Hexenvisionen: Romantic Thriller (German Edition)
zurückkehren?“ Das klang wie ein sanfter Rauswurf.
Sir Thomas stand auf, während Jenkins damit begann, die ganzen Utensilien wieder in den Kühlschrank zurück zu packen.
„Wo sind Sie gewesen?“, fragte Harding plötzlich.
Jenkins hielt nicht einmal inne. „Ich hatte etwas zu erledigen, Sir. Verzeihen Sie, aber das steht mir an Privatleben zu.“
„Ich hatte nicht vor, in Ihrem Privatleben herumzuwühlen, aber in diesem Fall glaube ich Ihnen nicht. Ich kann mich dunkel erinnern, dass Sie mit dem Butler des Earls of Graveston befreundet waren. Und nun wünsche ich eine klare Antwort. Waren Sie in seinem Haus?“
Jenkins schwieg einen Augenblick, dann nickte er. „Ja, Sir. Ich habe nach Mrs. Jefferson gesucht. Sie ist eine reizende Frau, und ich mache mir Sorgen um sie.“
„Damit stehen Sie nicht allein. Und was haben Sie gefunden?“
„Sir, ein Großteil der Geheimgänge ist nicht benutzt worden. Doch der Kellerzugang wurde mit einer Stahltür gesichert, die ich mit den herkömmlichen Methoden nicht öffnen konnte.“
„Herkömmliche Methoden?“, ächzte Sir Thomas. „Sie hören sich an wie ein professioneller Einbrecher.“
„Aber Sir, Sie wissen doch, ein guter Butler kann alles.“
„Auch einbrechen?“
„Wenn es denn sein muss.“
Sir Thomas setzte sich wieder. Mit dieser Antwort hatte er nicht gerechnet, obwohl er dachte, er würde seinen Butler gut kennen.
Jenkins hatte nun das Chaos auf dem Küchentisch beseitigt und schaute seinen Dienstherrn fragend an.
„Sir Thomas, wenn ich bitten darf...“
„Was denn, wollen Sie mich aus meiner Küche werfen?“
„Sir, wenn der Butler im Hause ist, ist es seine Küche.“
Harding gab auf, dieser Logik hatte er nichts entgegenzusetzen, schon gar nicht in seinem jetzigen Zustand. Er gab nach.
„Gut, bringen Sie mir ganz einfach - einen heißen Tee“, bat er. „Und dann erzählen Sie mir genau, was Sie herausgefunden haben, oder auch nicht.“
Sir Thomas lief in der Bibliothek auf und ab, während er immer wieder Blicke zum Schachspiel hinüberwarf. Schließlich kam Jenkins mit dem Tee. Er begann minutiös zu berichten, was er gesehen und gefunden hatte, aber Harding unterbrach ihn.
„Um Himmels, Mann, setzten Sie sich. Im Augenblick machen Sie mich nervös, wenn Sie da herumstehen.“
Jenkins zog indigniert die Augenbrauen hoch, gab aber dann keinen Kommentar zu dieser Zumutung ab, sondern setzte sich auf eine Stuhlkante. Sir Thomas nahm das kopfschüttelnd zur Kenntnis, aber er hörte aufmerksam zu. Dann begann er einen Plan zu schmieden und legte ihn seinem Butler dar. Dieser war noch nicht ganz überzeugt, doch schließlich schloss er sich den Ausführungen Hardings an.
*
Helen saß in ihrer winzigen Zelle, denn eine Zelle war es, da machte sie sich nichts vor, und dachte nach. Sie versuchte die verlorene Zeit im Gedächtnis zu rekonstruieren, aber es klappte einfach nicht. Sie schien an einem massiven Gedächtnisschwund zu leiden, und je mehr sie nachdachte, umso stärker wurden die einsetzenden Kopfschmerzen.
Es hatte doch alles keinen Zweck, stellte sie irgendwann fest. Aber ausgerechnet Hexenkünste? Sie? Niemals hätte sie sich dafür hergegeben, das wusste sie genau. Im Grunde hatte sie eine Abneigung gegen alles Okkulte und Parapsychische. Und Hexerei fiel nach ihrem Verständnis auf jeden Fall darunter.
Außerdem, wie lange war sie wohl schon hier? Hatte sie denn noch niemand vermisst? Niemand in der Redaktion, der neugierige Fragen stellte? Und auch Sir Thomas nicht, dem zuliebe sie doch hergekommen war? Wo war Sir Thomas?
Lautlos öffnete sich die Tür, und Dalrina schlüpfte herein. Sie legte warnend einen Zeigefinger an die Lippen und kam dicht an Helen heran. Dann flüsterte sie ihr ins Ohr.
„Wollen Sie weg von hier? Soll ich Ihnen helfen, hier herauszukommen?“
Helen nickte, kaum überrascht. „Sie werden sich selbst Schwierigkeiten machen“, gab sie ebenso leise zurück.
„Das kann schon sein. Aber ich bin dafür, dass jeder über sich selbst bestimmt, ob er nun hext oder nicht.“
„Ich bin also nicht freiwillig hier?“, gab Helen zurück.
„Darüber sollten Sie selbst urteilen. Ich muss ein paar Vorbereitungen treffen, ich melde mich, wenn es soweit ist.“
Dalrina schlüpfte wieder hinaus, genauso lautlos, wie sie gekommen war, und Helen hatte plötzlich noch mehr zum nachdenken. Schließlich aber kam ihr eine Idee. Wenn sie eine solche Begabung hatte, wie O’Bannon, aber auch
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