatte. Er wollte durch die Anschuldigungen den Ruf seiner Gegner zerstören, ohne Rücksicht darauf, daß dadurch die Leben unschuldiger Menschen geopfert wurden.
»Du bist plötzlich so still«, sagte Sara leise. »Woran denkst du?«
Jakob erinnerte sich an den Schwur auf Saras Leben, den er
Klare geleistet hatte. »Das kann ich dir leider nicht sagen, und frage mich bitte nicht warum. Aber ich verspreche dir, ich werde dich von nun an in allem unterstützen. Ich möchte auch den Angehörigen Frau Ameldungs und Frau Modemanns meine Hilfe anbieten. Du kannst doch sicher ein Treffen mit ihnen
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