Hexer-Edition 01: Die Spur des Hexers
wippender blonder Zöpfe und eines runden, noch sehr kindlichen Mädchengesichtes.
Er stellte sich vor und bat höflich darum, eintreten zu dürfen. Mrs. Fallenthorpe sagte noch immer kein Wort, sondern blickte ihn nur voller Misstrauen und Furcht an, trat dann aber zurück und machte eine kaum sichtliche, einladende Geste mit der Linken. Andara war sehr sicher, dass es keine Höflichkeit war, die sie bewegte, ihm Einlass zu gewähren, sondern schlicht und einfach Angst. Sie hatte einfach nicht den Mut, ihn abzuweisen.
»Ich hoffe, Sie verzeihen meinen unangemeldeten Besuch, Mrs. Fallenthorpe«, begann er, nachdem er in die kleine Wohnküche geführt worden war, die die Hälfte der Hütte einnahm, und sich gesetzt hatte. »Aber ich bin in einer sehr wichtigen Angelegenheit unterwegs, und ich hoffe, dass Sie mir einige Fragen beantworten können, die von großer Bedeutung für mich sind.«
Die Furcht in Mrs. Fallenthorpes Blick nahm noch zu, und Andara begriff bestürzt, dass es allein seine geschraubte Ausdrucksweise war, die sie noch mehr verängstigte. »Sie leben allein hier draußen?«, fragte er.
Mrs. Fallenthorpe nickte, schüttelte dann den Kopf und schlurfte mit kleinen trippelnden Schritten um den Tisch herum, an dem er Platz genommen hatte. Als sie sich auf den einzigen anderen Stuhl setzte, zuckten ihre Lippen, als bereite ihr die Bewegung Schmerzen. »Mit … mit meiner Tochter«, antwortete sie stockend. »Mein Mann und meine Söhne sind …«
»Ich weiß«, sagte Andara sanft, als sie nicht weitersprach. »Man hat mir erzählt, was geschehen ist. Mein aufrichtiges Beileid.«
In die Furcht in Mrs. Fallenthorpes Augen mischte sich Misstrauen. Ihr Blick erinnerte Andara an den eines geprügelten Hundes, der angstvoll auf eine zum Streicheln ausgestreckte Hand starrt und darauf wartet, dass sie sich zur Faust ballt, um ihn zu schlagen.
»Ich möchte Ihnen nicht unnötig weh tun, Mrs. Fallenthorpe«, fuhr er fort. »Aber ich bin gekommen, um Ihnen … einige Fragen zu stellen. Fragen, den … den Unfall ihres Mannes und ihrer Söhne betreffend.«
»Es war kein Unfall«, sagte Mrs. Fallenthorpe. »Wer hat Ihnen erzählt, dass es ein Unfall war?« In ihren Augen blitzte es auf. »Was wollen Sie? Ich weiß nichts. Ich habe alles gesagt, was ich weiß, oft genug. Ich will nicht mehr darüber reden. Wer hat Sie geschickt? Sagen Sie Ben, dass ich nichts weiß. Ich habe alles vergessen.«
»Ben?« Andara sah sie scharf an. »Ich fürchte, ich verstehe nicht, was Sie meinen, Mrs. Fallenthorpe.«
Der Trotz, der für einen Moment in Mrs. Fallenthorpes Augen aufgelodert war, erlosch wieder. Andara konnte regelrecht sehen, wie ihr Widerstand zerbrach. Für einen ganz kurzen Moment hatte sie alle Kraft zusammengerafft, die sie noch aufbringen konnte. Aber es war nicht sehr viel gewesen. »Ich weiß nichts«, sagte sie noch einmal. Aber es klang nicht mehr zornig, sondern beinahe flehend.
Andara setzte dazu an, etwas zu sagen, beugte sich dann aber stattdessen über den Tisch und legte seine Hand auf ihre Finger. Mrs. Fallenthorpe versuchte, ihre Hand zurückzuziehen, aber ihre Bewegung war nicht schnell genug.
»Sie können mir vertrauen, Mrs. Fallenthorpe«, sagte er sanft. »Ich gehöre nicht zu den Leuten, vor denen Sie solche Angst haben. Ganz im Gegenteil.« Und er sagte es nicht nur – er ließ es sie glauben, mit der gleichen, lautlosen Stimme, mit der er Henry beruhigt und Wilson und Jenson gefügig gemacht hatte, nur dass es diesmal kein Befehl war, sondern nichts als ein wortloses Flehen um Vertrauen und Freundschaft.
Mrs. Fallenthorpe sah verwirrt auf seine Hand herab, dann in sein Gesicht, dann wieder auf seine Finger. Schließlich zog sie die Hand zurück und bedeckte sie mit der anderen. Ihr Blick zeigte eine grenzenlose Verwirrung. Ihre Lippen zitterten.
»Wer ist es, vor dem Sie solche Angst haben?«, fragte er, und fügte, einer plötzlichen Eingebung folgend, hinzu: »Ben Carson?«
Die Reaktion auf Mrs. Fallenthorpes Gesicht allein war Antwort genug auf seine Frage. Sie sagte nichts, aber sie wurde noch blasser, als sie ohnehin schon war. »Ich werde dafür sorgen, dass Ihnen nichts geschieht, Mrs. Fallenthorpe«, fuhr Andara fort. »Aber jetzt bitte ich Sie, mir einige Fragen zu beantworten. Fragen, die wichtig für mich sind. Es mag sein, dass es Sie schmerzt, darüber zu reden. Sie kannten Professor Langley, nicht wahr?«
Mrs. Fallenthorpe nickte. Sie schluckte ein paarmal, fuhr sich
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