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Hexer-Edition 01: Die Spur des Hexers

Hexer-Edition 01: Die Spur des Hexers

Titel: Hexer-Edition 01: Die Spur des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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schüttelte stumm den Kopf. Aber er spürte ihre Erleichterung, als er sich umwandte und zur Tür ging.
    Sein Weggang ähnelte verdächtig stark einer Flucht. Und im Grunde war er es auch. Andara fühlte sich tief betroffen, und gleichzeitig spürte er einen sehr tiefen, heißen Zorn auf die, die Menschen so etwas antun konnten. Vielleicht war es nur Hilflosigkeit, die er spürte, eine Hilflosigkeit, die weh tat, weil es nichts gab, was er für diese Frau und ihre Tochter tun konnte.
    Aber vielleicht stimmte das nicht.
    Es war jetzt das dritte Mal, dass er den Namen Carson hörte, und zum dritten Male unter unangenehmen Umständen. Er würde sich diesen Ben Carson und seine Familie ansehen, vor denen sich ganz Arkham und Umgebung zu fürchten schien, dachte er, während er sein Pferd losband und in den Sattel stieg. Und zwar noch heute.
     
    Es war nach zehn, als er Innsmouth erreichte. Die Dunkelheit, die ihn während des Rittes hierher eingeholt hatte, ließ den winzigen Ort fast noch unfreundlicher erscheinen, als er ihn in Erinnerung hatte, und vom nahen Meer her wehte eine eisige Brise heran, die ihn frösteln ließ, obgleich die Nacht sehr warm war.
    Er ritt direkt zum einzigen Gasthaus des Ortes, band sein Pferd davor an und betrat das Lokal. Sein Inneres sah ganz so aus, wie er bei seinem äußeren Anblick erwartet hatte: klein und schmutzig, die Luft nach billigem Whisky und kalt gewordenem Zigarrenrauch und Schweiß stinkend, die wenigen Tische und Stühle verkratzt und vielfach repariert, freilich mit weitaus mehr gutem Willen als Können. Eine Handvoll Männer hockte an diesen Tischen, die meisten in einfache schwarze Arbeitsjacken gekleidet, ein allerhöchstens zwanzigjähriger, blondhaariger Hüne mit dem erschlafften Gesicht eines Idioten lediglich mit einer zerschlissenen Latzhose und nacktem Oberkörper.
    Andara fühlte sich müde. Er war kein geübter Reiter, und er hatte an diesem Tag eine Strecke zurückgelegt, die auch einen solchen erschöpft hätte. Und er war verwirrt; mehr, als er sich eingestehen wollte, denn die Geschehnisse begannen sich zwar allmählich zu einem entsetzlichen Bild zusammenzusetzen, das aber trotzdem keinen rechten Sinn ergab. Wenn als Drahtzieher hinter den schrecklichen Geschehnissen um Arkham wirklich die geheimnisvollen Carsons steckten, warum hatte H.P. ihm dies dann verschwiegen? Und warum hatte er vorgegeben, in Arkham von der Polizei gesucht zu werden? Und – und das war es, was Andara am meisten verwirrte – warum spielte Miss Lugosi dieses sonderbare Spiel mit?
    Er war zu erschöpft, um sich mit irgendwelchen Freundlichkeiten aufzuhalten, und steuerte direkt die schmutzstarrende Theke an, die lediglich aus einer über vier Fässer gelegten Eichenbohle bestand. Der Wirt – ein kleines kugelbäuchiges Männchen mit abstoßenden Wurstfingern und dem aufgequollenen Gesicht des gewohnheitsmäßigen Trinkers – blickte ihm mit unverhohlener Verachtung entgegen und spie aus; wie durch Zufall ein ganz kurzes Stück vor seine Füße. Andara tat so, als hätte er es nicht einmal bemerkt.
    »Was wollen Sie?«, fragte der Wirt. »Wir haben Bier oder Whisky. Aber das Bier ist warm.«
    »Weder, noch«, antwortete Andara kühl. »Ich brauche nur eine Auskunft, guter Mann.«
    »Haben wir nicht«, sagte der Wirt und fuhr fort, seine Gläser zu polieren – mit einem Tuch, das sie allerhöchstens schmutziger machen würde. »Jedenfalls nicht umsonst«, fügte er hinzu. Andara ignorierte auch dies.
    »Ich suche die Carsons«, sagte er. »Ben Carson und seine Familie. Wo finde ich sie?«
    Die Reaktion auf diese Frage fiel gänzlich anders aus, als er erwartet hatte. Der Wirt erstarrte mitten in der Bewegung. Seine Augen schienen noch ein Stück weiter aus den Höhlen zu quellen. Und mit einem Male war es still; so still, dass man die berühmte Stecknadel hätte fallen hören können. Andara widerstand nur mit Mühe der Versuchung, sich herumzudrehen. Aber er spürte, wie sich plötzlich aller Aufmerksamkeit auf ihn richtete. Dann scharrte ein Stuhl.
    »Die … Carsons?«, wiederholte der Wirt stockend.
    Andara nickte. Hinter ihm war plötzlich das Geräusch nackter Füße, die sehr behutsam aufgesetzt wurden. Seine rechte Hand schloss sich ein wenig fester um den Stockdegen. Aber er lächelte weiter, als bemerke er nichts. »Ganz recht«, sagte er. »Ben Carson und seine Familie. Man sagte mir, dass sie in der Nähe von Innsmouth leben. Das ist doch richtig, oder?«
    Der Wirt

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