Hexer-Edition 02: Als der Meister starb
Willen hier, sondern weil man sie dazu gezwungen hatte.
»Diese Bestien«, stöhnte Bannermann. Ich warf ihm einen raschen, warnenden Blick zu, legte die Hand auf seinen Unterarm und schüttelte unmerklich den Kopf. Ich konnte seinen Zorn verstehen; nur zu gut. Die Bewohner Goldspies waren nicht allein auf dem Platz. Im Zentrum des weit auseinandergezogenen Kreises, den die braunen Kapuzenmäntel bildeten, waren drei hölzerne Podeste errichtet worden, kniehohe, roh zusammengezimmerte Sockel, auf denen eine Art Bock aus armdicken Balken stand.
Und an jeden von ihnen war ein Mann gefesselt.
»Alle drei«, murmelte Bannermann. »Diese Schweine haben alle drei erwischt. Diese verdammten …« Seine Stimme versagte.
»Beruhigen Sie sich, Bannermann«, flüsterte ich. »Wir müssen vor allem einen klaren Kopf behalten. Ein Fehler, und wir stehen neben ihnen.«
Bannermann starrte mich an. In seinen Augen blitzte es auf, aber er sagte nichts, sondern wandte mit einem Ruck wieder den Kopf und blickte auf den Platz hinaus.
Priscylla hatte uns auf Umwegen hierhergeführt. Wir hatten den Marktplatz in weitem Bogen umgangen und uns von der gegenüberliegenden, flussabgewandten Seite genähert, so dass zwischen uns und den ersten Männern und Frauen gute dreißig Schritte lagen. Zudem standen wir im Schatten eines Hauses und waren so gut wie unsichtbar.
Aber auch so gut wie hilflos. Selbst wenn wir mehr als nur zwei und bewaffnet gewesen wären, hätten wir nicht viel für die drei unglücklichen Matrosen tun können. Der Anblick der stumm dastehenden, vermummten Schar hatte die letzten Zweifel an Priscyllas Worten in mir beseitigt. Donhill schien tatsächlich der unumschränkte Herrscher der ganzen Ortschaft zu sein.
»Ich brauche eine Waffe«, murmelte Bannermann. »Ein Gewehr.« Er fuhr herum und deutete mit einer fordernden Geste auf Priscylla. »Ein Gewehr«, wiederholte er. »Hast du so etwas?«
Priscylla schüttelte verwirrt den Kopf. »Nein«, sagte sie. »Und selbst wenn …«
»Wäre es sinnlos«, unterbrach ich sie. »Seien Sie vernünftig, Bannermann. Mit Gewalt richten wir hier gar nichts aus.«
»Wie dann?«
»Ich weiß es nicht«, gestand ich. »Ich kann nur versuchen, die Bestie aufzuhalten. Vielleicht hilft mir mein Vater noch einmal.« Ich wandte mich an Priscylla. »Wie lange wird es noch dauern?«
»Nicht mehr lange«, antwortete sie nach kurzem Überlegen. »Die Trommeln haben aufgehört.«
Der dumpfe, rhythmische Klang, der uns auf dem Weg hierher wie das Pochen eines gewaltigen Herzens begleitet hatte, war tatsächlich verstummt, aber ich hatte dieser Tatsache bisher keinerlei Bedeutung zugemessen. Jetzt nickte ich, drehte mich wieder herum und sah konzentriert auf den Platz hinaus. »Ich kann Donhill nirgends entdecken.«
»Er kommt erst im letzten Moment«, flüsterte Priscylla. »Er selbst wird die Bestie rufen, aber sie ist bereits auf dem Weg hierher. Ich kann sie spüren.«
»Woher kommt sie?«
Priscylla deutete mit einer Kopfbewegung auf den Fluss. Sein gegenüberliegendes Ufer war mit einer Reihe brennender Fackeln abgesteckt worden, die flackernde rote Lichtreflexe auf das Wasser warfen. Es sah aus, als wäre er mit Blut gefüllt.
»Die Bestie lebt oben im Loch Shin«, erklärte Priscylla. »Aber der Fluss hat eine unterirdische Verbindung zum See. Wenn sie die Trommeln hört, kommt sie her. Es … kann nicht mehr lange dauern.« Sie schluckte. »Glaubst … glaubst du wirklich, sie besiegen zu können?«, fragte sie stockend.
Ich zuckte schweigend mit den Achseln. Ich wusste es so wenig wie sie, und meine Zuversicht schwand mit jedem Augenblick mehr. Seit wir am Rande des Platzes angekommen waren, hatte ich ein paarmal versucht, geistigen Kontakt mit meinem Vater aufzunehmen, aber meine Rufe waren unbeantwortet geblieben. Ich wusste nicht einmal, ob ich es wirklich konnte. Wie rief man den Geist eines Verstorbenen?
Wenn ich ehrlich war, dann war ich mittlerweile nicht einmal mehr hundertprozentig davon überzeugt, dass ich meinen Vater wirklich gesehen hatte. Vielleicht hatten mir schlicht und einfach meine überreizten Nerven einen Streich gespielt.
Wenn es so war, dann würde es ein tödlicher Streich sein …
Ich verscheuchte den Gedanken, wich ein Stück weiter in den Schatten des Hauses zurück und sah zum Fluss hinunter. Das Wasser lag glatt und reglos da, aber ich glaubte bereits, eine leichte Wellenbewegung auf seiner Oberfläche wahrzunehmen. Mein Herz begann
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