Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit
hier ist ihr Werk«, sagte Howard dumpf. »Diese Narren ahnen ja nicht einmal, was sie getan haben. Sie haben Yog-Sothoth gerufen, um deinen Vater zu vernichten, Robert, aber sie haben mehr getan, weit mehr. Ohne es zu ahnen. Sie haben es den GROSSEN ALTEN ermöglicht, sich einen Weg durch die Zeit zu öffnen.«
Ich begriff nur langsam. Etwas in mir sträubte sich dagegen, Howards Worte als das anzuerkennen, was sie waren. Mein Blick richtete sich wieder auf die bizarr veränderte Welt vor dem Haus. Selbst die Felsen waren mittlerweile verschwunden; aus der rötlichen Ebene war eine schwarze, wie poliert wirkende Einöde geworden, die sich ohne Unterbrechung bis zum Horizont erstreckte.
Howard registrierte meinen Blick, nahm mich beim Arm und führte mich zur Tür. »Schau hinaus«, sagte er leise. »Was du dort siehst, ist unsere Welt, so wie sie vor tausend Millionen Jahren ausgesehen hat. Es wird nicht mehr lange dauern.«
Seine Worte schienen wie ein unheimliches Echo hinter meiner Stirn widerzuhallen. Tausend Millionen Jahre. Die Zahl überstieg das wirklich Vorstellbare einfach. Sie war absurd. Wir sollten eine Milliarde Jahre in der Vergangenheit sein? Lächerlich.
Und trotzdem wusste ich, dass er Recht hatte.
»Es ist die einzige Erklärung«, murmelte Howard. »Ein Tunnel durch die Zeit. Die GROSSEN ALTEN haben einen Weg gefunden, den Abgrund der Zeit zu überbrücken, eine Verbindung zwischen ihrer und unserer Welt zu schaffen.«
»Aber wenn das so ist«, murmelte ich, sehr leise und mit einem stärker werdenden Gefühl der Furcht, »warum …«
»Warum sie unsere Welt noch nicht erobert haben, meinst du?« Howard lachte, leise, rau und völlig humorlos. »Sie werden es tun, Robert. Noch ist der Weg nicht vollends geöffnet, aber sobald unsere Reise zu Ende ist …« Er sprach nicht weiter, schnippte seine kaum angerauchte Zigarre aus der Tür und sah ihr nach. Sie schlug auf der Treppe auf, rollte ein Stück und erlosch übergangslos. Schaudernd begriff ich, dass draußen vor dem Haus keine Luft mehr war. In der Zeit, in der wir uns befanden, war die Erde nicht mehr als ein toter Steinklumpen.
»Wenigstens werden wir die zweifelhafte Ehre haben, als erste Menschen einen Blick in die Welt der GROSSEN ALTEN zu tun«, murmelte Howard.
»Wir … müssen etwas unternehmen«, murmelte ich verstört. »Du kannst nicht einfach tatenlos dastehen und zusehen wie …« Ich sprach nicht weiter, als mich sein Blick traf. Es gab nichts, was wir tun konnten. Die Gewalten, denen wir gegenüberstanden, waren mit menschlichen Maßstäben nicht mehr zu ermessen.
»Und alles nur, um einen einzelnen Mann zu töten«, stöhnte ich. »Diese Bestien.«
Howard seufzte. »Du darfst ihnen keinen Vorwurf machen, Robert«, sagte er. »Sie haben nicht gewusst, was sie taten. Die GROSSEN ALTEN sind schlau. Begehe nie den Fehler, sie für hirnlose Bestien zu halten, Robert.«
»Aber wir müssen etwas tun!«, begehrte ich auf. »Du hast es selbst gesagt – es wird nicht mehr lange dauern!« Wieder fiel mein Blick auf die schwarze, trostlose Ebene. Meine überreizte Phantasie ließ Bewegung entstehen, wo keine war, und Schatten zu bizarren tentakelbewehrten Monstern werden. Ich wusste, dass es nicht so war. Wir waren eine Milliarde Jahre weit in der Vergangenheit, und trotzdem hatten wir kaum die Hälfte des Abgrundes überwunden, der die Welt der GROSSEN ALTEN von der der Menschen trennte. Der Gedanke, welche Kräfte nötig waren, eine Brücke über diesen Abgrund zu schlagen, ließ mich aufstöhnen.
»Es ist dieses Haus«, murmelte Howard. Sein Blick glitt durch die große, verwüstete Eingangshalle, tastete über die zusammengebrochene Treppe und blieb einen Moment an der zerschmetterten Tür zur Bibliothek hängen. »Ich bin sicher, dass es dieses Haus ist«, murmelte er erneut. »Es ist kein Zufall.« Plötzlich stockte er, runzelte für einen Moment die Stirn und sah mich lange und nachdenklich an.
»Als ich vorhin das Tor berühren wollte«, murmelte er, »da hast du mich zurückgehalten. Warum?«
Ich blinzelte verwirrt. »Ich …«
»Du warst es auch, der die Gefahr zuerst erkannt hat«, fuhr er in sonderbar nachdenklichem Ton, als rede er mehr mit sich selbst als mit nur, fort. »Warum, Robert? Was weißt du, was ich nicht weiß?«
Ich starrte ihn betroffen an. Für einen winzigen Moment glaubte ich wieder die Stimme in mir zu hören, dieses leise und doch unglaublich machtvolle Flüstern und Wispern, das in
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