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Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Titel: Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dass ich seine Existenz auch nur geahnt hätte. Etwas Gewaltiges, Finsteres und Mächtiges …
    »Robert!«, brüllte Howard. »Was ist mit dir?«
    Der Boden bebte. Aus dem Wald drang ein seltsam stöhnender, tiefer Laut, ein Geräusch, als schrien die Bäume selbst vor Schmerz und Qual. Das Licht flackerte.
    »Was ist das?«, keuchte Howard. Sein Blick fiel an mir vorbei auf den Wald, und ein neuer, abgrundtiefer Schrecken verzerrte seine Züge.
    Mühsam drehte ich mich herum. Selbst diese kleine Bewegung kostete mich alle Kraft, die ich noch hatte. Ich war nicht länger Herr meiner selbst und mein Körper gehorchte meinem Willen nur noch so weit, wie es dieses schreckliche Ding in mir zuließ …
    Der Wald begann sich auf fürchterliche Weise zu verändern. Die Bäume zitterten, verschwammen, als betrachte man sie durch einen Vorhang aus schnell fließendem, klarem Wasser, begannen sich zu verbiegen und zu verzerren, änderten ihre Farbe und Form. Zwischen ihren Stämmen begannen Schatten zu wogen, ein unablässiges Huschen und Gleiten, Wachsen, Verfallen und Gedeihen. Farben tauchten auf und vergingen, es wurde hell, dunkel, hell, dunkel, Tag … Nacht, Tag … Nacht … immer und immer schneller.
    Und endlich begriff ich. Es war, wie in der Bibliothek und im Haus, nur tausendmal heftiger.
    Vor unseren Augen begann die Zeit schneller zu laufen, Millionen Mal schneller als normal. Der Wald veränderte sich, wuchs in Minuten zu einem kolossalen, unbeschreiblichen Dschungel aus Farn- und Pilzgewächsen heran und begann wieder zu schrumpfen, wuchs erneut, schrumpfte wieder … ein langsames, täuschend langsames Pulsieren … Es war wie ein Atmen.
    Die Atemzüge der Zeit …
    »Zurück!«, keuchte ich. »Howard! Rowlf! Wir … wir müssen zurück ins Haus!«
    Howard fuhr herum. »Ins Haus?«, keuchte er. »Aber …«
    Ich wirbelte herum, versetzte ihm einen Stoß, der ihn beinahe zu Boden schleuderte, und zerrte ihn ohne ein weiteres Wort hinter mir her.
    Unter unseren Füßen begann der Boden wie ein lebendes Wesen zu zittern, während wir den Weg zurückhetzten, den wir vor Augenblicken erst gekommen waren. Der Wald wuchs weiter, schrumpfte erneut und wuchs wieder, aber ich sah auch, dass er bei jedem Pulsieren um eine Winzigkeit kleiner und blasser zu werden schien. Gleichzeitig änderte sich die Farbe des Himmels. Das Licht wirkte härter, gnadenloser, und das Gras, das bisher noch als dichter Teppich den Hügel bedeckt hatte, zerfiel zu kleinen, drahtigen Büscheln und verschwand dann von einem Lidzucken auf das andere ganz. Es wurde heiß, binnen Sekunden unerträglich heiß, und als ich einen Blick über die Schulter zurückwarf, sah ich, dass aus dem gigantischen Farnwald ein Gestrüpp niedriger verkrüppelt wirkender Gewächse geworden war, die aus einem kahlen, rötlich schimmernden Wüstenboden wucherten.
    Es war ein bizarrer, irrsinniger Sturz durch die Zeit. Jeder Schritt brachte uns eine Million Jahre zurück in die Vergangenheit, jeder Atemzug weiter zurück in eine Welt, die seit Urzeiten vergangen und vergessen war. Der Boden zuckte und wand sich wie unter Krämpfen. Ein gewaltiger Riss klaffte plötzlich dicht neben uns auf, übel riechende Dämpfe schossen in einem brüllenden Geysir hoch in die Luft und versuchten uns zu verbrühen und die Hitze stieg unerbittlich weiter.
    Rowlf stolperte, als wir noch wenige Yards von der Treppe entfernt waren. Sein Schrei ging in einem dumpfen, mahlenden Knirschen unter, als sich der Boden direkt unter seinen Füßen zu einer klaffenden Spalte öffnete, von deren Grund es rot und drohend emporloderte. Rowlf verlor den Halt, kippte in einer grotesk langsamen Bewegung über den Rand der Spalte und klammerte sich im letzten Augenblick fest.
    Ich versetzte Howard einen Stoß, der ihn weitertaumeln ließ, fuhr mitten im Schritt herum und war mit einem Satz bei Rowlf. Eine Welle grausamer Hitze schlug mir wie eine unsichtbare Faust ins Gesicht, als ich mich der Spalte näherte. Kleine, winzige Funken stiegen aus der Tiefe empor, führten irre Tänze auf der heißen Luft auf und erloschen oder senkten sich brennend auf Rowlf und mich nieder. Ich schrie schmerzhaft auf, fiel mehr auf die Knie, als ich mich vor Rowlf niederließ, und griff nach seinem Handgelenk.
    »Hau ab!«, brüllte Rowlf. »Bring dich in Sicherheit!«
    Ich ignorierte seine Worte, griff auch mit der anderen Hand nach seinem Arm und suchte mit Knien und Füßen festen Halt im Boden. Die Spalte zitterte,

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