Hexenvisionen: Romantic Thriller (German Edition)
wert sein, wenn sie echt waren. Und sie sahen sehr echt aus. Die Möbel wirkten zerbrechlich und teuer, die Teppiche gut gepflegt und noch teurer.
Die Hexengilde schien zumindest nicht am Hungertuch zu nagen. Da das Haus so weitläufig war, und sich in jedem Raum höchstens drei oder vier Personen aufhielten, hatte Helen überhaupt keinen Überblick, wie groß dieser Kongress sein mochte. Doch sie fand es auf alle Fall erstaunlich, wie viele Leute hier zusammengekommen waren. Hexerei schien weiter verbreitet, als sie geahnt hatte. Und mittlerweile regte sich in ihr die gesunde Reporterneugier. Wenn es so viele Menschen gab, die sich dafür interessierten, dann gab es mit Sicherheit noch mehr, die darüber auch etwas lesen wollten. Und genau das war ja ihr Anliegen, ein Bericht in der Zeitung.
Helen Jefferson besann sich darauf, wer und was sie war und vor allen Dingen, warum sie hier war. Energisch nahm sie ihre Kamera hoch, schickte ein bezauberndes Lächeln zu Dalrina und fragte ganz arglos: „Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich ein paar Fotos mache? Von Ihnen meine ich, und vielleicht von dem Haus.“
„Aber nein“, lächelte die Hexe. „Meine Brüder und Schwestern müssen Sie aber auf jeden Fall erst fragen, ob sie nichts dagegen haben. Einige von uns sind da sehr empfindlich.“
„Selbstverständlich“, versprach Helen zuckersüß. „Ich finde das alles hier hochinteressant, und ich hoffe, ich werde noch einige Zaubersprüche und andere Dinge kennenlernen. Vielleicht darf ich auch Fragen stellen.“
Dalrina freute sich offensichtlich. „Nun, vielleicht kann ich Sie ja doch noch zu uns bekehren. Sie machen jedenfalls den Eindruck, als wären Sie sehr sensibel für unsere Kunst.“
Sir Thomas hüstelte unterdrückt, und Helen hätte ihm am liebsten einen bitterbösen Blick zugeschickt. Das war im Grunde das, was auch er schon mehrfach gesagt hatte. Aber sie beherrschte sich mustergültig.
„Ich glaube nicht, dass ich das könnte“, sagte Helen etwas kleinlaut und stellte sich absichtlich ein bisschen dumm. „Dafür muss man doch sicher lange studieren. Ich stelle mir das sehr schwierig vor. Ich bin für so etwas völlig unbegabt.“
Sir Thomas verschluckte sich an den Worten, die er mühsam unterdrückte.
„Ich bin sicher, jeder von uns wird Ihnen gerne helfen, wenn Sie ernsthaft daran interessiert sind“, erwiderte Dalrina mit einem reizenden Lächeln und völlig arglos.
„Wir werden sehen“, wiegelte Helen ab.
*
Zwei Stunden später schwirrte Helen der Kopf. Dalrina hatte das vorgetäuschte Interesse für wahr genommen und Helen in alles Mögliche eingeführt. Schließlich bat die Reporterin dringend um eine Pause, sie wollte sich ein bisschen ausruhen. Sir Thomas begleitete sie. Und schließlich saßen die beiden in einer gemütlichen Sitzecke beieinander, mit Erfrischungen vor sich auf dem Tisch.
„Das war phantastisch, Helen. Ich bewundere Sie“, meinte Harding anerkennend.
Sie blickte ihn aber nur böse an. „Rein berufliches Interesse, Professor. Und im Übrigen wäre ich Ihnen sehr verbunden und dankbar, wenn Sie sich in Zukunft aus meinen Angelegenheiten heraushalten.“
„Ihren Angelegenheiten, Helen?“, fragte er vollkommen unschuldig. „Ich glaube, ich verstehe Sie nicht ganz.“
„Ich meine damit, dass Sie meine Aufträge nicht über Mr. Brody manipulieren sollten. Und schon gar nicht einen solch blödsinnigen Kongress wie diesen hier.“
„Oh, und ich dachte, es gefällt Ihnen“, erklärte er betrübt.
„Ich brauche diese Veranstaltung etwa so dringend wie Magenschmerzen“, fauchte sie ihn an.
„Sie sind sehr hart zu mir“, stellte er bedauernd fest. „Ich habe nur gedacht, ich tue Ihnen einen Gefallen.“
„Tun Sie mir einen einzigen Gefallen“, seufzte Helen. „Lassen Sie mich ganz einfach in Ruhe. Ich schätze Sie als Freund und Schachpartner. Aber bitte, mischen Sie sich nie wieder in meine Arbeit ein. Bitte!“
Thomas Harding wurde sehr ernst. „Verzeihen Sie mir, Helen, aber ich nehme diese Sache hier äußerst ernst. Diese Hexengilde steht in dem Ruf Schäden anrichten zu können, von denen Sie und ich sich keine Vorstellung machen können. Eine Frau aus meinem Bekanntenkreis hatte sich diesen Leuten angeschlossen. Und heute ist sie in einer psychiatrischen Anstalt, nicht mehr ansprechbar. Körperlich völlig gesund, aber geistig ein Wrack.“
Helen erschrak. „Entschuldigen Sie, das habe ich natürlich nicht gewusst. Aber
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