Hexentage
herbeiführen.«
Sara legte ihm einen Finger auf die Lippen und bedeutete ihm zu schweigen. »Denke daran, was du aufs Spiel setzt, wenn der Bürgermeister bemerken würde, daß du gegen seine Interessen arbeitest. Dein Studium, deine Hochzeit … all das könntest du verlieren.«
|197| »Er muß es nicht merken. Überlege doch, Sara, ich wohne in Peltzers Haus und kann ihn recht gut einschätzen. Außerdem wird er mich an wichtigen Ratssitzungen teilnehmen lassen. Ich könnte einiges für die armen Frauen im Kerker tun.« Sie schwiegen ein paar Momente, dann wollte Jakob wissen: »Also, wirst du mich mit Modemann und Ameldung bekanntmachen?«
Sara kaute unentschlossen an ihrer Unterlippe. »Anna Ameldung ist meine engste Vertraute, für ihren Ehemann und Albert Modemann bin ich jedoch nur eine Frau unter ihrem Stand, die zudem einen Bastard im Bauch trägt. Trotzdem würden sie mir wohl ihre Aufmerksamkeit schenken, wenn ich ihnen erkläre, daß ein Protegé Peltzers gewillt ist, ihre Sache zu unterstützen. Aber ich warne dich: Du wirst dir gefährliche Feinde schaffen und deine Zukunft aufs Spiel setzen.«
Seine Zukunft – Jakob empfand nur ein Gefühl der tauben Unzufriedenheit, wenn er an ein Leben an der Seite seiner Braut Agnes dachte.
»Ich weiß nicht, was mir diese Zukunft, von der du sprichst, noch wert ist«, sagte er leise.
Sara schaute ihn ernst an. »Jakob, ich will, daß du deine Studien aufnimmst und ein Advocatus wirst – ein gewissenhafter, engagierte Rechtsgelehrter, der ehrlich das Gesetzbuch vertritt und sich nicht wie viele andere seiner Zunft von Trug und Aberglauben zu einem falschen Urteil verleiten läßt. Das ist der Weg, der dir bestimmt ist.«
Jakob seufzte. »Ich wünschte mir, dieser Weg würde hier enden. Hier auf dieser Lichtung zusammen mit dir.«
»Sieh es als kleine Rast, die du eingeschlagen hast. Deine eigentliche Reise beginnt doch erst.«
»Dann möchte ich, daß du mich auf dieser Reise begleitest. Könntest du dir vorstellen, diese verdammte Stadt zu verlassen und mit mir zu gehen? Vielleicht nicht sofort, aber in ein paar Monaten, wenn du dich von der Geburt erholt hast.«
|198| »Du hast bereits ein Eheversprechen gegeben …«
»Das kann wieder aufgelöst werden.«
Sara runzelte die Stirn. »Jakob, wie würden wohl deine Eltern reagieren, wenn du dein Eheversprechen mit der angesehenen Familie Laurentz auflöst und ihnen statt dessen eine Handwerkertochter mit einem unehelichen Kind präsentierst.«
Sie würden mich davonjagen wie einen Lumpen,
schoß es Jakob durch den Kopf. Er wußte welche Wahrheit in Saras Worten lag, aber das mochte er sich nicht eingestehen.
»Sara, bedeutet dir das, was zwischen uns geschehen ist, denn überhaupt nichts? Bin ich dir völlig gleichgültig?« Es schmerzte ihn, diese Frage so offen zu stellen.
Sara bewies ihm mit einem leidenschaftlichen Kuß, daß er die Antwort auf diese Frage nicht fürchten mußte.
»Ich bin vorsichtig«, sagte sie, als ihre Lippen sich voneinander gelöst hatten. »Wir stammen aus zwei verschiedenen Welten, und ich akzeptiere es, wenn du dich eines Tages gegen mich entscheidest und deinen Weg gehst. Darum laß uns diese Zeit genießen – so unkompliziert wie möglich.«
»Warum hast du dich dann überhaupt mit mir eingelassen?« wollte er von Sara wissen.
Sara schaute ihm tief in die Augen. »Weil auch ich nur schwach bin und nicht immer vernünftig.« Sie schloß ihn in die Arme und bedeckte sein Gesicht mit Küssen bis ihm nur noch vier Worte durch den Kopf hallten:
Es lebe die Unvernunft!
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Kapitel 21
Während Jakob den Marktplatz überquerte, fühlte er sich unweigerlich an die blutlüsterne Versammlung erinnert, die an diesem Ort den Tod der Hexe Grete Wahrhaus gefordert hatte. Doch nun lag der Platz öde und verlassen da. Nur vereinzelt |199| huschte die eine oder andere Gestalt über das Kopfsteinpflaster. Ein halbes Dutzend fetter Tauben stob hektisch auseinander, als Jakob und Sara zielstrebig auf die Apotheke zueilten.
Verstohlen klappte Jakob seinen Mantelkragen nach oben, so daß der Filz den größten Teil seines Gesichtes verdeckte. Es war ihm gar nicht recht, daß der Platz vor der Apotheke des Heinrich Ameldung derart menschenleer vor ihm lag, so daß ihn jeder sehen konnte. Auf keinen Fall wollte er erkannt werden, denn sollte Wilhelm Peltzer auch nur den geringsten Verdacht schöpfen, daß sein Schützling sich in der Apotheke zu einem geheimen Treffen mit seinen
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