Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Titel: Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
kleine, wie gezackte Blitze geformte Risse entstanden an ihren Rändern und liefen in irrem Zickzack auf mich zu. Der Spalt zitterte wie eine gewaltige, von loderndem Rot erfüllte klaffende Wunde, und die neuerliche Erschütterung ließ Rowlf endgültig den Halt verlieren.
    Ein grausamer Ruck schien mir die Arme aus den Schultern reißen zu wollen. Rowlf brüllte vor Angst, griff mit der freien Hand nach oben und krallte die Finger in meine Jacke. Der Ruck riss mich nach vorne. Für einen kurzen, grauenhaften Augenblick drohte ich ebenfalls den Halt zu verlieren, dann warf ich mich mit einer Kraft, von der ich selbst nicht wusste, woher ich sie nahm, noch einmal nach hinten und zerrte Rowlf ein Stück nach oben. Ein mörderischer Schlag ließ den Boden erzittern, irgendwo tief unter uns stürzte etwas polternd und krachend zusammen und eine neuerliche, noch schlimmere Hitzewelle griff mit unsichtbaren glühenden Fingern nach mir und Rowlf.
    Rowlf begann erneut zu schreien und hilflos mit den Beinen zu strampeln. Meine Muskeln waren bis zum Zerreißen gespannt. Ich bin kein Schwächling, aber ich spürte, dass ich den Druck nicht mehr länger ertragen würde. Die Hitze stieg ins Unerträgliche und unter Rowlfs strampelnden Beinen züngelten gelbe, zischende Flammen, leckten wie gierige Hände nach seiner Hose und ließen ihn erneut vor Schmerz aufschreien. Verzweifelt suchte er mit den Füßen Halt zu finden, aber das lockere Erdreich gab immer wieder nach und Rowlf rutschte unbarmherzig weiter ab.
    Ich hätte es nicht geschafft, wäre nicht in diesem Moment Howard neben mir aufgetaucht. Blitzschnell griff er mit beiden Händen zu, packte Rowlfs Arm und warf sich mit einer kraftvollen Bewegung zurück. Gleichzeitig mobilisierte ich noch einmal alle Kraftreserven, die mein geschundener Körper noch hatte.
    Rowlf flog regelrecht aus der Erdspalte heraus. Die abrupte Bewegung riss uns alle drei von den Füßen. Ich fiel, rollte herum und sprang wieder auf die Füße. Das Haus ragte wie ein verschwommener Schatten dunkel und drohend über uns empor. Ich taumelte weiter, erreichte die Treppe, fiel und kroch die letzten Stufen auf Händen und Knien empor.
    Hinter uns schoss eine brüllende Feuersäule aus der Erdspalte. Felsen und kleine, rotglühende Lavaspritzer wurden hoch in die Luft geschleudert und regneten wie tödliche Wurfgeschosse rings um uns nieder. Ein mikroskopisch feiner Spritzer des flüssigen Steins traf meinen Arm, brannte sich in Sekundenbruchteilen durch den Stoff meines Rockes und fraß sich tief in meine Haut. Noch einmal bebte die Erde, und ein zweiter, noch gewaltigerer Feuergeysir leckte gen Himmel, als brülle das Feuer seinen Zorn heraus, dass ihm das sicher geglaubte Opfer im letzten Moment noch entkommen war. Dann schloss sich die Spalte wieder. Ihre Ränder krachten wie die Kiefer eines gigantischen, steinernen Maules aufeinander. Die Erschütterung ließ das gesamte Haus in seinen Grundfesten erbeben.
    Zwei, drei Sekunden lang starrte ich wie gelähmt auf das unglaubliche Schauspiel, das sich uns bot. Die Umgebung des Hauses veränderte sich weiter. Vor unseren Augen lief die Entwicklung der Erde rückwärts und Milliarden Mal schneller ab. Der Wald war vollends verschwunden und hatte einer gewaltigen, rötlich schimmernden Ebene Platz gemacht. In der Ferne, so weit, dass sie nur als Schatten zu erkennen waren, standen gigantische gezackte Berge und der Himmel war jetzt fast weiß.
    Ein weiterer Erdstoß ließ die Treppe unter uns erbeben und erinnerte mich daran, dass wir noch lange nicht außer Gefahr waren. Hastig stemmte ich mich hoch, warf Howard einen auffordernden Blick zu und taumelte auf die geborstene Tür zu.
    Im gleichen Moment, in dem ich das Haus betrat, erloschen die dumpfen Geräusche und die Erdstöße. Es war nicht nur ein Schritt in ein Gebäude, sondern ein Schritt in eine andere Welt – genauer gesagt in einen winzigen Teil der Welt, der noch so geblieben war, wie er sein sollte. Hinter uns schlug die Zeit weiter Purzelbäume, aber rings um mich herum herrschte Kühle und Zwielicht und Stille, eine beinahe unheimliche, furchteinflößende Stille nach den krachenden und berstenden Geräuschen der zuckenden Erde draußen.
    Ich wankte noch ein paar Schritte weiter, drehte mich herum und ließ mich erschöpft gegen die Wand sinken. Hinter mir taumelten Rowlf und Howard ins Haus, beide genauso erschöpft wie ich und mindestens genauso verstört.
    Mein Herz jagte. Jetzt, als

Weitere Kostenlose Bücher