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Hexer-Edition 02: Als der Meister starb

Hexer-Edition 02: Als der Meister starb

Titel: Hexer-Edition 02: Als der Meister starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hat mich hierher geschickt, um nach Ihnen zu sehen.« Er versuchte zu lachen, aber es misslang. »Verdammt, ich habe keine Ahnung woher er gewusst hat, dass Sie hier sind. Das Schiff ist vor einer halben Stunde gesunken. Und …«
    Aber ich hörte schon gar nicht mehr zu. So rasch es meine gemarterten Muskeln zuließen, stürmte ich an Bannermann vorbei und rannte über den flachen Strand auf die Felswand zu. Der Eingang der Höhle, von der er gesprochen hatte, war nicht schwer zu entdecken – er war groß wie ein Scheunentor, und in der samtenen Dunkelheit dahinter glomm das rote Auge einer Fackel. Ich lief hindurch, blieb dicht hinter dem Eingang stehen und versuchte, in der ungewohnten Dunkelheit etwas zu erkennen.
    Andara lag ein Stück jenseits des Einganges. Bannermanns Leute hatten aus Lumpen und Fetzen des Segels ein provisorisches Lager errichtet und ihn zugedeckt. Aber das weiße Segeltuch war dunkel von Blut, und der Umriss seines Körpers schien mir seltsam falsch und deformiert.
    Andara öffnete die Augen, als ich neben ihn trat. Sein Blick flackerte einen Moment, und zuerst fürchtete ich fast, dass er mich gar nicht erkannte. Aber dann lächelte er; ein schmerzliches, verzerrtes Lächeln, das eher wie eine Grimasse aussah.
    »Robert«, murmelte er. »Du hast es … geschafft.«
    Behutsam setzte ich mich neben ihn und streckte die Hand aus, wie um ihn zu berühren, schreckte aber im letzten Moment zurück. »Nicht ich«, sagte ich kopfschüttelnd. »Es war kein Zufall, dass die Strömung alle Überlebenden hierher getragen hat, nicht?«
    »Nur ein … kleiner Kunstgriff«, murmelte Andara. »Aber ich fürchte, es war mein letzter.« Er hustete gequält, bäumte sich auf und sank mit einem seufzenden Laut wieder zurück.
    »Hör mir … zu, Robert«, flüsterte er. Seine Augen waren geschlossen. Er fieberte. Aber ich spürte, dass sein Geist klar war. »Ich … habe versagt. Ich habe dich … benutzt. Kannst du mir … verzeihen?«
    Ich lächelte. »Das Amulett? Es ist schon gut. Es war das einzige, was Sie tun konnten.«
    »Du wusstest es?«
    Ich hatte es nicht wirklich gewusst, aber jetzt, im nachhinein, erschien mir alles klar. Andaras plötzliche Gesundung war kein Zufall, ebenso wenig wie die unerklärliche Schwäche, die mich überfallen hatte, nachdem er den ersten Angriff des Großen Alten abgewehrt hatte. Es war das Amulett gewesen, das er mir gegeben hatte. Irgendwie – ohne dass ich auch nur wissen wollte, wie – hatte das Schmuckstück es ihm ermöglicht, meine Kräfte zu benutzen –, die Energien meines jungen gesunden Körpers anzuzapfen wie eine Kraftquelle. Yog-Sothoth musste das erkannt haben. Deshalb hatte er die Toten geweckt und auf mich gehetzt, nicht auf Andara selbst. Er musste gewusst haben, dass Andaras Kräfte erloschen, wenn ich das Amulett nicht mehr trug.
    »Du … verzeihst mir?«, fragte er noch einmal.
    »Es gibt nichts zu verzeihen, Meister«, murmelte ich. »Wir können uns später darüber unterhalten, in London. Jetzt …«
    »Es wird kein später für mich geben«, unterbrach er mich. »Ich werde sterben. Yog-Sothoth hat … sein Versprechen eingelöst und mich getötet. Ich habe mich nur noch gewehrt. Weil … da etwas Wichtiges ist, das ich … dir sagen muss.«
    Ich wollte eine Frage stellen, aber Andara machte eine schnelle, abwehrende Geste, und ich schwieg.
    »Hör mir genau zu, Robert«, flüsterte er. Seine Stimme verlor mehr und mehr an Kraft und war kaum mehr zu verstehen. An seinem Hals zuckte eine Ader im hektischen Rhythmus seines Pulsschlages. »Da ist noch etwas, das du nicht weißt. Du musst den Kampf aufnehmen. Geh … geh nach London. Geh zu … Howard. Meinem … Freund … Howard. Du findest ihn im Hotel Westminster. Geh zu ihm und … und sage ihm, Roderick Andara schickt dich. Sage ihm, wer du bist, und er wird dir … helfen.«
    »Wer ich bin? Aber ich …«
    »Du bist … mein Erbe, Junge«, murmelte Andara. »Du … bist nicht der, der du … zu sein glaubst.« Er lächelte flüchtig. »Du hast deine Eltern niemals gekannt, nicht wahr?«
    Verwirrt schüttelte ich den Kopf. Worauf wollte er hinaus?
    »Auch … auch ich hatte ein Kind, Robert«, flüsterte er. »Einen Jungen wie dich. Meine … Frau starb bei … bei seiner Geburt, und … ich wusste, dass meine Feinde auch ihn … töten würden, wenn sie erführen, wer er ist.«
    Langsam, ganz langsam stieg eine furchtbare Ahnung in mir hoch. Aber ich schwieg weiter und hörte gebannt

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