Hexenwahn
hörte sogar das Pfeifen der Kugel. Mit einem gewaltigen Satz warf er sich zu Boden und stellte fest, daß Suko das gleiche getan hatte.
Mündungsfeuer blitzten rasch hintereinander vor den Waffen auf, als wollten sie mit der Helligkeit und dem Widerschein der Flammen um die Wette leuchten.
Bill und Suko mußten sich einige Male um die eigene Achse rollen, anders konnten sie sich nicht fortbewegen. Ein gellendes Lachen ertönte.
»Jagt ihnen die Kugeln in ihre verdammten Bullenschädel! Wer nicht für uns ist, der ist gegen uns. Los, Freunde, schießt. Beweist ihnen, daß wir die Besseren sind!«
Suko und Bill hielten sich zurück. Sie wollten nicht unnötig geweihte Silbermunition verfeuern, und andere Schießeisen trugen sie nicht bei sich. Noch immer prasselten und loderten die Flammen. Ihr Widerschein zuckte weit über den Platz, malte ein bizarres Mosaik aus Licht und Schatten und gab auch für die kämpfenden Parteien genügend Büchsenlicht ab. Bill lag hinter einem alten Eisenträger. Was sich Suko als Deckung ausgesucht hatte, konnte er nicht erkennen, doch der Chinese lag zumindest so, daß die Flammen ihn nicht mehr erfassen konnten, auch wenn ein Windstoß in sie hineinfuhr. Träge trieb der Rauch über den Platz, wo sich die fünf Vermummten zuvor versammelt hatten. Es war ein fetter, beißender Qualm, der für beide Parteien zum Nachteil war, denn er drang auch bei den Vermummten durch die Schlitze in die Augen.
Bill und Suko ging es nicht besser. Eher schlechter, denn sie lagen näher am Feuer, also auch näher am Qualm. Ein kurzer, fahlgelber Mündungsblitz, und dicht neben Bills Kopf klatschte das Geschoß gegen den ihm als Deckung dienenden Eisenträger. Das war Warnung genug gewesen. Der Schütze mußte eine verdammt gute Position haben, wenn er so genau zielen und auch treffen konnte, denn viel hatte wirklich nicht gefehlt. Der Reporter drehte sich um seine Achse, blieb jedoch auf dem Rücken liegen.
Eine zweite Kugel fauchte heran.
Diesmal hätte sie fast Bills Haare versengt, so genau hatte der Schütze gezielt.
Bill wollte schon hochspringen und seinen Standort wechseln, als er den Vermummten sah. Er stand schräg vor ihm und etwas erhöht, da er sich eine mit Papier und Kartons übersäte Schlackenhalde ausgesucht hatte, die es hier auch noch gab. Seine Waffe hielt er mit beiden Händen fest, und er wurde vom Widerschein der Flammen gestreift, deshalb konnte ihn Bill Conolly so genau erkennen.
Weg kam der Reporter nicht mehr. Da war er Realist. Denn eine abgefeuerte Kugel würde ihn immer schneller erreichen. In seinem Magen bildete sich ein Klumpen. Bill bekam Angst vor dieser unheimlichen Gestalt in der langen roten Kutte, die eine Waffe auf ihn gerichtet hielt. Dann peitschte der Schuß.
In einem Reflex riß Bill den Mund auf, er erwartete den Einschlag der Kugel irgendwo in der Brust, doch als sich nach zwei Sekunden noch immer nichts tat und er den Mann wanken sah, da wußte er Bescheid.
Ein anderer hatte geschossen und ihm somit das Leben gerettet. Suko!
»Alles klar, Bill, du bleibst uns noch erhalten.«
»Okay«, stöhnte der Reporter, aber das hörte nur er. Tief atmete er ein, stand auf und schaute dabei zu dem Schlackenberg hinüber, wo noch immer sein Gegner stand, als könnte er sich nicht entschließen, endlich zu fallen.
Er hatte die Arme sinken lassen. Blut und das Einschussloch waren auf seiner Kutte nicht zu sehen, aber jetzt geriet sein Körper in eine Schräglage, kippte um und landete auf dem Hang des Schlackenberges, wo er hinabrollte und sich mehrere Male überschlug. Er riß Kartons und Papiere mit sich, bis er vor dem Hang endlich ruhig liegenblieb.
Suko erreichte ihn schneller und kniete schon neben ihm. Mit einem harten Griff fetzte er ihm die Kapuze vom Kopf, und das schmerzverzerrte Gesicht eines jungen Mannes kam zum Vorschein.
»Ich kümmere mich um John«, sagte der Reporter, als er einen Blick auf das Gesicht geworfen hatte.
Suko nickte. »Das kannst du. Die anderen sind verschwunden. Aber wir haben ihn ja.«
Bill rannte weg. Die Sorge um seinen Freund John Sinclair beflügelte seine Schritte.
Suko sah das Einschußloch. Es befand sich an der rechten Seite.
Er selbst hatte auf die Schulter des Vermummten gezielt, wegen des flackernden Lichts jedoch nicht richtig zielen können. Aus der Wunde rann kaum Blut, der Verletzte jedoch mußte irrsinnige Schmerzen haben, denn er wimmerte zum Steinerweichen. Sorge stahl sich in das Gesicht des
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