Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Titel: Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
kommen.
    Irgendwo vor uns raschelte etwas. Für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, etwas Gigantisches, Dunkles zwischen den Stämmen zu erkennen, aber ich war nicht sicher. Dann war es verschwunden.
    »Gehen wir … weiter«, murmelte Howard stockend. Sein Blick glitt zurück zum Haus, das sich durch die Entfernung in einen schwarzen, tiefenlosen Schatten verwandelt hatte. Ich hatte das Gefühl, dass sich seine Umrisse bewegten …
    Howard ging weiter, lief, gegen den gleichen, unsichtbaren Widerstand ankämpfend wie Rowlf und ich, weiter den gewundenen Weg hinüber. Langsam näherte er sich dem Tor.
    »Nicht.«
    Howard blieb abrupt stehen. Einen Moment lang starrte er unsicher das hohe, aus rostigen Eisenstäben geschmiedete Tor an, dann drehte er sich zu mir herum. »Was hast du gesagt?«, fragte er misstrauisch.
    »Nicht«, sagte ich noch einmal. Meine Stimme war leise und klang in meinen eigenen Ohren wie die eines Fremden.
    »Wie meinst du das?«, fragte Howard. In seiner Stimme war noch immer dieser misstrauische, lauernde Ton.
    »Geh … nicht hindurch«, murmelte ich verwirrt. Was war das? Das waren nicht meine Worte! Es war meine Stimme, die sie formte, aber ich wusste nicht, warum ich sie sagte. Es war, als spräche ein anderer durch mich.
    Howard wandte sich wieder um, ging jedoch nicht weiter. Sein Blick tastete über die verfallenen Reste der Mauer, die einstmals den Park umgeben hatte, die beiden halb zerbröckelten, schräg stehenden Pfeiler rechts und links des Tores und die rostzerfressenen Gitterstäbe.
    »Es ist … gefährlich«, sagte ich stockend. »Hinter diesem Tor lauert … der Tod.«
    In einer anderen Situation hätten meine Worte lächerlich geklungen. Aber jetzt sah ich, wie Howard wie unter einem Hieb zusammenfuhr. Erneut drehte er sich um. In seinen Augen erschien ein sonderbares Glitzern, als er mich ansah.
    Ich stöhnte. Für einen Moment begannen Howard, der Wald und das Tor vor meinen Augen zu verschwimmen. Mir wurde schwindelig und der Boden schien unter meinen Füßen zu wanken.
    »Nicht das … Tor«, hörte ich meine eigene Stimme sagen. »Geh nicht … hindurch …«
    Howard reagierte nicht. Langsam, aber ohne Zögern ging er weiter, blieb erst einen halben Schritt vor dem Tor stehen und hob langsam die Hand, um das rostige Gitter aufzustoßen.
    Mit einem gellenden Schrei setzte ich ihm nach, packte ihn an den Schultern und schleuderte ihn mit aller Macht zurück, direkt in Rowlfs ausgebreitete Arme. Aber durch die Bewegung verlor ich selbst das Gleichgewicht, taumelte, kämpfte einen winzigen, schrecklichen Augenblick um meine Balance – und kippte ganz langsam nach hinten.
    Feuer zuckte durch meine Adern, als ich das Gittertor berührte. Die rostigen Stäbe schienen zu glühen. Ein weißer, unerträglich schmerzhafter Blitz fraß sich durch meinen Leib, explodierte irgendwo tief in mir und ließ mich aufschreien. Ich taumelte, fiel auf die Knie und nahm den grässlichen Geruch brennenden Stoffs und verschmorter Kleider wahr. Der Schmerz steigerte sich ins Unerträgliche und es war nicht nur ein rein körperlicher Schmerz, sondern etwas Unbeschreibliches, unsagbar Fremdes, etwas, das meinen Geist so gnadenlos zu versengen schien wie die Hitze meinen Rücken. Ich schrie, fiel auf die Seite und schlug in Agonie um mich, als Rowlf und Howard neben mir niederknieten.
    Dann kam die Vision.
    Es war nicht so wie beim ersten Mal; kein plötzlicher Wechsel, sondern ein sanftes Hinübergleiten, als verschmelze mein Geist mit dem eines anderen. Das Bild vor meinen Augen blieb gleich: Ich sah weiterhin den Park, den Wald, Rowlfs und Howards besorgte Gesichter, aber ich war nicht mehr ich, nicht mehr ich allein wenigstens. Wie durch einen dämpfenden Nebel hörte ich, wie meine eigene Stimme Worte schrie, die nicht die meinen waren, einen Namen stammelte, dann sinnlose, bizarr klingende Laute aus einer Sprache, die nicht einmal mehr entfernt menschlich klang. Bilder stiegen in meinem Geist auf, bizarre, Grauen erregende Visionen einer Welt, die so fremdartig war, dass ihr bloßer Anblick beinahe reichte, mich in den Wahnsinn zu treiben.
    Rowlf wollte nach mir greifen, um meine Arme und Beine festzuhalten, aber ich schlug nach ihm, wälzte mich herum und kam taumelnd und aus eigener Kraft wieder auf die Füße. Ein unmenschlicher, gellender Schrei stieg in mir empor und brach sich Bahn. Ich spürte, wie sich tief in mir etwas regte, etwas, das die ganze Zeit da gewesen war, ohne

Weitere Kostenlose Bücher