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Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Titel: Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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war mir kalt, als erstarre irgendwo in mir etwas zu Eis. Panik kroch wie eine graue Welle in mir empor und drohte das bisschen, das von meinem klaren Denken noch übrig geblieben war, zu verwirren. Nur mit äußerster Mühe gelang es mir, sie zurückzudrängen.
    Das dröhnende Hämmern meines Herzschlages beruhigte sich langsam, aber ich blieb noch lange reglos und mit geschlossenen Augen unter dem Fenster sitzen, jederzeit auf einen neuen Anfall gefasst und bereit dagegen zu kämpfen. Aber er kam nicht und nach einer Weile wagte ich es, die Augen wieder zu öffnen und mich umzusehen.
    Das Zimmer hatte sich verändert.
    Ich vermochte nicht zu sagen, worin die Veränderung bestand; eigentlich war alles so, wie es gewesen war, und trotzdem wirkte es anders, so wie der Klang meiner eigenen Stimme zuvor: gleichzeitig fremd und vertraut. Alle Dinge und Gegenstände waren an ihrem Platz und unverändert, und gleichzeitig wirkten sie seltsam falsch, die Winkel der Wände nicht ganz richtig, die Farben der Flammen im Kamin greller und bunter – und gleichzeitig ärmer – als zuvor, die Linien der Möbel irgendwie verschoben, auf absurde Weise in sich selbst gekrümmt und verdreht. Es war, als gehöre alles, was ich sah, plötzlich nicht mehr meiner vertrauten Welt, sondern einem anderen, fremden Universum an, dessen Geometrie und Naturgesetze nicht die unseren waren. Ich sah Farben, die es nicht gab, und Winkel, die mehr als dreihundertsechzig Grad hatten, Linien, die parallel verliefen und sich trotzdem kreuzten und wanden, Dinge mit nur einer Fläche … Es war ungefähr so, als versuche man, sich einen eckigen Kreis vorzustellen – es ging nicht. Und wenn doch, dann wurde man wahnsinnig.
    Ich schrie auf, schloss die Augen, schlug verzweifelt die Fäuste vor die Lider und versuchte die Bilder aus meinem Bewusstsein zu vertreiben, aber es gelang mir nicht. Was ich gesehen hatte, war unmöglich. Unmöglich!
    Und trotzdem hatte ich es gesehen.
    Dann hörte ich die Geräusche. Es waren keine Laute, die ich beschreiben konnte, sondern unbegreifliche, fremde und qualvolle Töne, ein dumpfes, unrhythmisches Hämmern, das Besitz von meinem Körper ergriff und jede einzelne Nervenfaser vibrieren ließ, selbst meinen Herzschlag in seinen hypnotischen Bann zog, ein Kratzen und Scharren wie von Millionen und Abermillionen horngepanzerter riesiger Insektenfüße, dann eine Stimme, die meinen Namen schrie, aber so fremd und falsch, dass mich das Wort wie ein Peitschenschlag traf. Eine Hand berührte mich an der Schulter, zerrte mich grob auf die Beine und schlug meine Fäuste herunter. Ich schrie, krümmte mich wie unter Schmerzen und versuchte die Arme wieder zu heben, um nicht sehen zu müssen, nur nicht sehen, dieses grauenvolle Etwas, in das sich mein Zimmer verwandelt hatte, nicht noch einmal sehen zu müssen, aber die Hände waren wieder da, umklammerten meine eigenen Handgelenke und pressten sie gnadenlos herunter, gleichzeitig griff eine dritte Hand nach meiner Schulter, zwang mich den Kopf zu heben und begann mich zu schütteln. Instinktiv öffnete ich die Augen.
    Der Anblick ließ mich erneut und in blinder Panik aufschreien. Vor mir stand ein Monster. Ein Ungeheuer mit vier Armen und zwei Köpfen, aus denen mich die boshaften Karikaturen menschlicher Gesichter angrinsten. Ich brüllte, riss mich mit der Kraft der Verzweiflung los und schlug blindlings die Faust in eines der Gesichter. Es klatschte, als hätte ich in weichen Brei geschlagen, und ein Gefühl unbeschreiblichen Ekels durchfuhr mich. Eines der Gesichter verschwand, dann huschte ein Schatten auf mich zu und ein furchtbarer Hieb warf meinen Kopf gegen die Wand.
    Der Schmerz ließ die Illusion zerplatzen und riss mich in die Wirklichkeit zurück. Aus dem zweiköpfigen Ungeheuer wurden Howard und Rowlf, und die Dämonenfratze, in die ich geschlagen hatte, verwandelte sich in Rowlfs zorngerötetes Gesicht. Sein linkes Auge war geschwollen und begann sich bereits zu schließen. Meine Hand schmerzte höllisch. Ich starrte ihn an und wollte irgendetwas sagen, aber alles, was ich herausbekam, war ein qualvolles, unartikuliertes Stöhnen.
    Howard ergriff mich grob bei der Schulter und zwang mich ihn anzusehen. »Alles wieder in Ordnung?«, fragte er.
    Ich nickte. Plötzlich fühlte ich mich schwach, noch schwächer als vorher. Ich taumelte, versuchte mich an der Wand hinter mir abzustützen und fiel. Rowlf fing mich im letzten Augenblick auf und hob mich wie ein Kind auf

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