Hexenvisionen: Romantic Thriller (German Edition)
Zaubersprüchen.“
„O fein, und was soll ich da?“, fragte Helen wenig begeistert.
„Vielleicht reizt es Sie, anschließend festzustellen, dass Sie viel mehr übersinnliche Fähigkeiten besitzen, als die meisten dieser sogenannten Hexen“, stellte er trocken fest. „Helen, ich habe Ihnen immer wieder gesagt, dass Sie sehr sensibel sind. Sie sollten viel mehr auf Ihre Gefühle und Ahnungen geben. Und Sie sollten sich endlich testen lassen.“
„Wenn Sie mich damit wieder einmal nerven wollen, dann gehe ich gleich wieder“, erklärte sie, noch immer nicht besänftigt.
„Nein, verschieben wir das Thema lieber“, gab er nach. „Wie wäre es mit einer Partie Schach?“
Wenig später saßen sich die beiden gegenüber und maßen ihre Kräfte im fairen Wettstreit.
*
Die Frau sah eigentlich vollkommen normal und vor allen Dingen sehr hübsch aus. Pechschwarzes Haar fiel ihr in Locken auf die Schultern, in dem herzförmigen Gesicht leuchteten ein roter Mund und warme braune Augen, und ihr Lächeln war sympathisch und ansteckend. Trotzdem hatte sie sich als Dalrina, Hexe Ersten Grades vorgestellt. Helen war verblüfft, und Dalrina hatte ihr das angesehen.
„Ich sehe schon, Sie sind eine Skeptikerin“, hatte sie gemeint und Helen freundlich die Hand entgegengestreckt. „Aber wir Hexen sind nun mal keine verhutzelten Weiblein, die in Sack und Asche durch die Gegend laufen und ständig vor sich hinmurmeln. Die Hexen von heute sind Frauen, die mitten im Leben stehen, so wie ich. In meinem bürgerlichen Beruf bin ich Immobilienmaklerin.“
„Nun, dann hoffe ich, dass Sie wenigstens ein paar Hexenhäuser anzubieten haben“, murmelte Helen sarkastisch.
Dalrina lachte noch einmal auf. „Sie sind reizend. Wollen Sie nicht unserer Gilde beitreten?“
Helen streckte empört und abwehrend die Hände aus, und Sir Thomas lächelte.
„Kommen Sie, ich zeige Ihnen alles und stellte Sie den anderen vor“, sagte Dalrina offenherzig und zog Helen mit sich.
In einigen kleineren Räumen gab es regelrechte Diskussionsrunden vom kleinen Hexeneinmaleins bis hin zu handfesten Beschwörungen. Geheimnisvolle Mixturen wurden hergestellt, Kräutertees, Salben, wie auch Kerzen, deren Wachs einige Zutaten zugefügt wurden, die Helen nicht identifizieren konnte und wohl auch gar nicht wollte. Sir Thomas hatte einige Male geschnuppert, Pulver flüchtig untersucht und etwas mit der Zungenspitze geschmeckt. Er machte plötzlich ein besorgtes Gesicht.
„Was ist los?“, fragte Helen etwas spöttisch. „Reicht Ihnen die Dosis nicht?“
„Das ist nicht alles unbedenklich“, meinte er ernst.
„Dann rufen Sie doch das Gesundheitsamt“, empfahl sie zynisch.
Dalrina wandte sich dem Wissenschaftler zu. „Wir sind sehr sorgfältig in der Auswahl und Bemessung unserer Zutaten.“
„Aber scheinbar nicht sehr wählerisch, ob Sie damit Schaden anrichten können.“
„Ernsthafte Hexerei ist kein Sandkastenspiel.“
„Und Körperverletzung kein leichtfertiges Delikt.“
„Ich glaube nicht, dass Sie genau wissen, wovon Sie reden, Professor.“
„Ich bin nicht nur Parapsychologe, ich habe eine gründliche medizinische Ausbildung hinter mir. Ich weiß auf jeden Fall, was Sie mit den Drogen anrichten können, die Sie hier zusammenbrauen. Auch in Kerzen. Rhodanquecksilber kann tödlich wirken.“
„Nehmen Sie ernsthaft an, dass wir mit dem Tod experimentieren?“, fragte Dalrina ernst. „Wir sind eine Hexengilde und beschwören übersinnliche Mächte. Aber wir töten nicht.“
Harding schwieg zu diesen Worten, doch in Helen kroch langsam Angst hoch. Wo war sie hier nur wieder hineingeraten? Ihre linke Hand krallte sich fester um die Kamera, die sie vor die Brust gehängt hatte. Ein innerer Drang riet ihr wegzulaufen. Das alles hier konnte doch nicht real sein. Aber wenn es real war, dann war es gefährlich. Also raus hier!
Doch Dalrina hielt sie an der Hand fest, als habe sie ihre Gedanken gelesen. Und ein warnender Blick von Sir Thomas hinderte sie daran, sich einfach loszureißen. Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen, dachte sie wehmütig.
Jetzt aber blickte sich Helen neugierig um. Dieser sogenannte Kongress fand in einem alten viktorianischen Haus statt, das sich als weitläufiger erwies, als es von außen schien. Die Räume waren hoch, die Wände teilweise holzgetäfelt oder mit reichlich Stuck ausgestattet, einige Wände waren mit Stofftapeten verziert, und die Bilder, die dort hingen, mochten ein Vermögen
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