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Hexer-Edition 02: Als der Meister starb

Hexer-Edition 02: Als der Meister starb

Titel: Hexer-Edition 02: Als der Meister starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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aber so mächtig, dass die beiden Männer in dem winzigen Boot schauderten.
    »Lass uns hier verschwinden«, sagte Cranton noch einmal. »Jeff – bitte!«
    Statt einer Antwort riss O’Banyon ein weiteres Streichholz an, schirmte die Flamme mit der Hand ab und entzündete endlich die Lampe.
    Cranton schloss geblendet die Augen, als die Dunkelheit über dem Boot schlagartig der weißen, unangenehm grellen Helligkeit der Karbidlampe wich. O’Banyon blinzelte, hob die Lampe mit der linken Hand in Kopfhöhe und fummelte mit der anderen an der komplizierten Anordnung von Spiegeln, die ihr Licht bündeln und weit hinaus auf den See werfen sollten. Ein flackernder, dreieckiger Kegel weißer Helligkeit huschte über die Wasseroberfläche. O’Banyon fluchte, hielt die Lampe etwas höher und verstellte die Spiegel. Aus dem dreieckigen Lichtteppich wurde ein dünner, gebündelter Strahl, der fünfzig und mehr Meter weit auf den See hinausreichte. Irgendwo an seinem Ende bewegte sich etwas; etwas Formloses und Schwarzes und Titanisches. Ein unwilliges, unglaublich tiefes Grollen ertönte, als der Lichtfinger für einen Moment einen bizarren Umriss aus der Dunkelheit hervorzauberte und dann weiterwanderte.
    »Hör auf, Jeff, ich bitte dich!«, keuchte Cranton.
    »Da ist es!«, murmelte O’Banyon. »Ich habe recht gehabt, Steve – Truman hat nicht gelogen.« Er fuhr herum, packte Cranton mit der freien Hand beim Kragen und deutete mit der Lampe auf den See hinaus. »Sieh es dir an, Steve! Truman war kein Verrückter! Er hatte recht! Dieses Wesen existiert wirklich! Es ist real, und -«
    Cranton schlug seine Hand beiseite. »Ich will es gar nicht wissen!«, brüllte er. »Ich will hier weg, sonst nichts! Verdammt, Jeff – begreifst du denn nicht?! Dieses Monster wird uns umbringen!!«
    O’Banyon blinzelte verwirrt. Er schien noch gar nicht auf den Gedanken gekommen zu sein, dass sie sich in Gefahr befanden.
    Eine neue, besonders mächtige Welle traf das Boot; so heftig, dass sowohl O’Banyon als auch Cranton die Balance verloren und übereinanderstürzten.
    Fluchend arbeiteten sie sich wieder hoch. Das Boot schaukelte wild, aber die Lampe war wie durch ein Wunder nicht erloschen. Der kalkweiße Lichtstrahl zuckte wie ein dünner bleicher Finger über den See, bohrte sich in den Himmel und senkte sich wieder.
    »Um Gottes willen, Jeff – nicht!!!«
    Crantons Schrei ging in einem ungeheuren, trompetenden Brüllen unter. Der Schatten am Ende des Lichtstrahls wuchs ins Ungeheuerliche, explodierte in einer Woge von Schwarz und glitzernden Schuppen und sprang mit einem gewaltigen Satz auf die beiden Männer zu.
    Das Boot bäumte sich auf. Eine weitere Welle traf seinen Rumpf, riss eines der Ruder weg und ließ das Ende des anderen wie eine Keule kreisen; Cranton schrie auf, als ihn das unterarmstarke Holz am Hinterkopf traf und abermals nach vorne schleuderte. Auch O’Banyon schrie vor Schrecken, kippte hintenüber und ließ die Karbidlampe fallen. Der kalkweise Lichtstrahl kreiste noch einmal über dem See, als die Lampe auf den Bootsrand prallte und zischend verlosch.
    Aber den Bruchteil einer Sekunde, bevor der Lichtstrahl vom Schwarz der Nacht verschluckt wurde, war in seinem Zentrum ein gewaltiger, alptraumhafter Umriss erschienen …
    O’Banyon wusste hinterher nicht mehr, was wirklich geschehen war und in welcher Reihenfolge. Etwas traf das Boot und zerschmetterte es, als wäre es ein Spielzeug. Er schrie, hörte Cranton neben sich brüllen und schluckte Wasser, als er mit Urgewalt in den See geschleudert und tief unter die Wasseroberfläche gedrückt wurde. Instinktiv hielt er die Luft an, trat Wasser und versuchte mit kräftigen, weit ausholenden Zügen von der Stelle wegzuschwimmen, an der das Boot gesunken war. Sein Herz hämmerte, und um seine Brust schien ein Stahlreifen zu liegen, der langsam zusammengezogen wurde. Blind vor Angst griff er aus, durchbrach die Wasseroberfläche und sog gierig Luft in die Lungen.
    Rings um ihn herum kochte der See. Als hätte ein unsichtbarer Regisseur im Hintergrund die Wolken beiseite geschoben, um die schreckliche Szene ausreichend zu beleuchten, schien der Mond durch eine gewaltige dreieckige Lücke in den Regenwolken, und der See lag hell beleuchtet in seinem silbernen Licht da.
    O’Banyon schwamm ein paar Meter auf das Ufer zu, schluckte abermals Wasser, als eine neue Woge über ihm zusammenschlug und ihn im Sog hinabzerrte, kämpfte sich prustend wieder an die Oberfläche

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